Das heurige Wirtschaftsjahr stand im Zeichen der Inflation, gestiegener Lebensmittel- und Energiepreise, hoher Mieten und einer zurückgehenden Konjunktur. Doch es gab heuer auch noch Investitionen, wie etwa in ein neues Produktionswerk für Penicillin in Kundl (Bezirk Kufstein).
Der heimische Tourismus zeigte sich mit den vergangenen Saisonen nach schwierigen Pandemiejahren wieder zufrieden. Und das Traditionsunternehmen Lindner Traktoren feierte ein Jubiläum.
Das Wirtschaftsjahr 2023 in Bildern:
Gestiegener Strompreis sorgte für Unmut
Kritik und Unverständnis riefen heuer Strompreiserhöhungen hervor. Bereits im Februar kündigte der Landesenergieversorger TIWAG an, dass die Preise auch für Stammkundinnen und -kunden steigen werden. Denn die TIWAG müsse im Winter Strom zukaufen und diese gestiegenen Preise an die Kundinnen und Kunden weitergeben, hieß es – mehr dazu in TIWAG gibt höhere Einkaufspreise weiter.
Bei der Arbeiterkammer (AK) führte daraufhin Verwirrung von Kundinnen und Kunden über diese Preiserhöhung zu überlasteten Hotlines. Vielen war nicht klar, ob sie ein neues Angebot der TIWAG annehmen, beim alten Vertrag bleiben oder den Energieanbieter völlig wechseln sollen – mehr dazu in Große Sorge wegen künftigem Strompreis. Im Mai folgte schließlich eine Klage der AK gegen die TIWAG, die Strompreiserhöhung 2022 betreffend. Eine weitere Klage im August betraf Informationsschreiben der TIWAG, die laut AK Transparenz vermissen lassen würden – mehr dazu in AK bringt erneut Klage gegen TIWAG ein.
Gleichzeitig wurde heuer bekannt, dass die Gewinne der TIWAG 2022 um 82 Millionen Euro im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen waren – mehr dazu in Satte Übergewinne: TIWAG auf Platz drei.
Lohnverhandlungen in Zeiten hoher Inflation
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatten 2023 mit gestiegenen Lebenskosten zu kämpfen, gleichzeitig argumentierten die Arbeitgebervertreter in den Lohnverhandlungen mit gestiegenen Energiekosten und einer sinkenden Konjunktur.
Bei den Metallern gab es bis zur Einigung auf ein 8,6-prozentiges Lohnplus deshalb auch in Tirol Streiks – mehr dazu in Metaller: Mittwoch wird bei Innio gestreikt. Gestreikt wurde auch im Handel – mehr dazu in Warnstreiks am ersten Einkaufssamstag.
Größte Insolvenz der heimischen Wirtschaftsgeschichte
Dass es dem Immobilienkonzern des Tiroler Investors Rene Benko wirtschaftlich schlecht geht, war bereits im Juni 2023 zu erkennen, als seine Signa-Gruppe den Möbelhändler Kika/Leiner verkaufte und der daraufhin in Insolvenz geschickt wurde. In Tirol waren 170 Arbeitskräfte betroffen – mehr dazu in Kika schließt drei Standorte mit Ende Juli. Von da an gab die Signa weitere Bauprojekte auf und brauchte Geldspritzen.
Gesellschafter forderten schließlich den Rückzug Rene Benkos. Er gab schließlich seinen Vorsitz im Signa-Beirat an den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz ab. Ein Rettungsversuch scheiterte jedoch. Am 29. November ging ein Insolvenzantrag der übergeordneten Beteiligungsgesellschaft Signa Holding beim Handelsgericht Wien ein – mehr dazu in Benkos Signa Holding meldet Insolvenz an. Am 28. Dezember reichte auch die Signa Prime Selection beim Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag ein. Die Passiva werden auf 4,5 Milliarden Euro geschätzt – mehr dazu in Signa Prime reichte Insolvenzantrag ein.
Rekordbeschäftigung und Personalmangel
Die Arbeitslosigkeit war in Tirol heuer so niedrig, wie schon lange nicht mehr. Im Februar erreichte sie ein Rekordtief wie zuletzt vor 31 Jahren. Im Oktober gab es so viele Beschäftigte wie noch nie in Tirol – mehr dazu in AMS verzeichnet einen Beschäftigungsrekord.
Eine große Herausforderung war der Personalmangel. Arbeitskräfte wurden in vielen Bereichen gesucht, vom Tourismus bis hin zur Kinderbetreuung. Angespannt war die Lage vor allem in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen – mehr dazu in Pflege: Weiter warten auf Verbesserungen.
Der Mangel an Personal beschäftigte in weiterer Folge auch die Feuerwehren, weil Feuerwehrleute nicht immer für Einsätze freigestellt werden können – mehr dazu in Fachkräftemangel trifft auch Feuerwehren. Dass es an Buslenkerinnen und -lenkern fehlte, hat sich heuer in ausgefallenen Bussen bemerkbar gemacht – mehr dazu in Viele Linienbusausfälle durch Fahrermangel.
WK-Chef Walser tritt überraschend zurück
Völlig unterwartet trat am 10. November Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser zurück. Walser nannte dafür persönliche Gründe. Die Staatsanwaltschaft teilte unterdessen mit, dass gegen Walsers Transportunternehmen ein Ermittlungsverfahren wegen Abgabenhinterziehung geführt werde. Auch eine Hausdurchsuchung durch die Finanzpolizei habe es gegeben – mehr dazu in Rücktritt von WK-Präsident Christoph Walser.
Walser war seit 2018 Präsident der Tiroler Wirtschaftskammer. Ihm folgte die EU-Parlamentarierin Barbara Thaler (ÖVP) nach – mehr dazu in Barbara Thaler wird neue WK-Präsidentin.
Sandoz eröffnet neues Werk in Kundl
In Kundl wurde im November ein neues Werk des Penicillinherstellers Sandoz eröffnet. 2.700 Arbeitskräfte erzeugen dort Antibiotika für die gesamte EU. Es ist der letzte Standort, an dem in Europa Antibiotika hergestellt werden. Ein Grund für den Bau der neue Anlage sei, dass man sich nicht von chinesischen Lieferungen abhängig machen wolle, hieß es von Sandoz. Zudem sei der Energiebedarf durch moderne Technologie erheblich gesenkt worden.
Das ließen sich Sandoz und die öffentliche Hand einiges kosten. 100 Millionen Euro investierte der Schweizer Pharmakonzern, 45 Millionen die österreichische Bundesregierung, fünf Millionen das Land Tirol – mehr dazu in Neues Penicillin-Werk in Kundl eröffnet.
Schwieriges Jahr für Obst- und Gemüsebauern
Die heimische Landwirtschaft hatte heuer mit herausfordernden Umweltbedingungen zu kämpfen. Frostnächte, Nässeperioden und ein wechselhafter Sommer mit Hitzephasen führte dazu, dass die Obsternte heuer deutlich schwächer ausfiel als 2022.
Gemüsefelder im Ober- und Unterland waren von starken Niederschlägen betroffen, wodurch Agrarflächen im Ausmaß von 800 Hektar beschädigt wurden – mehr dazu in 650.000 Euro Schäden in Landwirtschaft.
Stürme setzen der Forstwirtschaft zu. 2.000 Hektar Wald waren betroffen. Ein Problem war vor allem der drohende Borkenkäferbefall, wenn das Schadholz nicht abtransportiert wird – mehr dazu in 25 Millionen Euro nach Unwetterschäden. Auch hier war der Fachkräftemangel spürbar, denn der Beruf Forstarbeiter steht auf der Mangelberufsliste.
Lange Sommersaison bis in den Herbst hinein
Nach schwierigen Zeiten für den Tiroler Tourismus während der Coronapandemie zeigte man sich im Frühjahr 2023 nach der Wintersaison zufrieden. Ankünfte und Nächtigungen blieben noch hinter der Vor-Pandemie-Saison 2018/19 zurück. Als Ziel gab die Tirol Werbung aus, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern.
Mit einem Plus bei Ankünften, Nächtigungen und Wertschöpfung endete die Sommersaison. Potential gebe es hier noch bei den Ausgaben der Gäste, denn im Winter werde deutlich mehr Geld ausgegeben als im Sommer – mehr dazu in Sommersaison endet mit Wachstum.
Zunehmend beliebter wird der Herbst bei Gästen und Einheimischen insbesondere für Wanderungen. Daher blieben viele Berghütten bis in den Herbst hinein offen – mehr dazu in Wandersaison zieht sich länger in den Herbst.
Rund zwei Monate vor dem Start der touristischen Wintersaison sorgten Bauarbeiten auf der Skiweltcup-Piste am Rettenbachferner (Bezirk Imst) für Aufregung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte den Weltcupstart im Oktober und sprach von einem fatalen Zeichen in Zeiten des Klimawandels.
Als nicht ideal empfand Tirol Werbung-Chefin Karin Seiler die Debatte. Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) sah im Weltcup-Auftakt einen „riesengroßen Wirtschaftsmotor“ für die Branche – mehr dazu in Touristiker: Keine Freude mit Sölden-Debatte.
Millionenpleite von E-Mobilitätsanbieter
Einen Schuldenstand von neun Millionen Euro häufte die Greenstorm Mobility GmbH an. Im Juli kam es zum Insolvenzantrag – mehr dazu in Millionenpleite der Greenstorm Mobility. Die Geschäftstätigkeit von Greenstorm war vielfältig. Unter anderem stellte man Hotels E-Bikes und E-Autos im Gegenzug für Gutscheine zur Verfügung. Die Gutscheine wurden von Greenstorm weiterverkauft. Das hatte zur Folge, dass hunderte Hotelgutscheine ungültig waren – mehr dazu in Greenstorm-Pleite: Hotelgutscheine ungültig.
Lindner Traktoren feiert Jubiläum und Rekordumsatz
Sein 75-jähriges Bestehen feierte heuer der Traktorenhersteller Lindner. Mit einer Exportquote von 55 Prozent setzt das Unternehmen auch auf das Ausland. Mit der Suche nach Nischen, die von großen Playern nicht bedient werden, sei man erfolgreich, hieß es aus dem Unternehmen.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte Lindner so den Umsatz um 13 Prozent auf 112 Millionen Euro steigern. Bei Facharbeitern setze man unter anderem auf Nebenerwerbslandwirte, die Know-How in die Produktion einbringen würden – mehr dazu in Innovation und Tradition im Traktorenbau.