Der Verbraucherschutzverein hat bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck einen Fortsetzungsantrag für die Ermittlungen gegen Amtsträger in Tirol im Zusammenhang mit dem, wie er schreibt, „Multiorganversagen der Behörden in Ischgl Anfang März 2020“ eingebracht. Beantragt werden weitere Erhebungen – auch gegen weitere Amtsträger in Tirol, so der VSV in einer Aussendung.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hatte Ende November bekanntgegeben, dass die strafrechtlichen Ermittlungen in der Causa Ischgl eingestellt wurden. Es kam zu keiner Anklage – mehr dazu in Keine Anklage in Causa Ischgl. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Einstellung nach langen Ermittlungen damit begründet, dass es keine Beweise dafür gebe, „dass jemand schuldhaft etwas getan oder unterlassen hätte, das zu einer Erhöhung der Ansteckungsgefahr geführt hätte“.
Staatsanwaltschaft ermittelte gegen fünf Beschuldigte
Das Ermittlungsergebnis der Anklagebehörde – das bereits Ende Mai 2021 feststand – sei auch durch die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck, das Justizministerium und vom Weisungsrat geprüft worden. Im Verfahren wurden fünf Personen als Beschuldigte geführt. Dem Vernehmen nach handelte es sich dabei um Landesamtsdirektor Herbert Forster, den Landecker Bezirkshauptmann Markus Maaß, den Ischgler Bürgermeister Werner Kurz sowie zwei Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft.
Der vielfach getätigte Vorwurf der „Vertuschung“ erhärtete sich laut Einstellungsbegründung nicht. Vielmehr sei auf „sämtliche Hinweise reagiert“ und auch in Presseaussendungen kommuniziert worden. „Eine derartige ‚Vertuschung‘ wäre unter Berücksichtigung des oben dargestellten Ablaufs (Anzeigepflicht, Test durch ‚Screening Team‘ oder Amtsarzt) auch kaum möglich gewesen“, hatte es seitens der Anklagebehörde geheißen. Auch auf zivilrechtlichem Wege wurden die ersten Klagen abgewiesen – mehr dazu in Ischgl: Auch Zivilrechtsklagen abgewiesen.
VSV sieht Gesetzesverletzung
In dem Tiroler Wintersportort Ischgl war es zu Beginn der Pandemie zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 gekommen. Die ersten Fälle wurden Anfang März 2020 bekannt, die Ansteckungen sollen vor allem in Apres-Ski-Lokalen passiert sein. Den Behörden war vorgeworfen worden, zu spät und nicht umfassend genug reagiert zu haben. Ein bereits präsentierter Expertenbericht sah kein Versagen, aber Fehleinschätzungen der Behörden. Druck aus der Tourismuswirtschaft auf Entscheidungsträger wurde nicht festgestellt – mehr dazu in Bericht: „Folgenschwere Fehleinschätzungen“.
Den Fortsetzungsantrag auf weitere Ermittlungen begründete der VSV in seinem Schriftsatz unter anderem damit, dass die Staatswaltschaft durch ihre Entscheidung, das Verfahren einzustellen, „das Gesetz verletzt bzw. unrichtig angewendet“ habe.
Rolle des Bundes soll beleuchtet werden
Neben dem Fortsetzungsantrag an die Staatsanwaltschaft Innsbruck bringe der Verbraucherschutzverein in Wien gleichzeitig auch eine Sacherverhaltsdarstellung gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, Ex-Gesundheitsminister Anschober (Grüne), Ex-Innenminister und nun Bundeskanzler Nehammer und Tirols Landeshauptmann Günther Platter (beide ÖVP) ein, erklärte der Obmann des Verbraucherschutzvereines, Peter Kolba.
Weitere Erhebungen wurden neben Platter unter anderem gegen den ehemaligen Obmann des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl, seinen Nachfolger, den TVB-Geschäftsführer und den Landessanitätsdirektor beantragt. „Damit soll auch die Rolle des Bundes bei dem Ischgl-Chaos untersucht werden. Wir lassen nicht zu, dass die Justiz versucht diesen Skandal zu vernebeln und damit das Signal aussendet, dass Amtsträger Narrenfreiheit haben“, so Kolba.