Blick auf das Zillertal
APA/EXPA/Johann Groder
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Politik

„Heraustesten“ für Bezirk Schwaz im Raum

Das mittlerweile erbitterte Ringen um verschärfte CoV-Maßnahmen in Tirol geht weiter. Der Bund gibt sich offenbar nicht mit einem Aktionsplan des Landes zufrieden. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte am Montagabend an, zu prüfen, ob man sich zukünftig aus bestimmten Tiroler Regionen heraustesten muss.

Hintergrund ist die in Tirol mittlerweile über 200 mal festgestellte südafrikanische Virus-Variante, die nicht nur als ansteckender gilt sondern auch einige Impfstoffe weniger wirksam machen könnte. In Tirol verweist man seit Tagen darauf, dass die Fall-Inzidenz im Land keine Isolationen oder ähnliches hergeben würde.

Der Bund sieht das anders, rang sich aber am Montag zu nicht mehr als einer Reisewarnung durch, die nur Appellcharakter hat und rechtlich zahnlos ist – mehr dazu in Bund spricht Reisewarnung für Tirol aus und Juristen: Reisewarnung rechtlich wirkunglos. Anschober begründete dies am Abend im ZIB2-Interview damit, dass es rechtlich nicht so leicht wäre, beispielsweise Quarantäne-Maßnahmen zu verordnen. Daher würden die besten Juristen am Dienstag in seinem Auftrag beraten, was man tun könne.

Anschober: „Heraustesten“ als Option

Laut Anschober habe Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die Erwartungen der Bundesregierung nicht erfüllt: „Wir haben einen Bezirk in Tirol, der fast zwei Drittel der Fälle hat und in diesem Bezirk würde es Sinn machen, lückenlos zu testen, um das Infektionsgeschehen transparent zu machen und die infizierten Menschen herauszuholen. Das geht nach der jetzigen Rechtlage nicht, aber wir können Verkehrsbeschränkungen verankern, damit man sich freitesten muss, wenn man den Bezirk verlassen will. Das wollten wir mit Platter gestern akkordieren, das wurde abgelehnt – und deshalb prüfen wir derzeit, ob das der Bund machen kann und wenn ja, wie“, erklärte Anschober.

Er bezog sich wohl auf den Bezirk Schwaz, wo die südafrikanische Virusmutation besonders oft festgestellt wurde. Derzeit gibt es laut Land Tirol über 130 aktiv mit der Mutation Infizierte. Ein Einsehen der Tiroler Landespolitik ist hier wohl nicht zu erwarten. Platter stieß sich sogar am Begriff der „Reisewarnung“ – mehr dazu in Platter spricht nicht von Reisewarnung. Der Tiroler Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl (ÖVP) sprach in Tirol heute gleich von einem „Rülpser aus Wien“. Viel entscheidender seien für Tirol ohnehin Reisewarnungen aus den Hauptmärkten, also Deutschland und den Niederlanden, glaubte Hörl.

negativer Antigen-Schnelltest
LFV Franz Fink
Ein negativer Test könnte in Zukunft das Ticket zum Verlassen besonders betroffener Regionen sein

Grenzkontrollen werden verstärkt

Platter war am Montag vor dem Bund in die mediale Offensive gegangen und hatten ein eigenes Maßnahmenpaket präsentiert – mehr dazu in Land verstärkt eigene Maßnahmen. Dieses beinhaltet unter anderem einen Aufruf zur Mobilitätseinschränkung, flächendeckende PCR-Tests in Bezirken mit hoher Sieben-Tages-Inzidenz sowie die Vorschreibung von negativen Antigen-Tests für die Seilbahn-Benützung. Es sei ein großes Stück Arbeit gewesen, dass diese Testregelung durchgesetzt wurde, berichtete Anschober.

Das Land bat Innenministerium und Verteidigungsministerium unterdessen um Unterstützung für strenge Grenzkontrollen im Zuge der verschärften Einreiseverordnung und verschärfte Kontrollen zur Einhaltung der Covid-Maßnahmen durch die Polizei. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) kündigte an, ab Mittwoch 150 Soldatinnen und Soldaten an der Staatsgrenze in Tirol im Einsatz zu haben.

Das an Osttirol grenzende Kärnten reagierte am Montag auf die Reisewarnung. So werden drei zusätzliche Teststraßen insbesondere für Berufspendler in Oberkärnten eingerichtet. Wie Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) in einer Aussendung sagte, werden die Teststraßen in den Gemeinden Lesachtal, Winklern und Oberdrauburg „raschestmöglich“ mit Hilfe des Österreichischen Bundesheeres organisiert. Von Reisen nach Tirol riet Kaiser ab.

Kontrolle am Brenner
ORF
Mehr Soldaten sollen helfen, die Tiroler Grenzen zu kontrollieren

Bayern: Grenzschließungen „kein Tabu“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, man werde auf deutscher Seite die Grenzkontrollen massiv verstärken. Jeglicher Grenzverkehr zum Einkaufen oder aus touristischen Zwecken müsse unterbleiben. Ausnahmen seien nur das Berufspendeln und zwingend erforderliche Familienbesuche. „Mit Grenzkontrollen und Schleierfahndung wird das dichter kontrolliert. Sollte die Gefahr wachsen, dürfen auch Grenzschließungen zu Tirol kein Tabu sein.“ Er habe große Sorgen wegen der Virus-Mutationen, sagte Söder dem „Merkur“ weiter. „Der Krankheitsverlauf soll schwerer und die Resilienz gegen Impfungen höher sein. Diese Mutation würde uns wieder weit zurückwerfen.“ Nun könne es sein, dass für Bayern aus Tirol wieder größere Infektionsgefahr droht.

CSU-Generalsekretär Markus Blume äußerte am Dienstag in der Sendung „Frühstart“ von RTL und n-tv scharfe Kritik: „Das, was Österreich macht, ist aus unserer Sicht unverantwortlich“, sagte Blume. „Wir werden nicht zulassen, dass sich diese Welle über die Grenze zu uns nach Deutschland breit macht. Deswegen ist es gut und wichtig, dass auch die Grenzkontrollen jetzt wieder intensiviert werden.“ Darüber hinaus müsse aber „auch Grenzschließung eine Möglichkeit sein“, wenn auch nur als „Ultima Ratio“.