Seit bald 20 Jahren wird vor der Entwicklung gewarnt und Tausende Beschäftigte haben bereits für bessere Bedingungen demonstriert. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Personal. Die letzte Landesregierung versprach bereits Abhilfe, die aktuelle ebenfalls, unter anderem mit einem Pflegegipfel. Dieser fand am Freitagabend mit Berufsvertretern der Pflegebranche und der Politik statt. Allerdings sei lediglich die Hälfte der Personen aus dem Pflegebereich gewesen, wurde bemängelt.
Die zuständige Landesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) wollte breit einladen und viele Ideen holen, wie sie sagte. „Ich habe auch Primarärzte deshalb eingeladen, weil sie vor ca. drei Wochen alle geschlossen bei mir im Büro waren und sich sehr für die Pflege eingesetzt haben. Sie haben mir auch sehr viele Vorschläge gemacht und gebeten, dass wir schnell Maßnahmen setzen“, so Hagele im ORF-Interview.
Forderung nach echten Taten
Expertinnen und Experten aus der Pflege und die Opposition hatten im Vorfeld des Pflegegipfels echte Taten gefordert. Nun werde das gesamte Gehaltssystem auf den Prüfstand gestellt. In der externen Evaluierung solle auch ein Bundesländervergleich stattfinden, betonte GÖD-Landesvorstandssitzender Gerhard Seier: „Tirol muss konkurrenzfähig sein“. Bereits kommende Woche würde die Evaluierung beginnen, versprach Hagele, und sie dürfte etwa das nächste halbe Jahr in Anspruch nehmen. Bis wann es konkrete Änderungen beim Gehalt gibt, ist allerdings weiter offen.
Man sollte sich anschauen, warum es in manchen Pflegeheimen weniger Personalprobleme gibt und in anderen mehr, riet Gerhard Seier: „Ich glaube es wäre notwendig vonseiten des Landes ein Projekt aufzusetzen, um das zu untersuchen und herauszufinden, woran das liegt. Das muss Gründe haben, und sei es im Führungsverhalten.“
Pflegeassistenz von Pensionswelle am stärksten betroffen
Wie dringend mehr Pflegepersonal gebraucht wird, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen: Im Bereich der Langzeit- und der mobilen Pflege werden in den kommenden zehn bis 15 Jahren 39 Prozent der Pflegekräfte aufgrund des Pensionsantritts wegfallen, zählte das Land auf. Weitere 26 Prozent folgen in den nächsten 20 bis 25 Jahren. Großteils betroffen von dieser Pensionswelle ist demnach die Berufsgruppe der Pflegeassistenz.
Kurzfristig sollen gegen den Personalmangel „Flexipools“ helfen, hieß es bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten. Diese seien bei den tirol kliniken bereits erfolgreich erprobt worden. Dabei könnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flexibel angeben, wann – etwa an welchen Wochentagen – sie verfügbar seien. „Der Einsatzort definiert sich dann nach dem Bedürfnis“, erklärte Seidl.
Opposition einig: Pflegegipfel unnötig
Warum es überhaupt einen Gipfel braucht, ist für die Obfrau und Pflegesprecherin der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, unverständlich. Die Ergebnisse würden schon auf dem Tisch liegen. „Es spricht jeder über die Pflegenden aber man spricht selten mit den Pflegenden.“ Das Management Center Innsbruck (MCI) wurde bereits beauftragt, eine Studie zu erstellen. Dabei wurde auch mit Pflegenden gesprochen.
„Diese [Studie] hat immerhin 120.000 Euro gekostet und trotzdem war es der Landesrätin wichtig, zusätzlich einen Pflegegipfel einzuberufen. Keine weitere Arbeitsgruppe und keine weitere Studie werden zu einer neuen Erkenntnis gelangen. Priorität Nummer eins muss sein, endlich die Löhne zu erhöhen“, meinte auch die NEOS-Landtagsabgeordnete Birgit Obermüller in einer Aussendung.
Die Tiroler Grünen freuen sich nach dem Gipfel für Pflegende und Einrichtungen, wenn diese „nun Licht am Ende des Tunnels sähen“, was die Hoffnung auf höhere und damit konkurrenzfähige Grundgehälter betrifft, so Gesundheitssprecherin Petra Wohlfahrtstätter. „Wir sind nach wie vor skeptisch, was die Umsetzung betrifft und wir verstehen nicht, warum jetzt wieder evaluiert werden soll. Man hat doch alle Zahlen in den Abteilungen des Landes.“ Die Grünen würden so lange Druck machen, bis auf den Gehaltszetteln ein wesentliches Plus stehe, so die grüne Gesundheitssprecherin.