Menschenleerer Landhausplatz in Innsbruck
APA/EXPA/ERICH SPIESS
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Politik

Land verstärkt eigene Maßnahmen

Das Land Tirol hat am Montagvormittag weitere Maßnahmen gegen die Ausbreitung der „Südafrika-Mutante“ präsentiert. So soll in Zukunft bei der Fahrt mit Seilbahnen ein negativer Covid-Test vorgelegt werden. Die rechtliche Umsetzung werde aber noch geprüft, ließ das Land wissen.

Das Land Tirol erweiterte am Montag sein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Mutationsvarianten. Bisher zählten zu den Maßnahmen etwa die Durchführung von Massentestungen im Bezirk Schwaz und ein verschärftes Contact Tracing, wo nicht nur die engen Kontaktpersonen mit einem PCR-Test abgestrichen werden, sondern auch die erweiterten Kontaktpersonen. Jeder positive PCR-Test wird in weiterer Folge sequenziert.

Negativer Test in Seilbahnen noch nicht verpflichtend

Am Montag kamen weitere Verschärfungen dazu wie ein verpflichtender negativer Antigen-Test für das Betreten von Seilbahnen. Das sei auf Wunsch der Bundesregierung beschlossen worden, wie die Tiroler Tageszeitung vom Land Tirol erfahren haben soll. Die rechtliche Umsetzung werde noch geprüft. Bis zum Ergebnis gelten die bisherigen Bestimmungen. Zudem solle die Mobilität österreichweit so gut wie möglich eingeschränkt werden, hieß es. Die Bevölkerung wurde daher aufgerufen, unnötige Fahrten zu vermeiden.

In Bezirken mit hoher 7-Tages-Inzidenz werden zudem flächendeckende PCR-Tests angeboten. Jeder positive PCR-Test wird in Tirol bereits bisher auf einen Mutationsverdacht untersucht. Man nehme dieses Paket nun alleine in Angriff, hieß es aus dem Büro von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gegenüber der APA. Es gebe aber Konsens mit dem Bund, mit dem man die Situation laufend und täglich gemeinsam evaluieren wolle, so das Land.

Angespannte Stimmung zwischen Land und Bund

Tirol wehrte sich verbissen gegen verschärfte Maßnahmen wie etwa eine Unter-Quarantäne-Stellung oder Isolation des gesamten Landes oder zumindest Teilen davon sowie eine Verlängerung des harten Lockdowns. Dieser lief aber auch in Tirol wie geplant aus – mehr dazu in Lockerungen auch in Tirol in Kraft. Am Wochenende hatte eine geballte schwarze Phalanx aus Tirol gegen Verschärfungen mobil gemacht. Präsidenten von Arbeiter-, Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer sowie alle Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneten sprachen sich in einer gemeinsamen Aussendung dagegen aus und forderten dieselben „bedachtsamen Öffnungsschritte“ für Tirol analog zum Bund.

Die Stimmung zwischen Bund und Land dürfte am Montag auf dem Tiefpunkt gewesen sein. Das von Platters Parteifreund Sebastian Kurz (ÖVP) geführte Kanzleramt hielt sich übers Wochenende auffällig zurück und verwies lediglich auf den Gesundheitsminister als Hauptverhandler. Offenbar trennt schon die Interpretation der Mutations-Zahlen die beiden Seiten Bund und Land. Tirol gab an, die Situation im Griff zu haben und verwies immer wieder auf rückläufige Infiziertenzahlen sowie die momentane Eingrenzbarkeit der Mutationsfälle. Zudem würden derzeit ohnehin nur sieben aktiv positive Fälle der Südafrika-Mutation in Tirol vorliegen.

Coronavirus-Testampullen
Public Domain
Derzeit gibt es in Tirol 165 bestätigte Fälle der südafrikanischen Mutation

Experte vermutet deutlich mehr aktive Fälle

Der Virologe Andreas Bergthaler sprach am Montag gegenüber der APA von mindestens 293 per Ganz- oder Teilgenomsequenzierung bestätigten Proben mit der „südafrikanischen“ SARS-CoV-2-Variante in Tirol. In anderen Bundesländern waren es nur neun. Es handle sich hier „in der Regel um Einzelfälle wie in Wien“, sagte Bergthaler. Hinter diesen könnten sogar noch weniger Infektionsfälle stecken, weil es zu Doppelbeprobungen gekommen sein dürfte, so der Forscher.

Die vom Land Tirol genannte Zahl von nur acht aktiven Mutationsfällen hielt Bergthaler für unwahrscheinlich, weil man eben mit der Erbgut-Aufschlüsselung Tage bis Wochen hinterherhinke. Eine gesicherte Aussage sei aber schwierig. Auch AGES und Ministerium haben keinen genauen Überblick. Ein klares Bild zum Verlauf der Infektionen in Tirol lasse sich zur Zeit nur schwer herauslesen, hieß es. Weder AGES noch Gesundheitsministerium konnten auf APA-Anfrage am Montagvormittag vorerst einen Überblick über die bestätigten Mutationsfälle bzw. die Verdachtsfälle liefern.

„Man muss sehr wohl vermuten, dass man weiterhin kontinuierlich positive Fälle der Südafrika-Variante findet. Das ist kein abgeschlossenes Infektionsgeschehen. Was aber nicht klar ist, ist der Trend – ob es also mehr oder weniger wird“, sagte Bergthaler. Allein zwischen 1. und 4. Februar seien dem Vernehmen nach mehr als 70 potenzielle Fälle der südafrikanischen Virus-Variante in Tirol entdeckt worden, die nun bestätigt werden müssen. Bei all diesen Fällen handle es sich um nach wie vor aktive Erkrankungen.

Seilbahn in Ischgl
ORF
Seilbahnen dürfen in Zukunft nur mehr mit einem negativen Test betreten werden

Bayern: Grenzschließungen „letzte Möglichkeit“

Trotz der großen Sorge in Deutschland wegen der Coronavirus-Lage in Tirol hielt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) komplette Grenzschließungen weiter für aktuell nicht angemessen. „Grenzschließungen kann man als Ultima Ratio nicht ausschließen. Aber zunächst gilt es, den Grenzverkehr auf das notwendigste Maß zu reduzieren“, so Holetschek. Ziel müsse es sein, die Infektionsketten über die Grenzen hinweg zu brechen, dazu müsse jeglicher Austausch hinterfragt werden.

Bayern und Deutschland würden die Lage genau beobachten und verstärkt kontrollieren. Je nach Entscheidung auf österreichischer Seite müsse das auch weiter engmaschig begleitet werden. Generell sei aber klar, man müsse die Lage sehr ernst nehmen, hieß es am Montag von bayerischer Seite.