Bernhard Tilg
APA/EXPA/Johann Groder
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Politik

Landtag: Kein Misstrauen gegen Tilg

Der Landtag hat am Mittwoch den Misstrauensantrag gegen den wegen des Coronavirus-Krisenmanagements massiv in die Kritik geratenen Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) abgelehnt. Außerdem wurde die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission zum Krisenmanagement in der Causa Ischgl beschlossen.

Landesrat Bernhard Tilg stand bei der Landtagssitzung im Fadenkreuz der versammelten Opposition. Einen „gefährlichen Gefährder“ wegen der Causa Ischgl nannte ihn SPÖ-Chef Georg Dornauer. Dieselbe Bezeichnung verwendete Dornauer für Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber.

Georg Dornauer Bürgermeister Sellrain
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Georg Dornauer bezeichnete Tilg als „gefährlichen Gefährder“

„Wir Tiroler sind nicht so, wie wir im Ausland dargestellt werden“, spielte Dornauer auf zahlreiche internationale Medienberichte zu Ischgl an und warf dem Landesrat, Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und der Behörde einmal mehr vor, frühzeitige Warnungen aus Island quasi in den Wind geschlagen zu haben.

Markus Abwerzger
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FPÖ-Obmann Markus Abwerzger ließ kein gutes Haar an Tilg

Heftige Kritik auch von anderen Oppositionsparteien

„In jedem anderen Land Europas oder in jedem anderen Bundesland wären sie schon gegangen worden“, ritt auch FPÖ-Obmann Markus Abwerzger heftige Attacken. Nicht minder scharf die Angriffe von Liste-Fritz-Klubchefin Andrea Haselwanter-Schneider: „Ihr Rücktritt ist seit Jahren überfällig. Corona hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Es hat unglaubliche Fehlentscheidungen gegeben. Wenn Sie Anstand haben, treten Sie zurück.“

Andrea Haselwanter-Schneider
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Andrea Haselwanter-Schneider vermisst Anstand bei Bernhard Tilg

Über viele Menschen, die sich in Ischgl und Tirol infiziert hatten, sei „Leid gebracht“ worden. „Das Problem ist, dass Sie die Menschen nicht mögen. Sie können sich nicht in Menschen hineinversetzen“, meinte Haselwanter-Schneider in Richtung Tilg. In dasselbe Horn stieß NEOS-Landessprecher Oberhofer: „Wir entziehen Tilg das Vertrauen.“

Regierungsparteien nehmen Tilg in Schutz

Die ÖVP stellte sich hinter ihren Landesrat. Der Schuldige könne nicht der Gesundheitslandesrat sein, nahm Klubchef Jakob Wolf Bezug auf die weltweite Dimension des Coronavirus. Es gehe darum, die Dinge aufzuarbeiten, aber man müsse fair sein. Und diese Fairness lasse die Opposition vermissen, indem sie Tilg bereits jetzt das Misstrauen ausspreche – zu einem Zeitpunkt, an dem die Kommission noch nicht einmal mit ihrer Arbeit begonnen habe.

Auch die Grünen wollten nicht den Stab über Tilg brechen, wenngleich die Verteidigung verhalten ausfiel. Ja, in Sachen Ischgl seien Fehler passiert, so Klubobmann Mair. Es sei eben nicht – wie Tilg in der Vergangenheit immer wieder betonte – alles richtig gemacht worden. Niemand werde sich nach entsprechender Aufklärung der „politischen Verantwortung entziehen“ können.

Gebi Mair
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Gebi Mair ortet Fehler in Sachen Ischgl

Kein Kommentar von Tilg bei Landtagssitzung

Tilg selbst meldete sich in der Debatte nicht zu Wort. Vor der Misstrauensabstimmung waren Anträge auf geheime und namentliche Abstimmung am „Veto“ von ÖVP, Grünen und SPÖ gescheitert.

Bernhard Tilg
Zeitungsfoto.at
Bernhard Tilg verzichtete auf eine Wortmeldung

Die Landtagssitzung fand wegen der Coronavirus-Maßnahmen im Saal Dogana des Innsbrucker Congresses statt – teils unter Verwendung von Schutzmasken und mit entsprechenden Abständen zwischen den Tischen.

Die Oppositionsparteien FPÖ, Liste Fritz und NEOS hatten am Montag den Rücktritt von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) gefordert. Tilg ist ihrer Meinung nach völlig überfordert. Tilg selbst lehnte einen Rücktritt allerdings ab – mehr dazu in LR Tilg (ÖVP) denkt nicht an Rücktritt.

Ausschuss zur Causa Ischgl mehrheitlich angenommen

Nach emotionaler Debatte wurde auch die Expertenkommission zur Untersuchung des Krisenmanagements des Landes beschlossen. Zuvor hatten die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne zusammen mit der SPÖ einen Abänderungsantrag eingebracht, wonach der Schweizer Krisenmanager Bruno Hersche und der ehemalige Richter Josef Geisler mit der Zusammensetzung beauftragt werden. Damit fand ein wochenlanges politisches Hickhack um Besetzung und Prozedere vorerst sein Ende.

Zuletzt hatte es auch innerhalb der Grünen heftig rumort – der Landesparteivorstand empfahl mehrheitlich, dem Antrag nicht zuzustimmen. Vor allem die Unabhängigkeit von Geisler war zuletzt stark angezweifelt worden. Dieser hatte vor der Landtagswahl im Jahr 2018 für Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im Personenkomitee geworben – mehr dazu in Grüne: Schlechte Vorzeichen für Kommission.

Zustimmung der Grünen zu SP-Vorschlag

Die Grünen bekundeten in der Debatte zwar ihr Bauchweh, stimmten dann aber doch mit. Geisler sei schließlich von der SPÖ vorgeschlagen worden – und nicht von der ÖVP, argumentierte Klubobmann Gebi Mair. Wäre er von der Volkspartei vorgeschlagen worden, hätte man ihn wegen der Platter-Unterstützung ablehnen müssen. Besser sei nun „eine Kommission, als gar keine Kommission“ – so der Tenor der Grünen, die auch auf Bedingungen bei der Besetzung wie Internationalität verwiesen.

Mair sowie sein ÖVP-Pendant Jakob Wolf attackierten die Oppositionsparteien FPÖ, NEOS und Liste Fritz. Das ursprüngliche Modell, wonach jede Partei Experten nominiere, sei gescheitert, weil diese eben keine unabhängigen, internationalen Fachleute nannten. „Sie wollten eine Politkommission“, so Wolf in Richtung Opposition. Nur die Rolle von SPÖ-Chef Georg Dornauer lobte er.

Jakob Wolf hält ein Bild von Josef Geisler in Händen
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Jakob Wolf lobt Rolle von SP-Obmann Dornauer

Vorwürfe an und von anderen Oppositionsparteien

Letzterer warf wiederum seinen Oppositionskollegen Anpatzversuche von „honorigen Persönlichkeiten“ wie Geisler vor. Diese konterten, der SPÖ-Chef sei der ÖVP auf den Leim gegangen.

„Jakob Wolf hat ein falsches, dreckiges Spiel gespielt“, so FPÖ-Obmann Markus Abwerzger. Renommierten Persönlichkeiten für die Kommission, die bereits feststanden, habe man peinlicherweise wieder absagen müssen. Die ÖVP habe Angst vor tatsächlicher Aufklärung: „ÖVP heißt Österreichische Vertuschungspartei.“ „ÖVP und Aufklärung – das ist ein Gegensatz an sich“, meinte auch Liste-Fritz-LAbg. Markus Sint und stellte klar: „Lieber keine Kommission als eine solche.“

Dominik Oberhofer
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Dominik Oberhofer ortet ein falsches Zeichen an die Welt

Das Polithickhack sei ein fatales Zeichen an die Welt, erklärte NEOS-Landessprecher Dominik Oberhofer. Ein ebenso fatales Zeichen sei Geisler, weil dieser als Präsident des Tiroler Fußballverbandes ständig mit dem Land um Förderungen verhandle und daher nicht unabhängig sein könne.