Es sei vor allem auch den Menschen im Hintergrund – etwa dem Wahlkampfleiter und den mit ihm Wahlkämpfenden – zu verdanken, dass das Ergebnis in dieser Form gelungen sei, so der amtierende Bürgermeister. Das alles wiege umso mehr, als die vergangenen Zeiten nicht leicht gewesen seien, spielte Willi auf die durchaus turbulenten vergangenen Jahre im Innsbrucker Gemeinderat an, seit seine Viererkoalition im Jahr 2021 zerbrochen war.
Der Wahlsieg gehe außerdem auf das Konto aller, die auf der Liste standen. Gemeinsam habe man schließlich das erreicht, was man eben erreichen wollte: „Wir gehen heute als erste Partei bei der Gemeinderatswahl ins Ziel, und ich gehe als erster Bürgermeisterkandidat in die kommende Stichwahl am 28. April.“ Die Grünen erreichten rund 19 Prozent der Stimmen – mehr zum Wahlergebnis der Listen- und Bürgermeisterdirektwahl unter Grüne und Anzengruber klare Wahlgewinner.
Willi: „Unheimliche Dinge sind passiert“
Der Wahltag habe auch weitere positive Ergebnisse gebracht: „Die FPÖ hat nur noch einen Sitz im Stadtsenat, und das ‚Gerechte Innsbruck‘ wird nicht mehr im Gemeinderat vertreten sein.“ Heute seien insgesamt „unheimliche Dinge passiert“, und es gehe nunmehr darum, auch in den nächsten Tagen bis zur Stichwahl Einsatz und Kraft unter Beweis zu stellen.
„Wir müssen uns jetzt noch einmal voll reinhängen“, rief er seinen Anhängerinnen und Anhängern zu, ehe diese wieder „Georg, Georg, Georg“ riefen und sodann zur eigentlichen Wahlfeier schritten.
Anzengruber freut sich über mehr als 10.000 Stimmen
Auch die Weggefährten und Mitstreiterinnen von Anzengruber versammelten sich, um ihren „Hannes“ zu feiern. Der Auftritt auf der Bühne dürfte wohl vorbereitet gewesen sein, umrahmten doch die Rede des Politikers zwei emotionale Videos, die Anzengrubers Visionen präsentierten und einen Rückblick auf den Wahlkampf boten.
Anzengruber, der von „So sehen Sieger aus“-Rufen begleitet wurde, erklomm die mit weißen Luftballons umgebene Bühne. Er dankte seinen Unterstützern mit den Worten: „Ihr seid Spitze. Das ist nur gegangen, weil ihr so mega seid.“ Das Ziel, 10.000 Stimmen auf sich zu vereinen, sei erreicht, freute sich der Ex-ÖVP-Vizebürgermeister – der eine „Gaudi“ hatte.
Sein Dank richtete sich insbesondere an seine „Großfamilie“ und Mitstreiterin Mariella Lutz, die er schließlich als „Frau Stadträtin“ auf der Bühne begrüßte. Nun gelte es, authentisch zu bleiben, man habe immer für die Sache gekämpft. Schließlich holte Anzengruber alle anwesenden Kandidatinnen und Kandidaten von JA – Jetzt Innsbruck auf die Bühne. Anzengruber eröffnete schließlich die Wahlfeier mit einem lauten „Party“-Ruf.
FPÖ erfreut trotz Verluste
Etwas verhaltener fiel die Wahlparty bei der FPÖ aus. Die Freiheitlichen brachten es auf 15,21 Prozent und damit auf über drei Prozentpunkte weniger als 2018. Spitzenkandidat Markus Lassenberger zeigte sich trotzdem erfreut. „Wenn man das Wahlergebnis anschaut, dann hat sich das nur ein wenig nach unten verändert“, sagte er. Es handle sich nur um 400 Stimmen, und man könne dennoch davon ausgehen, dass viele Menschen die Politik der Blauen gut fänden. Das Wahlergebnis sei keine Niederlage, sondern ein Neustart.
Umfragen hatten im Vorfeld ein deutlich stärkeres Abschneiden der FPÖ vorhergesagt. Das tatsächliche Ergebnis zeige, dass man auf Umfragen nichts geben könne, meinte Lassenberger. „Scheinbar ist das ein Auslaufmodell, das in Zukunft nicht mehr greifen wird.“ Er wolle vor nächsten Wahlgängen als Partei keine Umfragen mehr in Auftrag geben. Wichtig sei das, was am Wahltag herauskomme, und das sei die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler.
Konkret sieht er das Wahlergebnis als Linksruck in der Innsbrucker Stadtpolitik. „Dass linke Parteien zulegen und die bürgerlichen Parteien scheinbar verlieren, ist ein bisschen eigenartig. Ich hatte ein anderes Gefühl, aber am Ende des Tages haben die Wähler entschieden“, so der FPÖ-Spitzenkandidat. Jetzt müsse man schauen, welche Koalitionen zustande kommen könnten und wer die Stichwahl gewinnt. Eine Wahlempfehlung wolle er vorerst nicht abgeben.
Enttäuschung bei Das Neue Innsbruck
Florian Tursky von Das Neue Innsbruck brachte es bei der Listenwahl auf 10,15 Prozent. Im Vorfeld lagen die Erwartungen deutlich höher. Ebenso wie das Wahlkampfbudget: Rund 700.000 Euro dürfte die Liste investiert haben – und damit mehr als alle anderen. Nach der langjährigen Trennung mit der ÖVP-Abspaltung Für Innsbruck und dem Tiroler Seniorenbund gab es unter Tursky eine Wiedervereinigung mit der Volkspartei. Allerdings schied der bisherige Vizebürgermeister Anzengruber aus und kandidierte mit einer eigenen Partei.
Nach der Wahl am Sonntag kommt Das Neue Innsbruck auf nur vier Mandate. Das ist ein starker Verlust, berücksichtigt man die bisherige Mandatsstärke der Fraktionen. In der noch laufenden Periode kommen das von Christine Oppitz-Plörer geführte Für Innsbruck (7), die Volkspartei (5) und der Seniorenbund (1) auf insgesamt 13 Mandate. Bei der Wahlparty war die Enttäuschung dementsprechend durchaus spürbar. „Wir haben uns alle ein besseres Ergebnis erhofft, erwünscht und auch erwartet. So gesehen ist die negative Überraschung am heutigen Tag groß“, sagte der ehemalige Staatssekretär Tursky.
Turskys Team sei mit vielen Freiwilligen unglaublich motiviert gewesen. Das habe möglicherweise auch getäuscht, meinte er: „Wir haben vielleicht auch zu wenig gesehen, dass dieser Neuanfang, den wir verkörpern wollten, von der Bevölkerung nicht so gesehen wurde und wir ihnen das zu wenig kommunizieren konnten.“ Daraus wolle er lernen. Am Montag starte man mit der Analyse des Ergebnisses und der Planung der zukünftigen Arbeit. Es gehe darum, konstruktiv, ohne Streit, Stillstand und Chaos zu arbeiten.
SPÖ feierte Spitzenkandidatin
Die Wahlparty der SPÖ war von Jubelchören und „Elli, Elli, Elli“-Rufen begleitet. Nach langer Durststrecke zeigte sich Spitzenkandidatin Elisabeth Mayr dankbar für das Vertrauen. Nach 10,32 Prozent bei der Wahl 2018 brachten es die Sozialdemokraten auf 13,58 Prozent. „Wir sind einfach da, wir sind gut, und ich habe das beste Team“, sagte Mayr zum für viele durchaus überraschenden Ergebnis.
Sie glaube fest an einen Neustart für die Stadtpolitik, nicht nur für die Sozialdemokratie. Laut Mayr sehnen sich die Menschen nach einem Brückenbauen, und das habe die Bevölkerung auch verdient. Eine Wahlempfehlung wolle die SPÖ nicht abgeben. Sie gratulierte Willi und Anzengruber und meinte: „Ich wünsche mir, dass sie inhaltlich sagen, wohin die Reise geht und welchen politischen Stil sie später für die Zusammenarbeit in der Stadt anbieten können“, so Mayr.
NEOS enttäuscht über verpassten Einzug
NEOS-Spitzenkandidatin Julia Seidl bezeichnete das Wahlergebnis als „bitter“. Mit rund 3,5 Prozent der Stimmen verpassten die Pinken die Vierprozenthürde und flogen damit aus dem Gemeinderat. Bisher waren sie mit zwei Mandaten vertreten. „Wir hätten uns gedacht, dass es sich ausgeht, ich war immer der Meinung, dass es knapp wird, aber dass es so knapp wird, ist natürlich schade für uns und für mich.“
Das Ergebnis zeige, dass die Parteien links und rechts der Mitte auseinanderdriften. Außerdem sei der Vierkampf um den Bürgermeistersessel der Kandidaten Willi, Lassenberger, Anzengruber und Tursky für NEOS schwierig gewesen. Schließlich stehe die Partei nicht mit Streitereien im Vordergrund, sondern mit sachorientierter Politik.
Bisher galten Städte wie Innsbruck als klassisches Wählerreservoir der liberalen Partei. Doch die Großstädte hätten sich zuletzt stark geändert, meinte Seidl. Gerade in Innsbruck mit vielen abgespaltenen ehemaligen ÖVP-Listen sei es für alle herausfordernd. „Ich glaube, dass es aktuell sehr, sehr schwierig ist, mit Inhalten und Themen die Menschen davon zu überzeugen, dass wir gute Lösungen für die Stadt hätten.“
Depaoli: „Ihr habt uns nicht verdient“
Einige Stunden nach der Wahl reagierte Gerald Depaoli von Gerechtes Innsbruck in einem Facebook-Video auf das Ergebnis. Für seine Fraktion sei es eine Enttäuschung. Man habe sich immerhin sechs Jahre lang im Gemeinderat ins Zeug gelegt und vielen Leuten helfen können. „Leider Gottes wurde es nicht honoriert.“ Er bedanke sich nicht bei jenen, die ihm das ganze Jahr auf die Schultern klopfen und ihn dann bei der Wahl nicht wählen.
Alles in allem sei zu überlegen, inwieweit man sich zukünftig noch so für die Leute einbringen werde. Er habe mit seinem Team alles versucht und über 100 Prozent gegeben, bedankte er sich bei den Unterstützerinnen und Unterstützern. Offenbar wollten es die Innsbrucker nicht, wie er im Video sagte. „Liebe Innsbrucker, ihr habt uns, Leute, wie wir es sind, mit Handschlagqualität, bodenständig und rustikal, ihr habt uns gar nicht verdient.“ Er überlege sich, wie es weitergeht und ob man die Fraktion am Leben erhalte.
In einer Aussendung teilte Gerechtes Innsbruck Montagfrüh mit, dass es die Partei auch weiterhin geben werde. Auch wenn man über kein Antrags- bzw. Anfragerecht verfüge, wolle man als außerparlamentarische Opposition aktiv bleiben. Wie diese genau aussehen wird, werde sich zeigen. Gerechtes Innsbruck fühle sich jenen verpflichtet, die ihm das Vertrauen schenkten, so Depaoli.
Große Freude bei KPÖ über drei Mandate
Die Kommunistische Partei (KPÖ) sprach mit Spitzenkandidatin Pia Tomedi von einem „unglaublichen“ Ergebnis. Mit 6,7 Prozent konnte die KPÖ die Vierprozenthürde nehmen und mit drei Mandaten in den Gemeinderat einziehen. Die Freude war riesengroß. Jetzt gehe die Arbeit erst richtig los. „Wir nehmen diesen Auftrag gerne an, in Zukunft im Gemeinderat diese Stimme zu sein, die sich für leistbares Wohnen einsetzt und schaut, dass das Thema auf der Tagesordnung bleibt.“
Tomedi wolle jeden sinnvollen Antrag zu günstigem Wohnen auf jeden Fall unterstützen. Die KPÖ sei eine Partei, die auf Sachpolitik Wert lege und weniger auf Emotionen setze. „Die Leute wünschen sich eine ehrlichere, sozialere und nahbare Politik“, erklärte sie den Erfolg der Dunkelroten. Das habe bereits das Wahlergebnis bei der Gemeinderatswahl in Salzburg im März gezeigt. Seit zwei Jahren biete die KPÖ in Innsbruck Sprechstunden für Wohnen und Soziales, was einen großen Teil zum Abschneiden am Sonntag beigetragen habe.