Fahne der Stadt Innsbruck am Rathaus
ORF
ORF
Politik

Machtkampf um ÖVP-Kandidatur in Innsbruck

Der Innsbrucker ÖVP droht vor der Gemeinderatswahl im kommenden Jahr eine Spaltung. Die Volkspartei und die Liste Für Innsbruck feilen an einer gemeinsamen Plattform mit einem gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten. Der aktuelle Vizebürgermeister Johannes Anzenguber (ÖVP) will dabei entgegen den Parteiplänen antreten.

In einem offenen Brief an den ÖVP-Landesparteiobmann Anton Mattle verweist Anzengruber auf gute Umfragewerte und verlangt deshalb, dass die Parteimitglieder über die Spitzenkandidatur bei der Gemeinderatswahl entscheiden. Die Partei hat aber offenbar andere Pläne, als möglicher Spitzenkandidat um den Bürgermeistersessel in Innsbruck gilt ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky. Der frühere Büroleiter von Ex-Landeshauptmannn Günther Platter (ÖVP) soll intern seine Bereitschaft signalisiert haben, will jedoch die „Causa Anzengruber“ bereinigt wissen.

Seit Anfang August laufen Verhandlungen für ein gemeinsames Antreten von ÖVP und der Liste Für Innsbruck bei der Gemeinderatswahl. Nur so hofft das bürgerliche Lager, den Bürgermeistersessel in der Landeshauptstadt wiederzuerobern – mehr dazu in Innsbruck: Ringen um bürgerliche Liste. Gelingt dieses Bündnis nicht, dürfte die Stichwahl Grüne gegen FPÖ lauten.

Vizebgm Johannes Anzengruber Innsbruck
ORF
Johannes Anzengruber fordert eine Mitgliederbefragung

Verärgerung bei der ÖVP-Landespartei

Die Landes-ÖVP reagierte am Montag spürbar verärgert auf das Vorpreschen Anzengrubers. Landesparteigeschäftsführer Sebastian Kolland zeigte sich darüber in einer Aussendung verwundert – angesichts der laufenden Gespräche mit den „bürgerlichen Kräften“ in Innsbruck, denen auch Anzengruber in der Stadtparteileitung zugestimmt habe.

„Nicht die Profilierung einzelner darf jetzt im Mittelpunkt stehen, sondern das gemeinsame Ziel, nach Jahren des Stillstands und der Blockade mit einer breiten bürgerlichen Mehrheit echte Veränderung in Innsbruck zu erreichen. Themen, Inhalte und Positionen stehen jetzt im Vordergrund“, so Kolland. Es sei auch „kein guter Stil“, dass mit dem offenen Brief Inhalte eines vertraulichen Gesprächs veröffentlicht wurden. Zuvor hatte es ein Gespräch zwischen Anzengruber und Mattle gegeben.

Tursky offiziell zurückhaltend zu Spitzenkandidatur

Der von der Partei offenbar favorisierte Tursky wollte sich am Montag offiziell nicht aus der Deckung wagen. Der Staatssekretär antwortete bei einer Pressekonferenz zum Thema „Digitalisierung in der Landwirtschaft“ auf die Frage nach einer Spitzenkandidatur in Innsbruck weder klar ablehnend noch zustimmend. Die Personaldiskussion werde man später führen, meinte der Staatssekretär für Digitalisierung. Jetzt gehe es um inhaltliche Gespräche mit allen „bürgerlichen Kräften“ für ein breites „bürgerliches Bündnis“.

Offenbar in Richtung des amtierenden Bürgermeisters Georg Willi (Grüne) gerichtet, meinte Tursky: „Ich bin Innsbrucker und mir tut weh, was in den letzten fünf Jahren in der Stadt passiert ist.“ In Innsbruck war eine Viererkoalition mit ÖVP-Beteiligung bereits vor Jahren auseinandergebrochen. In der Stadtpolitik herrschen großteils Grabenkämpfe vor, bei denen allerdings auch die ÖVP-Gemeinderatsriege und Vizebürgermeister Anzengruber nicht immer an einem Strang ziehen.

Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) am Rande eines Medientermins am Planötzenhof in Innsbruck
ORF
Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) wird als bürgerlicher Bürgermeisterkandidat in Innsbruck parteiintern favorisiert

Anzengruber will nicht klein beigeben

Anzengruber selbst will im parteiinternen Machtkampf um die Führung in der Innsbrucker Volkspartei jedenfalls nicht klein beigeben, wie der offene Brief an den ÖVP-Landeschef zeigt. Er bekräftigte darin, die Volkspartei in die Gemeinderatswahl führen zu wollen. Er bekomme aus der Bevölkerung laufend Unterstützung für eine Kandidatur als Bürgermeister, so Anzengruber. Er will auch für das Amt des Innsbrucker ÖVP-Obmanns kandidieren, das derzeit vom Landtagsabgeordneten Christoph Appler bekleidet wird.

In dem offenen Brief – gesendet mit seiner Stadtmagistrat-Mailadresse – betonte der Innsbrucker Vizebürgermeister, dass die Entscheidung über die Kandidatur von der Parteibasis getroffen werden solle, um „demokratischen Prinzipien“ zu folgen. Kritik kam von Anzengruber auch an der Art und Weise, wie derzeit von ÖVP-Seite eine bürgerliche Plattform für die Gemeinderatswahl vorangetrieben werde. Mit anderen Gruppierungen werde „ohne genügende Legitimation“ verhandelt. „Bevor man andere in das eigene Haus einlädt, sollten innerhalb der eigenen Familie alle Fragen in einem sauberen Prozess geklärt sein. Wir selbst sollten uns einig sein, was wir gemeinsam wollen. Und darauf haben auch allfällig künftige Partner ein Anrecht“, verlangte Anzengruber.