Seismograf
IMAGO/Cigdem Simsek
IMAGO/Cigdem Simsek
Umwelt

Auch Geothermie bringt Risiken mit sich

Die Nutzung von Erdwärme ist wie auch andere Arten der Energiegewinnung mit gewissen Risiken verbunden. So können in Verbindung mit Projekten der Erdwärme in großen Tiefen Erdbeben auftreten. Auch wenn diese Beben meistens nicht spürbar sind, sollte der Bevölkerung das Risiko bekannt sein.

In den Jahren 2006 und 2007 kam es nach einer Bohrung für ein Geothermieprojekt in Basel in der Schweiz zu einer Serie von Beben. Die Beben waren zwar deutlich spürbar, führten aber zu keinen nennenswerten Schäden. Die Bevölkerung war aber verunsichert, und so wurde das Projekt letztlich stillgelegt. Das stärkste der Beben erreichte damals eine Magnitude von 3,5. Beben mit dieser Stärke kommen in Tirol relativ häufig vor, wie zuletzt im September im Bereich von Schwaz – mehr dazu in Erdbeben im Raum Schwaz. Das bisher stärkste Beben, das in Zusammenhang mit Geothermie gebracht wird, ereignete sich 1982 in Kalifornien, es erreichte eine Magnitude von 4,6.

Natürliche Beben in Tirol häufig

In Tirol sind Beben aufgrund natürlicher geologischer Vorgänge relativ häufig. Auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein hat, dass sie bekannten Bereichen, wie etwa der Inntalstörung, folgen, zeigt sich auf den zweiten Blick ein differenzierteres Bild. Viele Beben liegen tiefer und folgen nicht den bekannten Störungsverläufen.

Seismograph im Keller der Berufsfeuerwehr Innsbruck
Hermann Hammer
In Tirol gibt es ein dichtes Netz an Bebenmesstationen, eine davon befindet sich im Keller der Innsbrucker Berufsfeuerwehr

Für die stärksten Beben, die es in Tirol bisher gegeben hat, werden Magnituden von über fünf angenommen. So etwa mit 5,2 für das Beben vom 17. Juli 1670, das in Hall und Innsbruck schwere Schäden verursachte. Ebenfalls für schwere Schäden sorgte im Jahr 1930 das Erdbeben von Namlos im Bezirk Reutte.

Haus am Domplatz mit verstärkten Mauern
Hermann Hammer
Nach dem Beben von 1670 wurden viele Häuser mit Vorbauten aus Höttinger Brekzie und Eisenklammern verstärkt

„Wolke von Beben“ im Untergrund

Die auf Erdbeben spezialisierte Geologin Esther Hintersberger von der GeoSphere Austria sagt, wenn man Wasser in den Untergrund einspeise, wie das bei Tiefer Geothermie der Fall ist, dann habe das Beben zur Folge. In der Regel seien solche Beben für den Menschen nicht fühlbar. Je mehr und je länger man Wasser einspeise, umso größer werde die „Wolke“ von Beben, die man beobachten könne, wenn man genügend Erdbebenstationen aufgestellt hat. Die Wissenschaftlerin will aber auch nicht ausschließen, dass es zu stärkeren Beben kommen kann.

Neue Bebenstation bei Wörgl

Hintersberger unterscheidet im Zusammenhang mit Geothermie zwei Arten von Erdbeben: induzierte und getriggerte Beben. Induzierte Beben werden direkt durch eine geothermische Anlage ausgelöst. Bei getriggerten Beben kommt es durch den menschlichen Eingriff zu einer Aktivierung einer bereits bestehenden Störung. Deshalb ist es auch wichtig, bei Geothermieprojekten ein Bild über die Störzonen im Untergrund sowie über bereits natürliche Bebentätigkeit in dem Bereich zu haben. Um ein besseres Bild über die Erdbebentätigkeit im Raum Wörgl bis Kufstein zu erhalten, soll im Rahmen des Projekts „GeoEN Inntal“ eine neue Bebenstation im Raum Wörgl-Wildschönau eingerichtet werden.

Mann mit Bebenmessgerät in der Hand
Hermann Hammer
Seismologe Stefan Weginger von der GeoSphere Austria präsentiert ein neuartiges Bebenmessgerät, dass in einem Bohrloch versenkt werden kann

Durch den Menschen ausgelöste Beben gibt es auch jetzt schon in Tirol, die Gründe dafür sind vorwiegend Sprengungen im Tunnelbau und in Steinbrüchen. Beobachtet wurden dabei Stärken bis zu einer Magnitude von zwei.

Auch Stauseen können Beben auslösen

Weniger bekannt ist, dass auch Stauseen durch ihre Befüllung und Entleerung Beben auslösen können. So wird für das katastrophale Erdbeben im chinesischen Sichuan im Jahr 2008 mit etwa 70.000 Todesopfern ein Zusammenhang mit einem Staubecken zumindest diskutiert. Bei diesem Beben wurde eine Magnitude von 7,9 registriert.

In Tirol gibt es derzeit noch kein Projekt für die Nutzung Tiefer Geothermie. Falls überhaupt, dürften hierzulande noch mindestens zehn Jahre bis zu einem ersten derartigen Projekt vergehen – mehr dazu in Weiter Weg zu Erdwärme aus großer Tiefe.

Finanzielles Risiko

Neben den geologischen Risiken besteht bei der Tiefen Geothermie vor allem auch ein finanzielles Risiko. In Tirol würde es Bohrungen bis zu einer Tiefe von fünf oder sechs Kilometern brauchen. Wenn bei einer oder mehrerer dieser millionenteuren Bohrungen der Erfolg ausbleibt, könnte schnell die Rede von „im Untergrund versenkten Millionenbeträgen“ aufkommen.

Geothermie-Anlage in Neustadt-Glewe wird erweitert
APA/dpa/Jens Büttner
Bohrungen für tiefe Geothermieanlagen sind kostspielig und nicht immer erfolgreich

Risiken auch bei oberflächennaher Geothermie

Risiken gibt es auch bei der Nutzung oberflächennaher Geothermie, also etwa durch Erdwärmesonden. Hier ist es schon vorgekommen, dass bei Bohrungen Gasblasen im Untergrund angebohrt wurden. Doris Rupprecht von der GeoSphere Austria verweist etwa auch auf Gips im Untergrund. Wenn man da hineinbohre und Wasser dazu bringe, könne sich der Untergrund heben oder sich in ähnlichen Fällen durch Auslaugen senken.