Zillertalbahn
ORF
ORF
Politik

Diskussion über Zillertalbahn geht weiter

Studien sehen hohe Mehrkosten und günstigere Alternativen zur geplanten Wasserstoffbahn im Zillertal. Die Rede ist von 83 bis 180 Millionen Euro Mehrkosten. Das Land Tirol steht unterdessen weiter hinter dem Projekt. Zillertalbahn-Aufsichtsratschef Franz Hörl (ÖVP) sprach von einem „veralteten Gutachten“ und macht „unbeirrt weiter“.

Die Landesregierung spricht sich trotz offenbar möglicher Mehrkosten von 83 bis 87 Millionen Euro (gerechnet auf 30 Jahre) für den Wasserstoffantrieb der Zillertalbahn aus. Einem Bericht der „Tiroler Tageszeitung“ zufolge wurde das Vorhaben in zwei Gutachten beurteilt. Demzufolge könnten die Mehrkosten stark anwachsen, die Realisierungschancen im Vergleich zu anderen Varianten seien schlechter.

Elektrobetrieb wäre günstiger

Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) hatte die Mehrkosten mit 2,77 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Ein Gutachten des deutschen Beratungsunternehmen KCW für das Land Tirol aus dem heurigen Jahr – das öffentlich bisher nicht bekannt ist – nannte dagegen die Mehrkosten von 83 Millionen Euro jedoch als „absolute Untergrenze“. Sie könnten vielmehr bis zu 180 Millionen betragen. KCW regte demzufolge eine technologieoffene Neuausschreibung an. Durch eine solche könnten nämlich potenziell weitere 97 Millionen Euro bei einem Elektroantrieb gespart werden.

Ein Gutachten des Verkehrsministeriums von 2017 hatte zudem laut dem Bericht die Realisierungschancen eines Wasserstoffantriebes auf nur 55 Prozent geschätzt. Sowohl Oberleitungsvarianten (84 Prozent) als auch Akkulösungen mit Schnellladung (70 Prozent) wurden offenbar besser bewertet.

Land bleibt bei Wasserstofflösung

Die Landesregierung wollte trotz der Berichte nicht an dem geplanten Projekt Wasserstoffbahn rütteln. Jede Beurteilung und Kalkulation, welche auf 30 Jahre ausgelegt ist, sei „mit hohen Schwankungsbreiten und auch unbekannten Einflussfaktoren“ verbunden, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Bei diesem sei auch eine andere Variante geprüft worden, nämlich eine Elektrifizierung.

Besonders bei der Umsetzung von „innovativen Projekten“ sei eine „komplette Abwälzung des Risikos nicht möglich“. Es bleibe beim Beschluss der Landesregierung von Mitte Juni, das Projekt werde auf Basis von Wasserstoff- und Brennstoffzellen beruhenden emissionsfreien Zügen vorbereitet. Die Mehrkosten wurden weiter auf ebenjene rund 2,77 Mio. Euro pro Jahr beziffert.

Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete und Aufsichtsratsvorsitzende der Zillertaler Verkehrsbetriebe AG, Hörl, sprach gegenüber der APA von „veralteten Gutachten“ und einer „völlig einseitigen Berichterstattung“ der „Tiroler Tageszeitung“. Der Bericht lasse außer Acht, dass es neuere und zielgenaue Studien und Berechnungen gebe, die klar aufzeigen würden, dass die Wasserstofflösung klug, machbar und wirtschaftlich darstellbar sei, so Hörl.

Hörl greift Grüne an

Gegen das „Vorzeigeprojekt“ werde aus politischen Gründen intrigiert – vor allem seitens der mittlerweile oppositionellen Grünen. Diesen sei „ein Dieselzug lieber als eine saubere Wasserstoffmodellregion“. „Da sieht man wieder grünes Pharisäertum made by Gebi Mair (Tiroler Grünen-Chef, Anm.), dem es nur darum geht, zu stören, zu behindern und damit letztlich politisches Kleingeld zu machen“, sagte Hörl und griff den früheren Koalitionspartner im Land scharf an.

Einzelne Menschen würden „aus gekränkter Eitelkeit heraus ein ganzes Tal zu boykottieren versuchen“. Namentlich nannte Hörl dabei die ehemalige Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) „und ihre Helfer“. Diese „Kleingeister“ seien gescheitert. „Wir machen unbeirrt weiter auf dem Weg zur Dekarbonisierung des Zillertal“, so Hörl.

Opposition fordert Neuausschreibung

Die Tiroler Grünen hatten zuvor den Ball aufgegriffen und scharfe Kritik an der schwarz-roten Landesregierung geübt. Die „eindeutigen Gutachten“ sollten offenbar „um jeden Preis geheimgehalten“ werden, wurde Klubchef Mair in einer Aussendung zitiert. Die Landesregierung habe das beauftragte Gutachten trotz verfassungsrechtlicher Verpflichtung bisher nicht auf der Website veröffentlicht. Mehrkosten von 600 Euro pro Tiroler Haushalt seien zu erwarten, warnten die Grünen. Die Ökopartei pochte auf eine technologieoffene Neuausschreibung – mehr dazu: Mair: Opposition als „Frischzellenkur“.

„Schockiert“ zeigte sich Tirols FPÖ-Parteichef Markus Abwerzger. Die geplante Wasserstoffbahn im Zillertal sei ein „Millionengrab“. Mattle und Co. müssten „vorsichtig sein“, so der Klubchef, der sich fragte: „Was schuldet Mattle den ÖVP-Bossen im Zillertal“? Nun sei eine fachliche Entscheidung gefragt.

Eine „faktenbasierte Entscheidung“ in Sachen Zillertalbahn forderte auch NEOS in einer Aussendung. Der Wasserstoffantrieb sei „nach Vorliegen neuer Daten finanziell utopisch geworden“. Auch NEOS trete für eine technologieoffene Neuausschreibung ein, so Landtagsabgeordnete Birgit Obermüller.

Viel Diskussion in den vergangenen Wochen

Die Zukunft der Zillertalbahn hatte in den vergangenen Wochen beständig Schlagzeilen gemacht. Die schwarz-rote Landesregierung hatte sich trotz erwarteter Mehrkosten in einem Grundsatzbeschluss im Juni auf den Wasserstoffantrieb festgelegt – mehr dazu: Wasserstoffzug: Für Hersteller fraglich. Zuletzt hatten die Zillertaler Verantwortlichen noch mit anderweitigem Ungemach zu kämpfen gehabt. Der bisherige Vorstand der Zillertaler Verkehrsbetriebe AG, Helmut Schreiner, musste wegen einer abgeschriebenen Doktorarbeit und des unrechtmäßigen Führens eines Doktortitels seinen Hut nehmen – mehr dazu Aus für Schreiner bei Zillertalbahn.