Vizebürgermeister Johannes Anzengruber im Gemeinderat
ORF
ORF
Politik

Bonus-Karten verteilt: Juristisches Nachspiel

Die Verteilung von „Erlebnis Cards Tirol“ unter anderem an Feuerwehrmitglieder und Mitarbeiter der Innsbrucker Sozialen Dienste (ISD) durch Innsbrucks ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber ruft nun die Landes-ÖVP auf den Plan. Diese lässt die Verteilaktion juristisch prüfen.

Die Landes-ÖVP ist von der umstrittenen Aktion des Innsbrucker Vizebürgermeisters offenbar wenig „amused“. Am Freitag teilte Landesgeschäftsführer Sebastian Kolland in einer Aussendung mit, dass ein „renommierter Rechtsexperte“ die Sache prüfen werde. „Die zentrale Frage lautet dabei, ob es sich bei den Vorteilskarten um eine Spende im Sinne des Parteiengesetzes handelt“, so Kolland.

Partei erwartet „Kooperation und Transparenz“

„Mit Hinweis auf die Dringlichkeit“ hoffe er, dass das Ergebnis in wenigen Tagen vorliegen wird, erklärte der Parteimanager. Und gleichzeitig ließ Kolland Anzengruber doch recht deutlich wissen: Er erwarte sich vom Vizebürgermeister „vollumfängliche Kooperation und Transparenz bei der Klärung aller offenen Fragen“.

Und weiter: Die Partei sei über die Verteilaktion jedenfalls „weder informiert noch eingebunden“ gewesen. Generell gelte: Die Tiroler Volkspartei habe hohe Maßstäbe, „sowohl was Transparenz und Kontrolle, als auch was die Integrität all unserer Mandatarinnen und Mandatare betrifft.“

Ermäßigungskarten für Feuerwehr und Sozialbereich

Erlebnis Card Tirol
ORF
Erlebnis Card Tirol

Anzengruber hatte rund 1.100 Stück dieser Karten, mit denen diverse Vergünstigungen für Freizeitaktivitäten in Tirol angeboten werden, an die Mitglieder der Innsbrucker Feuerwehren sowie die Belegschaft eines Pflegeheims verteilt. Auch weitere Blaulichtorganisationen sowie alle rund 1.400 Mitarbeiter der Innsbrucker Sozialen Dienste wurden damit bedacht. Der Stadtvize sah dabei nichts Verwerfliches, im Gegenteil. Er betonte, dass er nur als Vermittler tätig geworden sei und die Karten weder der Stadt noch ihm persönlich geschenkt worden waren.

In einem Begleitschreiben an einen Teil der Beschenkten wurde der Vizebürgermeister jedoch folgendermaßen zitiert, was die Vermittlerrolle in Zweifel ziehe: „Gerne schenke ich euch eine Karte, mit der die vielen verschiedenen sportlichen, kulinarischen, touristischen und kulturellen Abenteuer noch bis Ende des Jahres erlebbar sind.“

Screenshot aus einem Schreiben des Vizebürgermeisters
ORF

Karten haben Ablaufdatum und wären im Abfall gelandet

Der Geschäftsführer der „Erlebnis-Card“ habe ihm die Karten zur Verfügung gestellt, so der ÖVP-Politiker. Diese seien „übrig geblieben und laufen Ende des Jahres aus. Sie wären sonst am Bauhof gelandet.“ Letzterer bestätigte dies. Die vom Händler nicht verkauften und ans Unternehmen zurückgeschickte Karten hätten ebenjenem „sozialen Zweck“ zugeführt werden sollen.

Zweifel an Darstellung als reine „Vermittlungstätigkeit“

Anzengruber hatte zudem erklärt, Ähnliches mache er ständig, etwa wenn er zwischen Lebensmittelhändlern und Sozialmärkten oder Tafeln Warenspenden vermittle. Und im Gegensatz etwa zu Blumenverteilaktionen durch städtische Politiker sei „hier kein einziger Steuer-Cent geflossen“, verteidigte er sich.

Andere Innsbrucker Gemeinderatsfraktionen übten indes scharfe Kritik am ÖVP-Vizebürgermeister und verlangten Aufklärung. Diese will auch Grünen-Bürgermeister Georg Willi herbeiführen. Er leitete eine Prüfung des Vorganges durch die Rechtsabteilung der Stadt hinsichtlich der Einhaltung von Compliance-Regeln in die Wege, wie er gegenüber der APA erklärte. Ein „sauberer Weg“ wäre es jedenfalls gewesen, die Sache im Stadtsenat vorzubringen, um einen etwaigen Beschluss herbeizuführen, merkte Willi kritisch an.

Das Verhältnis von Anzengruber zur Landes- wie Stadt-ÖVP gilt derzeit auch abseits der Verteilaktion als angespannt – mehr dazu in Innsbruck: Streit um ÖVP-Spitzenkandidatur (tirol.ORF.at, 1.09.2023).