Schild Rathaus Innsbruck beim Eingang zum Rathaus
Hermann Hammer
Hermann Hammer
Politik

Innsbruck: Ringen um bürgerliche Liste

Die bürgerlichen Parteien in Innsbruck suchen ein gemeinsames Miteinander, um bei der nächsten Wahl das Bürgermeisteramt zurückzuholen. Doch das ist zehn Monate vor der Gemeinderatswahl eine schwierige Mission – vor allem ÖVP-intern.

Dauerstreit und Parteispaltungen haben in der Innsbrucker Politik Tradition. Vergangenes Jahr traf es die Grünen, vor kurzem die SPÖ. Völlig uneins ist auch das bürgerliche Lager. Vor 30 Jahren spaltete sich die Liste Für Innsbruck von der ÖVP ab. Der spätere Landeshauptmann Herwig van Staa marschierte direkt auf den Bürgermeistersessel. Nun sucht man wieder ein gemeinsames Miteinander, um bei der nächsten Wahl das Bürgermeisteramt zurückzuholen. Doch das ist zehn Monate vor der Gemeinderatswahl eine schwierige Mission, vor allem innerhalb der ÖVP .

ÖVP sucht Gespräche

Bei der letzten Wahl 2018 haben sowohl die ÖVP als auch die Liste Für Innsbruck an Stimmen und Mandaten verloren. Bei der kommenden Wahl im Frühjahr 2024 besteht die Möglichkeit, dass eine bürgerliche Partei nicht einmal mehr in die Stichwahl kommt. Die Stadt-ÖVP ist zudem eine personelle Baustelle um die sich auch die Landespartei kaum gekümmert hat – das ist auch innerhalb der Volkspartei ein offenes Geheimnis. Nun soll eine bürgerliche Plattform die Wende bringen. ÖVP-Stadtparteiobmann und Klubobmann Christoph Appler lädt zu Gesprächen.

Ergebnis der Gemeinderatswahl 2018
Stadt Innsbruck

„Ich habe Einladungen an die bürgerlichen Bewegungen dieser Stadt – Für Innsbruck, die NEOS, die Liste Fritz und den Seniorenbund – gesandt. Mit der Bitte um Gespräche, um auszuloten, wie wir gemeinsam einen bürgerlichen Bürgermeister sicherstellen können“, sagt Christoph Appler gegenüber dem ORF Tirol. Mehr ist aus Appler nicht herauszuholen. Zuerst gehe es um Inhalte, dann um Personen, so das interne Wording.

Christoph Appler
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ÖVP-Klubobmann Christoph Appler lädt zu Gesprächen

Frage um Spitze bleibt offen

Die Preisfrage ist, wer Spitzenkandidat oder -kandidatin wird. Die Liste Für Innsbruck wird in die Gespräche eintreten. Parteichefin Christine Oppitz-Plörer macht klar, sie werde dieses Bündnis nicht anführen. „Ich stehe einem gemeinsamen Bündnis nicht im Weg, indem ich sage, das geht nur mit mir. Da sehe ich den Ball bei der ÖVP liegen, dass sie sich um eine Kandidatin oder einen Kandidat kümmert“, so die ehemalige Bürgermeisterin.

Christine Opitz-Plörer
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Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck) machte im Gespräch mit dem ORF Tirol klar, dass sie ein neues Bündnis nicht anführen wird

Nun wird die Sache schwierig, denn Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (ÖVP) will Spitzenkandidat werden. Er bezeichnet sich als ideenreich, engagiert und verantwortungsvoll. Der Wirtschaftsbündler kann laut einer von seinem Bund in Auftrag gegebenen Umfrage gute Werte aufweisen. In seiner Partei fehlt Anzengruber allerdings der nötige Rückhalt.

Johannes Anzengruber während einer Gemeinderatssitzung
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Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (ÖVP) liebäugelt mit einer eigenen Liste

Weitere Abspaltung steht im Raum

Klubobmann Christoph Appler kann jedenfalls nicht mit ihm. Mit einem Spitzenkandidaten Anzengruber geht offenbar auch Oppitz-Plörer nicht in ein bürgerliches Bündnis. Die Liste Für Innsbruck wäre der wichtigste und stärkste Partner. So liebäugelt Johannes Anzengruber – wie aus sicheren Quellen zu erfahren ist – bereits mit einer eigenen Liste. Anzengruber hat demnach schon mehrere bekannte Personen gefragt.

Auf diese Pläne angesprochen, antwortet der Vizebürgermeister schriftlich: „Diese Frage stellt sich für mich derzeit nicht. Es hängt davon ab, ob die ÖVP in der Stadt zu zukunftsfähigen Veränderungen bereit ist, oder nicht.“ Das lässt sehr wohl Interpretationsspielraum zu.

Georg Willi (Grüne)
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Jahrzehntelang war Innsbruck bürgerlich regiert, bis 2018 der Grüne Georg Willi die Serie unterbrach

Filzmaier: „Da profitieren nur die anderen“

Die ÖVP befindet sich im Dilemma. Einerseits will sie die alte Spaltung überwinden, auf der anderen Seite könnte sich eine neue auftun. Politologe Peter Filzmaier fasst zusammen: „Man muss nur im Schnelltempo durchdenken, was passiert: Man spaltet sich ab als Für Innsbruck von der ÖVP. Der Seniorenbund kandidiert extra. Jetzt ist es so, dass Anzengruber und Appler nicht miteinander können. Oppitz-Plörer will einen ganz Neuen – das will aber die ÖVP nicht. Jetzt tritt Anzengruber mit einer eigenen Liste an. Und das soll gut gehen? Da profitieren nur die anderen.“

Staatssekretär Tursky hat taktisches Problem

Als „Neuer“ steht nach wie vor der Staatssekretär für Digitalisierung Florian Tursky (ÖVP) im Raum. Der Innsbrucker hat sich allerdings noch nicht in die Karten blicken lassen. Florian Tursky habe ein taktisches Problem, analysiert Peter Filzmaier: Erstens müsse er erklären, warum er im Mai eine Kandidatur ausgeschlossen habe.

Florian Tursky
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Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) hat einer Kandidatur im Mai eine Absage erteilt

Zweitens funktioniere Turskys „Lieblingstaktik“ aus zeitlichen Gründen nicht, so Filzmaier: Nämlich zunächst die Nationalratswahl zu absolvieren, möglicherweise sogar Minister zu werden und es ansonsten mit dem Bürgermeistersessel zu versuchen. Die zeitliche Abfolge der Wahlen – Bürgermeister im Frühjahr, Nationalrat im Herbst – lasse das allerdings nicht zu. Wenn, dann müsste sich Florian Tursky im Frühherbst deklarieren. Dann sollte das bürgerliche Lager einen Kandidaten oder eine Kandidatin präsentieren, um sich früh genug auf die Gemeinderatswahl vorbereiten zu können.