TIWAG-Gebäude
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Wirtschaft

Strompreiserhöhung 2022 war nicht erlaubt

Die Erhöhung des Strompreises im Jahr 2022 durch die TIWAG ist nicht rechtskonform gewesen. Zu diesem nicht rechtskräftigen Urteil kam das Bezirksgericht Innsbruck und bestätigte damit die rechtliche Ansicht der Arbeiterkammer (AK) Tirol. Die TIWAG kündigte eine Rückzahlung ab Ende März an.

Die AK brachte im Mai 2023 die Musterklage ein und wollte dadurch Grundsatzfragen beantwortet sowie unter anderem auch Auskunft und Informationen zu den tatsächlich zu tragenden Beschaffungskosten haben.

TIWAG begründete Preiserhöhungen mit Strompreisindex

Die Musterklage betraf die Preisanpassung des Arbeitspreises der TIWAG im Jahre 2022, die im Wesentlichen mit der Entwicklung des Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) begründet wurde. Es sollte auch geklärt werden, wie sich das auf die Strompreiserhöhungen der TIWAG auswirkt – mehr dazu in AK kündigt Klage gegen TIWAG an.

Erwin Zangerl, Präsident Arbeiterkammer Tirol
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AK-Präsident Erwin Zangerl kritisierte mehrfach die Preiserhöhungen durch die TIWAG

Preisanpassung muss sachlich gerechtfertigt sein

Wie die AK Tirol am Dienstag in einer Aussendung erklärte, stellte das Gericht fest, dass Vertragsbestimmungen nichtig sind, wenn es für die Erhöhung des Preises keine sachliche Rechtfertigung gibt. Die Preisanpassung dürfe die Gewinnspanne des Unternehmens nicht ändern und sich nur auf die Änderung der tatsächlichen Kosten des Unternehmens beschränken.

Die TIWAG hatte das anders gehandhabt, wie die AK betonte. Die gestiegenen Börsenpreise hätten zu einer höheren Gewinnmarge geführt, die tatsächlichen Erzeugungskosten seien jedoch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß zu den Börsenpreisen gestiegen.

„Entgeltanpassung“ in Verträgen irreführend

Das Gericht hielt in seiner Argumentation fest, dass in den von der AK kritisierten Preisanpassungsschreiben aus dem Jahr 2022 der Punkt „Entgeltanpassung“ als „objektiv ungewöhnlich“ anzusehen ist. Die TIWAG werbe in dem Schreiben optisch markant mit 100 Prozent Tiroler Wasserkraft und regionalem Ökostrom. Allerdings könne dieser Umstand nicht gewährleistet werden, wie die TIWAG nach Angaben der AK während der Verhandlung zugestand. Der physikalische Strom, der beim Endkunden ankomme, sei nicht regional, sondern unbekannter Herkunft.

Die Preisanpassungsklauseln der TIWAG auf Basis des ÖSPI seien gröblich benachteiligend, da die Preisanpassung in keiner Relation zur tatsächlichen Kosten- und Beschaffungsstruktur steht.

Unwirksame Preisanpassung

Die Preisanpassungsschreiben werden als intransparent qualifiziert, da suggeriert werde, dass die Preisanpassung auf einem gesetzlichen Preisanpassungsrecht beruhe. Damit kommt das Erstgericht in seinem Urteil auch zur Rechtsauffassung, dass die Preisanpassung mit Preisanpassungsschreiben vom 4.4.2022 unwirksam ist.

Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist, ist die TIWAG nicht zu Rückzahlungen an ihre Kunden verpflichtet. Das hängt also davon ab, ob die TIWAG gegen das Urteil in Berufung gehen wird oder nicht, klärte die AK auf.

FPÖ fordert Reaktion von Eigentümervertreter Mattle

FPÖ-Obmann Markus Abwerzger gratulierte der AK in einer Aussendung zum erstinstanzlichen Prozesssieg: „Die erstinstanzliche Prozesspleite beweist, dass das Energiepreis-Raubrittertum der TIWAG-Führung rechtswidrig war und wohl auch ist.“ Abwerzger forderte eine klare Stellungnahme von Eigentümervertreter und Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP).

Wie Innsbrucks Vizebürgermeister Markus Lassenberger (FPÖ) betonte, erwarte er sich auch ein Umdenken der Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB): „Als Energieversorger, der zu 50 Prozent in Händen der TIWAG ist, müssen nun auch die Verantwortlichen rasch agieren, um den Schaden für die Kundinnen und Kunden zu minimieren.“

Grüne fordern rasche Entschädigung der Kunden

Die Kundinnen und Kunden der TIWAG seien sofort zu entschädigen, forderte der Klubobmann der Grünen im Tiroler Landtag, Gebi Mair. „Die TIWAG hat unzulässigerweise Gewinne auf Kosten der Tirolerinnen und Tiroler gemacht. Und was einem nicht gehört, muss man zurückgeben. Es wäre nicht einzusehen, wenn die TIWAG in weitere gerichtliche Instanzen geht, um die Entschädigung der Kundinnen und Kunden hinauszuzögern“, so Mair.

Die TIWAG habe im Vorjahr bereits Millionenrückstellungen für die Entschädigung ihrer Kundinnen und Kunden gebildet, diese müssten nun schnell zur Auszahlung kommen, so Mair in einer Aussendung.

Tausch im Vorstand für Liste Fritz zu wenig

Aus Sicht von Markus Sint (Liste Fritz) ist Mattle nun unter Zugzwang. Er habe es zugelassen, dass sich das Landesunternehmen TIWAG wie jeder andere Konzern aufführe und die Strompreise unrechtmäßig erhöhe. „Als Eigentümervertreter muss Mattle endlich erkennen, dass der Austausch der Köpfe im Vorstand der TIWAG nicht genügt und reine Augenauswischerei ist. Denn neue Köpfe mit altem Geschäftsmodell bringen keine wesentliche Verbesserung.“

Mattle müsse endlich Farbe bekennen und erklären, ob er das Geschäftsmodell der TIWAG, das auf reine Gewinnmaximierung ausgerichtet sei, weiterführen wolle oder nicht.

NEOS: Allen Rückforderungen unverzüglich nachkommen

Es liege an der TIWAG-Führung und an LH Mattle, Klarschiff zu machen und umgehend für die Erfüllung des Urteils zu sorgen. Es sei „ein Skandal“, dass man als Kunde des Landesenergieversorgers einen Prozess führen müsse, „um sein Recht auf einen rechtskonformen Strompreis durchzusetzen“, meinte NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer.

Aus Sicht von NEOS gehe es nun darum, allen TIWAG-Kunden in Zukunft Rechtssicherheit zu gewähren und allen einen leistbaren Strompreis zu garantieren. Oberhofer kündigte in diesem Zusammenhang weitere Landtagsinitiativen an.

Mattle: Bei Rechtskraft muss TIWAG zurückzahlen

Nach der Regierungssitzung erklärte LH Mattle am Dienstag: „Wenn die Dinge dann entsprechend rechtskräftig sind, ist es selbstverständlich ganz klar zurückzuzahlen.“

Sollte diese Preiserhöhung nicht rechtens gewesen sein – und das besage nun das Bezirksgericht –, fühle er sich absolut bestärkt in seinem Vorgehen, den landeseigenen Energieversorger inhaltlich, personell und strukturell neu aufzustellen, so Mattle.

TIWAG kündigt erste Refundierungszahlung für März an

Das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck decke sich nach Rechtsansicht der TIWAG jedoch nicht mit einem erst kürzlich ergangenen Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zu einer ähnlichen Rechtsfrage betreffend den Ansatz des Wertes der Eigenerzeugung für die Festlegung der Endkundenpreise. Die TIWAG kündigte in der Stellungnahme daher an, das erstinstanzliche Urteil zu prüfen.

TIWAG-Hauptverwaltungsgebäude, Innsbruck
TIWAG
Die TIWAG kündigte erste Refundierungszahlungen für Ende März an

Betroffene Kunden sollten aber nicht weiter auf eine rechtskräftige Klärung warten müssen. Deshalb werde die TIWAG – wie bereits im Dezember 2023 angekündigt – eine erste Refundierungszahlung zur Auszahlung bringen. Der Start ist mit Ende März 2024 geplant.

TIWAG argumentierte mit gestiegenen Marktpreisen

Ende 2021 hatte TIWAG-Vorstandssprecher Erich Entstrasser eine Erhöhung des Strompreises mit Ende des zweiten Quartals 2022 um rund acht Prozent angekündigt. Die gestiegenen Preise auf dem Markt würden die Energieversorger zu diesem Schritt zwingen, hieß es damals vonseiten des TIWAG-Vorstandes – mehr dazu in Strom und Gas werden deutlich teurer.