Benjamin Husic Berkant Aydin Ahmed Demirkol Grundwehrdiener Terfens Tunnel
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Chronik

Die Lebensretter vom Terfener Tunnelbrand

„Wir haben nur unsere Pflicht erfüllt“, sagen drei Grundwehrdiener über ihren Einsatz beim Bahnunglück im Terfener Tunnel. Am 7. Juni waren sie zufällig als Passagiere im Nachtzug unterwegs. Nach ihrem Dienst wollen sie nach Hause ins Tiroler Unterland fahren. Doch dann wurden sie neben Feuerwehr, Polizei und Rettung zu vorbildlichen Lebensrettern.

Benjamin Husić, Berkant Aydin und Ahmed Demirkol – die drei Rekruten der 6. Gebirgsbrigade, Stabsbataillon 6 kamen knapp einen Monat nach dem Zugunglück im Terfener Tunnel in der Andreas-Hofer-Kaserne in Absam für ein Interview mit dem ORF Tirol zusammen. Dabei schilderten sie, wie sie an dem Abend nur durch Zufall in den Nightjet nach Hamburg/Amsterdam einstiegen.

Denn eigentlich wollten sie einen ganz anderen Zug nehmen. „Wir haben den letztendlich nicht genommen, weil ein Kamerad meinte, er muss noch eine Zigarette rauchen“, schmunzelte der 20-jährige Benjamin Husić. Deshalb seien sie in den Nightjet engestiegen, um nach Hause ins Tiroler Unterland, nach Jenbach, Wörgl und Kufstein, zu kommen.

Grundwehrdiener als Lebensretter

Am 7. Juni wurden drei Grundwehrdiener beim Bahnunglück im Terfener Tunnel durch ihre spontane Hilfsbereitschaft zu Lebensrettern.

Mehrere Explosionen hintereinander

Dort kamen sie so schnell aber nicht an. Im Terfener Tunnel klappte das Dach eines Kleinbusses auf und berührte die Oberleitung. Dadurch wurde der Brand ausgelöst, der zu dem Großeinsatz von Feuerwehr, Polizei und Rettung führte – mehr dazu in Brand in Tunnel: Kleinbusdach löste Feuer aus.

Die drei Rekruten waren zu diesem Zeitpunkt als Passagiere im Nachtzug. „Zuerst haben wir einen lauten Knall gehört, danach noch einmal vier, fünf Mal hintereinander“, schilderte der ebenfalls 20-jährige Ahmed Demirkol aus Uderns. „Wir haben um ehrlich zu sein gar nicht gewusst, was in den nächsten zwei, drei Minuten passieren könnte, wir haben nur die Explosionen gehört“, so Husić. Dabei seien ihm viele Gedanken durch den Kopf gegangen, etwa ob ihr Waggon der nächste sei, der in die Luft gehe.

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Benjamin Husic Grundwehrdiener Terfens
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Berkant Aydin brachte Kinder und schwangere Frauen in einem hinteren Zugabteil in Sicherheit
Benjamin Husic Grundwehrdiener Terfens
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Das Schönste an ihrer Zivilcourage sei danach die Dankbarkeit der Menschen gewesen, meint Benjamin Husić
Ahmed Demirkol Grundwehrdiener
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Ahmed Demirkol nahm im Nachtzug Leintücher, um die Menschen in den Kabinen vor dem Rauch zu schützen

„Helfen ist militärische Pflicht“

Die drei Rekruten verschafften sich zunächst einen Überblick und sahen bei einem Blick aus dem Fenster brennende Autos. Die Zugführerin bat die drei um Hilfe, sie zögerten nicht einen Moment. Zu schützen sei ihre militärische Pflicht, meinten sie. „Als wir uns aufgeteilt haben, hat mir ein Mitarbeiter ein nasses Leintuch gegeben, damit habe ich dann probiert, die Türe abzudichten, damit kein Rauch eindringt“, so Demirkol.

Husić nahm in der Zwischenzeit die Bettlaken und riss sie mit einem Schlüssel des Schaffners in Stücke. Anschließend befeuchtete er sie und gab sie den anderen Zuggästen als provisorische Schutzmasken. „Es waren schwangere Personen da, Kinder und Mütter und vor allem wegen der Kinder haben sich die Leute Sorgen gemacht“, beschrieb Berkant Aydin aus Wörgl die zuerst chaotische Lage. Er habe sofort gehandelt und die Kinder in ein hinteres Zugabteil gebracht. Dort habe er versucht, sie im Gespräch und mit Witzen zu beruhigen.

Würdigung durch Bundespräsidenten

Als die Feuerwehr im Zug eintraf, halfen die drei den Einsatzkräften, allen Schutzmasken aufzusetzen. Anschließend begleiteten sie die Menschen aus dem Zug heraus und verließen den Nightjet. Mehr als 30 Personen wurden nur leicht verletzt – mehr dazu in 33 Personen bei Brand in Bahntunnel verletzt. Auch die drei Rekruten zogen sich leichte Rauchgasvergiftungen zu. Letzlich war es aber großes Glück im Unglück, waren sich nach dem Zugbrand im Tunnel alle einig. Zu verdanken sei das neben den vielen Einsatzkräften auch den drei Grundwehrdienern.

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Bundespräsident Münze Terfens Grundwehrdiener Auszeichnung
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Diese Münze überreichte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den drei Rekruten als Dank für den Einsatz im Terfener Tunnel
Bundespräsident Münze Terfens Grundwehrdiener Auszeichnung
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Diese Münze überreichte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den drei Rekruten als Dank für den Einsatz im Terfener Tunnel

Später wurden Husić, Aydin und Demirkol für ihren Einsatz gewürdigt – mit einer Münze von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Darauf ist Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte eingraviert: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Für alle drei ist es eine besondere Ehrung mit einer besonders wichtigen Botschaft. Auch die ÖBB zeigten sich dankbar für die vorbildliche Hilfsaktion der Lebensretter und übergab ihnen unter anderem Reisegutscheine.

„Das Schönste war die Dankbarkeit der Menschen“

In Erinnerung blieben ihnen aber vor allem die Betroffenen und die Beteiligten dieses Abends. „Erst nachdem ich aus dem Tunnel draußen war, habe ich richtig realisiert, was da drinnen passiert ist. Ich muss schon sagen, das war eine super Leistung von allen Feuerwehrleuten, Polizei und Rettung“, so Demirkol.

„Die Feuerwehrleute sind danach zu uns gekommen und haben sich bedankt. Auch ich will mich noch einmal bei den Einsatzkräften bedanken, das war schon eine beruhigende Sache und hat mich selbst stolz gemacht“, meinte Aydin. Für Husić war es das Schönste, wie sich die Passagiere und vor allem die Kinder später bedankt haben: „Ein paar sind an uns vorbei gegangen und haben uns wirklich als Helden bezeichnet, das war für mich die schönste Erinnerung, die ich von dem ganzen mitgenommen habe.“

Brand Tunnel
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Dank des vorbildlichen Einsatzes von Feuerwehr, Rettung und Polizei sowie der drei Grundwehrdiener im Zug konnten Leben gerettet werden

Dankbar, bescheiden und ein bisschen stolz zeigten sich die drei Rekruten vom Brand im Terfener Tunnel. Vier Monate haben sie noch in ihrem Grundwehrdienst. Wie es danach für sie weiter geht, ist offen. Sie wurden im Ernstfall zu Vorbildern, indem sie zeigten, was es bedeutet, in dramatischen Stunden zu schützen und zu helfen.