Anfang Juni war nahe des Jamtalferners im Paznauntal im Bereich der Nordwestflanke des südlichen Fluchthorns mehr als eine Million Kubikmeter Material abgestürzt. Die Gesteinsmassen zogen dabei eine über zwei Kilometer lange Mure mit sich. Seitdem gibt es auf dem Fluchthorn kein Gipfelkreuz mehr – mehr dazu in Silvretta: Bergsturz auf Fluchthorn.
Nach wie vor präsentiere sich die Umgebung vieler Gletscher Österreichs auch im Herbst äußerst instabil. Das teilte die Glaziologin Andrea Fischer der APA mit. Der sehr warme Herbst im Hochgebirge sorge für viele Felsstürze, besonders im Bereich der stark schmelzenden Gletscher, so die Forscherin, die zu Vorsicht rät. Der zu Ende gegangene September brachte im Vergleich zur bisherigen Messgeschichte extreme Rekordwerte – mehr dazu in Wärmster jemals aufgezeichneter September.
Bergsturz „quasi neben Fluchthorn“
Zum Beispiel in dem Gebiet des Jamtalferners waren alleine am Samstag drei Steinschlag- und Felssturzereignisse aus unterschiedlichen Einzugsgebieten zu beobachten gewesen. Das erklärte die Forscherin vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck.
Fischer hält sich gerade in der Region des Jamtalferners auf. „Quasi neben dem Fluchthorn“, wo sich am Anfang des Sommers der spektakuläre Abbruch ereignete, verzeichnete man am Samstag einen Bergsturz „vom Kamm zur Signalspitze auf den Chalausferner“.
Zahlreiche größere und kleinere Bergstürze
Bei Touren im Nahbereich von Gletschern sei es daher gerade jetzt besonders wichtig, auf Anzeichen von Massenbewegungen zu achten, etwa Steinschlaggeräusche (Knattern, Rauschen, oder auch tiefes Brummen und Krachen je nach Ereignisgröße), Staubfahnen oder Schwefelgeruch. Auch Ablagerungen von frischem kantigen Gestein oder Einschlagtrichter sind Warnzeichen, bei denen die Tour abgebrochen werden sollte, betonte die Wissenschafterin.
Offenbar lassen die nun schon ungewöhnlich lange extrem hohen Herbsttemperaturen auch in den Höhenlagen neue Schichten im insgesamt durch den Klimawandel schwindenden alpinen Permafrost auftauen. In Kombination mit dem heißen zurückliegenden Sommer führe dies nun beispielsweise im Jamtal zu zahlreichen größeren und kleineren Bergstürzen und Steinschlägen.
In dieser Dichte der Ereignisse „habe ich so etwas noch nie gesehen“, so Fischer. Wanderern, die momentan im Hochgebirge unterwegs sind, rät die Glaziologin jedenfalls darauf, auf Gefahrenzeichen zu achten.