Gepatsch-Stausee im Kaunertal
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Politik

Weiter Konflikt um Kraftwerk Kaunertal

Der geplante Ausbau des Kraftwerks Kaunertal ist ein Konfliktpunkt bei den laufenden Koalitionsgesprächen. Am Sonntag haben Gegner des Projekts rund um die Initiative „Wildwasser erhalten Tirol“ (WET) in Sölden dagegen protestiert. Der Ausbau sei für die Energiewende notwendig, argumentieren TIWAG und ÖVP.

Rund 300 Menschen versammelten sich in Sölden, um gegen den umstrittenen Ausbau des Kraftwerks zu demonstrieren. Neben den Organisatoren des Vereins WET schlossen sich auch Bäuerinnen und Bauern, Bürgerinitiativen aus dem Ötztal und dem Kaunertal sowie Umweltinitiativen dem Protest an. Die Projektgegner sehen in den Kraftwerksplänen eine irreparable Naturzerstörung. Wasser aus dem hinteren Ötztal soll dafür ins Kaunertal umgeleitet werden. Zudem ist im Platzertal auf Gebiet der Oberinntaler Gemeinde Pfunds ein neuer, großer Stausee geplant.

Die Landesstromgesellschaft TIWAG sowie die regierende Volkspartei in Tirol verteidigen das Projekt als unverzichtbares Element für die Energiesicherheit und die Energieautonomie des Landes. Trotz der aktuellen Energiekrise sehen die Intiatoren des Protests in Sölden darin keine stichhaltigen Argumente. Sie verweisen darauf, dass es noch andere Möglichkeiten zur Stromerzeugung gebe. Vor allem die Photovoltaik habe in Tirol noch viel Potential, so Bernhard Steidl vom Verein „Wildwasser erhalten Tirol“. Bei der Photovoltaik gebe es auch kaum Probleme bei der Genehmigung im Vergleich zu Wasserkraft-Großprojekten.

Umweltschützer, Bäuerinnen und Bauern und Wildwassersportler protestierten in Sölden gegen den geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal
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In Sölden versammelten sich Gegner des Kraftwerksprojekts, sie protestierten auch gegen die Ableitung von Ötztaler Wasser

Beim Protest gegen die Kraftwerkspläne waren am Sonntag auch Dutzende Kajakfahrer dabei. Sie befürchten, dass durch die geplanten Wasserableitungen ihr Sport auf der Ötztaler Ache unmöglich gemacht wird. Noch sei der Fluss ein Eldorado, argumentieren sie. Wenn Ötztaler Wasser ins Kaunertal fließt, dann könnte es mit dem
Kajakfahren dagegen vorbei sein.

Dutzende Kajakfahrer unterstützten mit einer Fahrt auf der Ötztaler Ache den Protest gegen den Kraftwerksausbau im Kaunertal
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Kajakfahrerinnen und -fahrer schlossen sich dem Protest gegen die Kraftwerkspläne an

Kraftwerksausbau als Knackpunkt bei Sondierungen

Der Ausbau des Kaunertalkraftwerks zu einer Kraftwerksgruppe ist auch ein Konfliktpunkt bei den aktuellen Sondierungsgesprächen für eine neue Koalition in Tirol. Die Liste Fritz hatte neben der Rückübertragung von Agrargemeinschaftsflächen an die Gemeinden auch das Aus für die Kraftwerkspläne im Kaunertal zur Koalitionsbedingung gemacht – mehr dazu in Mattle pokert mit Koalitionsvarianten. ÖVP-Obmann Anton Mattle als ÖVP-Chefverhandler beharrt dagegen auf dem Projekt. De facto ist eine Koalition unter Beteiligung der Liste Fritz damit vom Tisch.

Aber auch für die Grünen ist das Kaunertal einer von mehreren Knackpunkten. Sie hatten schon vor der Landtagswahl gefordert, dass die Milliarden in eine Photovoltaik-Offensive statt in den Kraftwerksausbau fließen sollen. Am Sonntag präzisierten sie ihre Koalitionsforderungen, bei denen auch ein Überdenken in der Kaunertalfrage ein zentraler Punkt ist – mehr dazu in Koalition: Grüne sehen ÖVP am Zug.

Milliardenprojekt stößt seit Jahren auf Widerstand

Die Landesenergiegesellschaft TIWAG verfolgt die Kraftwerkspläne im Kaunertal bereits seit weitaus mehr als zehn Jahren, zwei Milliarden Euro soll das Projekt kosten. Seit Jahren sorgt es allerdings auch für heftige Kontroversen. Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und Alpenvereine kritisieren den geplanten Ausbau massiv und sprechen von unvertretbarer Naturzerstörung mit unabsehbaren ökologischen Auswirkungen – mehr dazu in Allianz für Ausbaustopp bei KW Kaunertal und Alpenvereine gegen Kraftwerksausbau Kaunertal.

Im Kaunertal (Gemeinde Pfunds) soll im Zuge des Ausbaus des Kraftwerks Kaunertal ein großer Stausee entstehen
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Im Platzertal soll im Gemeindegebiet von Pfunds im Zuge des Kraftwerksausbaus ein neuer Speichersee entstehen mit einer 120 Meter hohen Staumauer

Gegner des Projekts kritisieren unter anderem, dass für den neuen Speichersee im Zuge das Kraftwerksausbaus das praktisch unberührte Platzertal geflutet werden soll. Im Ötztal sorgen die geplanten Wasserableitungen für Widerstand. Die TIWAG braucht für den Ausbau des Kraftwerks Wasser der Gurgler und der Venter Ache, das ins Kaunertal umgeleitet werden soll.

Im Tiroler Landtag gibt es dagegen eine Mehrheit für die Kraftwerkspläne. Neben der ÖVP stehen auch die Freiheitlichen hinter dem Projekt. Auch NEOS haben sich in der Vergangenheit für die Pläne ausgesprochen, die SPÖ befürwortet „einen naturnahen Ausbau“ – mehr dazu in Kritik an Ausbauplänen des KW Kaunertal.