Bereits am Montag erhielt das Projekt mit dem Abgang von Helmut Schreiner einen herben Dämpfer. Er hatte sich in den vergangenen Jahren und Monaten für eine Wasserstoffbahn im Zillertal stark gemacht. Nachdem publik wurde, dass er nicht nur jahrelang einen Doktortitel zu Unrecht führte, sondern auch eine heuer eingereichte Doktorarbeit abgeschrieben haben soll, verließ er das Unternehmen – mehr dazu in Aus für Schreiner bei Zillertalbahn.
Herstellerfirma: In Mitteleuropa Batteriezug sinnvoll
Der erste Wasserstoffzug der Herstellerfirma Stadler Rail aus der Schweiz wurde kürzlich in die USA geliefert. In Kalifornien ersetzten die neuen Garnituren eine alte Dieselbahn, ähnlich wäre das auch für das Zillertal gedacht gewesen. Laut dem Leiter von Verkauf und Marketing des Schweizer Unternehmens Stadler Rail, Ansger Brockmeyer, würde eine solche Bahn im Zillertal aber nicht wirklich Sinn machen. „Wenn man mit der Reichweite eines klassischen Batteriezuges hinkommt – und das ist in Mitteleuropa meistens so – dann kann man mit einem Batteriezug fahren. Das ist wirtschaftlich auch günstiger.“
Die Rahmenbedingungen in den USA seien anders. In den USA mache Wasserstoff-Technologie, anders als in Europa Sinn, räumte Brockmeyer ein. Wenn ein Batteriezug nicht ausreiche, dann könne man auf die Wasserstofftechnik setzen. Das sei in Nordamerika von den Distanzen her meist der Fall. „Das hat dann allerdings höhere Anschaffungs- und Betriebskosten, weil der Wasserstoff als Brennstoff noch sehr teuer ist“, so Ansger Brochmeyer.
Grüne: Mehrkosten waren absehbar
Die Idee für die Wasserstoffbahn wurde vor allem aus dem Zillertal und von ÖVP-Mandatar Franz Hörl vorangetrieben, der zugleich Aufsichtsratschef der Zillertalbahn ist. 2018 wurde die Idee präsentiert und fand Anklang im Landhaus. Die Grünen waren zu dieser Zeit Koalitionspartner der ÖVP. Sie seien auf der Bremse gestanden, erinnert sich der damalige und heutige Klubobmann der Grünen, Gebi Mair: „Die Mehrkosten waren absehbar. Wir haben immer gesagt, wenn das so viel kostet, setzen wir das nicht um.“
Damals sei vieles unklar gewesen. Zum Beispiel waren Haftungsfragen nicht geklärt, so Mair im Rückblick. Darüber hinaus seien im Fall der Zillertalbahn andere Antriebsformen energieeffizienter, etwa eine elektrische Bahn mit Oberleitung. Das Projekt Wasserstoffbahn schaffte es aber ins Regierungsprogramm der neuen ÖVP-SPÖ-Koalition. Seit vergangener Woche liegt auch ein Grundsatzbeschluss dazu vor. Die Diskussionen rund um das Projekt sind nach den jüngsten Entwicklungen aber keinesfalls vom Tisch.
Landeshauptmann will an Plänen festhalten
Die Oppositionsparteien forderten am Montag, dass das Projekt gestoppt oder neu bewertet wird. Trotz aller Ungereimtheiten will Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) an den Plänen festhalten. „Es ist gut, dass solche Projekte nicht auf einzelne Personen ausgerichtet sind oder auf denen aufgehängt werden. Es gibt eine ganz große Bandbreite an Wissen, das man zusammengetragen hat“, so der Landeshauptmann.
Die Opposition kritisierte auch, dass aus dem Zillertal dem Land ein teures Projekt untergejubelt worden sei. Die hohen Kosten habe man aber bei allen Überlegungen und Prüfungen miteinbezogen, so Mattle. Man habe sich die verschiedenen varianten angeschaut, wie eine Oberleitung, eine Akku-Betrieb oder eben die Wasserstoffbahn. Diese hätte sich als bestes Mittel hervorgetan. Dass sogar die Herstellerfirma an der Sinnhaftigkeit zweifelt, sei für den Landeshauptmann nicht nachvollziehbar. „Warum das in Österreich nicht funktionieren sollte, verstehe ich nicht.“
Mehrkosten als bewusste Entscheidung
Zuletzt war von geschätzten Mehrkosten bis zu 180 Mio. Euro, gerechnet auf 30 Jahre, im Vergleich zu einer Bahn mit Oberleitung, die Rede gewesen. Mattle ließ wissen, dass man die Mehrkosten bewusst in Kauf nehme und sprach von einer „bewussten Entscheidung für Innovation und Fortschritt“. Tirol müsse beim Thema Wasserstoff Vorreiter werden. Die Mehrkosten würden 2,7 Mio. Euro pro Jahr betragen.
Schreiner bei Achenseebahn fristlos entlassen
Vorangetrieben hatte das Projekt auch der ehemalige Vorstand der Zillertalbahn, Helmut Schreiner. Nach Plagiatsvorwürfen habe man sich aber darauf geeinigt, dass er das Unternehmen verlässt, teilte Aufsichtsratchef Hörl am Montag mit. Schreiner wolle mit seiner verloren gegangenen Glaubwürdigkeit das Projekt nicht gefährden, so Hörl.
Auch als Geschäftsführer der im Mehrheitseigentum des Landes stehenden Achenseebahn musste Schreiner am Montag seinen Hut nehmen. „Aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe und des damit massiv geschädigten Vertrauensverhältnisses habe ich in meiner Funktion als Mehrheitseigentümervertreter der Achenseebahn GmbH bereits einen Rechtsanwalt damit beauftragt, das Dienstverhältnis mit dem Geschäftsführer fristlos und unverzüglich aufzulösen“, ließ Verkehrslandesrat Rene Zumtobel (SPÖ) wissen.