Zwei Wölfe
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Chronik

„Wölfe besendern“: Abfuhr für Grüne

Vor der heurigen Almsaison fordern die Grünen, dass alle Wölfe in Tirol „besendert“ werden. Für diesen Vorschlag erntete der grüne Klubobmann Gebi Mair allerdings viel Kritik und Häme. Die Grünen hätten keine Ahnung von Wildtieren, hieß es von allen Seiten.

„Jeder Wolf, der über den Brenner lugt, muss besendert werden“, sagte Mair bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Innsbruck. Die grüne Forderung sei eine „Handlungsaufgabe“ für Geisler, erklärte der grüne Klubobmann im Landtag. Vom „Reden allein haben die Bauern auch nix“, sagte Mair angesprochen auf eine jüngste, scharfe Kritik Geislers an der EU in Sachen Wolf – mehr dazu in

Auch den Tiroler Jägerverband nahm der Klubchef in die Pflicht: Die Raubtiere zu „besendern“ – also zu betäuben und ihnen einen Halsbandsender anzubringen – sei eine „Aufgabe für die Tiroler Jägerschaft“. Dazu brauche es ein Commitment des Verbandes, das er derzeit noch nicht sehe. „Ich bin überzeugt, dass es gelingen kann“, sagte Mair.

Auch Grüne wollen keinen „Problemwolf“

„Wer besendert, schützt Wölfe und Bauern. Wer nicht besendern will, will auch nicht schützen, Wenn es möglich ist, Wölfe abzuschießen, dann muss es auch möglich sein, sie zu besendern“, so der Klubobmann. Das flächendeckende „Besendern“ sei der erste notwendige Schritt, der angegangen werden müsse. Der zweite sei, dass das im Vorjahr eingerichtete, unabhängige Wolf-Fachkuratorium aktiv, von sich aus tätig werde – und ihre Fachexpertise, ob Problemwolf ja oder nein, abgebe.

Das Thema Wolf sei bisher mit viel Emotion beladen gewesen, aber „wenig konkreter Hilfe, die angekommen ist“, räumte Mair ein. Das Motto müsse daher künftig lauten: „Zusammenkommen statt zusammenkrachen“. Es gehe um den Schutz der Almwirtschaft einerseits, und die Aufrechterhaltung der Biodiversität andererseits. „Niemand will in Tirol einen Problemwolf. Auch die Grünen nicht“, meinte indes Klub-Vize Georg Kaltschmid.

ÖVP bezeichnet Mair als „letzten grünen Utopisten“

„Auch der letzte grüne Utopist muss in der Realität ankommen“, meinte Hermann Kuenz, stv. Klubobmann der ÖVP, in einer ersten Reaktion: „Es ist schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit, jeden Wolf am Brenner abzufangen und zu besendern. Mit solchen realitätsfremden Forderungen heizen die Grünen die Emotion in der Diskussion einmal mehr an.“ Man brauche vielmehr einen Schulterschluss entlang des Alpenbogens, so Kuenz, ein Umdenken der Europäischen Union und ein Bekenntnis zur Tiroler Landwirtschaft, um Wölfe entnehmen zu können.

Auch der Tiroler Jägerverband nannte die Forderung Mairs „unrealistisch“. Es sei äußerst schwierig, einen Wolf überhaupt zu Gesicht zu bekommen, so Landesjägermeister Anton Larcher: „Einen Wolf zu finden, zu fangen und letztlich zu besendern ist ein Lotteriespiel und mit riesigem personellen und finanziellen Aufwand verbunden.“ Mairs Forderung bezeichnete Larcher als „Zynisch“ gegenüber den Landwirten, die um Tiere fürchten müssten. Auch der Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol Josef Hechenberger meinte, dass Mairs Vorschlag "weder zielführend noch umsetzbar sei. Er werte Mairs Aussage als Ablenkungsmanöver, „um echten Lösungen aus dem Weg zu gehen“, so Hechenberger.

Viel Häme von SPÖ und FPÖ

Kritik und Häme für Mair kam auch von Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer. Der grüne „Möchtegern-Chef“ blamiere sich mit seinem „unrealistischen Vorschlag“, sämtliche durch Tirol ziehende Wölfe zu besendern, sagte Dornauer zur APA und nannte Mairs Ideen „abstrus“. ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter solle handeln, denn „derartige politische Blödheiten“ hätten sich Tirols Bauern nicht verdient.

Die Tiroler FPÖ sprach den Grünen nach diesem Vorschlag ab, „eine Ahnung von der Tierwelt und der Jagd zu haben“. „Die grüne Beutegreiferpolitik bedeutet das Ende der heimischen Landwirtschaft und der Schafzucht", meinte FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Er wolle nun daran erinnern, dass die ÖVP im Landtag jederzeit eine Mehrheit hätte, um Maßnahmen gegen Wolf und Bär zu treffen“, so Abwerzger.

Fachkuratorium entscheidet über Abschuss

In Tirol beherrscht das Thema Wolf wegen der vielen Schafsrisse regelmäßig die Schlagzeilen und lässt die Wogen hochgehen. Vor allem die Bauernschaft kritisierte beständig die mangelnde rechtliche Möglichkeit, die Tiere abzuschießen. Um eine leichtere Entnahme bzw. Abschüsse von Problemwölfen zu ermöglichen, hatte der Landtag im Juli 2021 eine Änderung des Tiroler Almschutz- und Jagdgesetzes beschlossen.

Konkret wurde das fünfköpfige Fachkuratorium „Wolf-Bär-Luchs“ eingerichtet, das über den Umgang mit auffälligen Tieren entscheiden soll. Es sollte unabhängig und weisungsfrei arbeiten. Die vom Kuratorium ausgearbeitete Empfehlung dient als bindende Grundlage für rechtliche Maßnahmen seitens der Landesregierung durch Verordnung und Bescheid – mehr dazu in Kuratorium für Abschuss von „Problemwolf“.

Im Herbst 2021 lag schließlich ein konkreter Fall am Tapet. Das Fachkuratorium gab eine Empfehlung für einen Abschuss des „Problemwolfes" MATK118“ aus. Die Landesregierung verabschiedete schließlich die dafür notwendige „Gefährdungsverordnung“. Zu einem Abschuss kommt es erst dann, wenn weitere Risse durch diesen Wolf eindeutig genetisch festgestellt werden. Das Landesverwaltungsgericht in Tirol hob aber schließlich den Abschussbescheid des Landes für den Problemwolf nach Beschwerden von WWF und Ökobüro auf – mehr dazu in Abschussbescheid für Problemwolf aufgehoben.

Geisler mit scharfer Kritik an der EU

Die Koalitionäre sind sich in Sachen Umgang mit dem Wolf nicht immer grün. Zuletzt verschärfte die Volkspartei den Ton. Geisler übte im Rahmen seiner Wiederwahl zum Bauernbundobmann scharfe Kritik an der EU. „Wir sind ein dicht besiedeltes Land und brauchen den Wolf nicht. Ich bin ein glühender Europäer, aber bei der Wolfsproblematik haben wir es mit einem Totalversagen der EU zu tun“, meinte er. Es müsse „rasch gelingen, Problemwölfe in Europa zu erschießen“ – mehr dazu in Geisler als Bauernbundobmann bestätigt.

Grüne fordern verpflichtende Herkunftsbezeichnung

Der Landwirtschaftssprecher der Grünen Georg Kaltschmid wartete am Donnerstag übrigens auch abseits des Wolfs mit einer Forderung auf: Der verpflichtenden Herkunftsbezeichnung für alle Produkte – auch in der Gastronomie und Hotellerie. Einen Bremser sah er hier im ÖVP-Wirtschaftsbund, der dahingehend umkehren sollte. Und da den Grünen immer vorgeworfen werde, wenig von Almwirtschaft zu verstehen, machte man den ungewöhnlichen Vorschlag, die Proponenten der Partei doch einmal tatkräftig mithelfen zu lassen.