Zeitpunkt, Erinnerungsscheibe aus Bronze für NS Opfer
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Wissenschaft

Tagung rückt Erinnerungskultur in den Fokus

Was hat sich in den vergangenen Jahren bei der Erinnerungskultur in Tirol getan? Welche Forschungsprojekte und welche Initiativen wurden umgesetzt und was ist derzeit geplant? Fragen wie diese sowie aktuelle Leerstellen werden am Donnerstag bei der Tagung „Baustellen der Erinnerung“ in Innsbruck diskutiert.

Vom Umgang mit Deserteuren über die Aufarbeitung des Missbrauchs in Heimen bis zur Geschichte der Jenischen in Tirol: Beim Symposium „Baustellen der Erinnerung“ stehen am Donnerstag viele Themen der regionalen Zeitgeschichte im Mittelpunkt. Das Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und das Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck laden anlässlich des Abschlusses der Ausstellung „Hitler entsorgen“ zur Standortbestimmung.

Veranstaltungshinweis:

„Baustellen der Erinnerung“, Donnerstag, 25. April, 9.00–16.30 Uhr, Innsbruck
Eintritt frei

Konkret werden bei der Veranstaltung im Plenarsaal des Innsbrucker Rathauses etwa Ergebnisse von bisherigen Forschungsprojekten präsentiert. Dazu gehören mehrere Untersuchungen aus dem Förderschwerpunkt Erinnerungskultur des Landes Tirol, zum Beispiel das Thema Volkskultur in der Zeit des Nationalsozialismus.

Darüber hinaus stehen auch jüngste erinnerungskulturelle Projekte, die sich im öffentlichen Raum an die breitere Bevölkerung richten, zur Diskussion. Unter anderem werden Melanie Hollaus und Lucas Norer über die Initiative „gedenk_potenziale“ der Stadt Innsbruck sprechen. Im Rahmen dieses Förderprojektes hatte Norer vergangenes Jahr eine Text- und Klanginstallation umgesetzt – mehr dazu in Installationen erinnern an NS-Täterorte.

Nach wie vor einige Leerstellen

Aktuell sind laufend neue Projekte in Arbeit. Derzeit entsteht etwa eine neue, umfassende Opferdatenbank. Der Historiker Niko Hofinger vom Stadtarchiv Innsbruck wird am Donnerstag unter dem Titel „Gesehene und ungesehene Opfer der NS-Zeit in Tirol“ über die damit zusammenhängende Biographiearbeit sprechen – mehr dazu in Land Tirol fördert neue NS-Opferdatenbank

Franz Wassermann
Franz Wassermann
Der Entwurf von Franz Wassermann mit der Aufschrift „Wir haften für unsere Geschichte“ wurde nicht umgesetzt

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen stellt Ina Friedmann von der Universität Innsbruck Leerstellen der Erinnerungskultur zur Diskussion. Davon gebe es noch genug, meint der Professor für Zeitgeschichte der Uni Innsbruck, Dirk Rupnow, mit Verweis auf das Landhaus. Trotz eines Wettbewerbes wurde hier ein von einer Jury ausgewähltes Kunstprojekt nicht umgesetzt, was zu viel Kritik führte. Das Siegerprojekt des Künstlers Franz Wassermann sah die Aufschrift „Wir haften für unsere Geschichte“ auf der Fassade des Landhauses vor – mehr dazu in NS-Aufarbeitung im Landhaus-Inneren.

Der Amtssitz der Landesregierung wurde in der NS-Zeit in den Jahren 1938/39 gebaut und beherbergte die Machtzentrale des Gaues Tirol-Vorarlberg. Die nicht realisierte künstlerische Intervention auf der Fassade des Tiroler Landhauses sorgt nach wie vor für Diskussionen. „Ich glaube schon, dass es so eine künstlerische Intervention am Gebäude geradezu braucht, weil dieser Nazi-Bau eben von außen merkwürdig unangetastet und intakt ist“, so Rupnow. Das sei etwas irritierend. Auch nicht umgesetzte Projekte wie diese sollen beim Symposium, das unter freiem Eintritt zugänglich ist, behandelt werden.