Lawine Vent
Polizei Tirol
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Chronik

Große Betroffenheit nach Lawinenunglück

Nach dem Lawinenunglück am Donnerstag in Vent mit drei Toten ist die Betroffenheit nicht nur im Ötztal groß. Auch unter den Alpinisten stellt man sich die Frage, ob man dieses Unglück hätte vermeiden können. Indes ermittelt die Polizei den genauen Unglückshergang.

Es war ein gewaltiges Schneebrett, das sich gegen 11.00 Uhr offenbar von selbst löste. Drei Skitourengeher aus den Niederlanden, die mit weiteren 14 Tourengehern und vier Bergführern zur Martin-Busch-Hütte aufstiegen, wurden von der Lawine erfasst. Sie wurden teils metertief begraben und konnten nur noch tot geborgen werden – mehr dazu in Drei Tote nach Lawinenabgang im Ötztal.

Nairz: „Eine nasse Lockerschneelawine“

Der Lawinenexperte des Landes, Patrick Nairz, sah sich das 180 Meter lange und 80 Meter breite Schneebrett auf Fotos genau an: „Es handelt sich um eine nasse Lockerschneelawine, die in einem extrem steilen ostseitigen Gelände abgebrochen ist. Die Lawine hat sich in der Sturzbahn immer weiter vergrößert, und ist auch dann teilweise brettmäßig gebrochen. Und diese nassen Schneemassen haben sich dann im Tal ergossen, wo die Personen im Aufstieg zur Hütte waren.“

Gerade am Donnerstag, am Unglückstag, machte der Lawinenwarndienst explizit auf die Gefahr von Gleitschneelawinen aufmerksam – mehr dazu in Gefahr von Gleitschneelawinen bleibt groß. Die hohen Temperaturen und bis zu drei Meter Schnee auf den Bergen seien generell ein Nährboden für Lawinen, die von selbst abgehen, ohne dass Skitourengeher etwas dazu tun. Auch in Vent habe sich die Lawine von selbst gelöst, berichteten Bergretter. Patrick Nairz rät deshalb, wie so oft, zu einer Tourenplanung, die im Frühjahr einen frühen Start beinhaltet.

ABD0057_20240411 – S…LDEN – …STERREICH: ZU APA0323 VOM 11.4.2024 – Michael Haid (Polizei), Ernst Schšpf (BŸrgermeister Sšlden), Franz Josef Fiegl (Bergrettung) am Donnerstag, 11. April 2024, anl. einer PK nach dem Lawinenabgang in den …tztaler Alpen. Bei einem Lawinenabgang in den …tztaler Alpen in Sšlden in Tirol (Bezirk Imst) sind drei Wintersportler aus den Niederlanden ums Leben gekommen. Zudem wurde eine weitere verschŸttete Person mit Verletzungen ins Krankenhaus Zams geflogen. – FOTO: APA/MARKUS STEGMAYR
APA/MARKUS STEGMAYR
Eine eilig einberufene Pressekonferenz in Sölden am Tag des Unglücks.

Bergretter spricht von „Restrisiko im Gebirge“

Im Ötztal, speziell im Raum Sölden, ist die Betroffenheit über den Tod von drei niederländischen Urlaubern groß. Vier Bergführer waren engagiert, um die 17-köpfige Gruppe zu führen. Alle vier sind Einheimische und sie gelten als erfahren. Josef Fiegl, der Ortsstellenleiter der Bergrettung Sölden, sprach bei einer einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag in Sölden von einem „Restrisiko“, das man im Gebirge immer habe: „Ich würde das als Restrisiko einschätzen. Das sind extrem routinierte Bergführer, die tagtäglich unterwegs sind. Ich kenne diese vier auch persönlich. Und wenn Sie mich fragen, ich wäre da heute auch hineingegangen ohne irgendein Kopfweh. Leider ist es anders verlaufen.“

Allerdings gibt es auch andere Wortmeldungen, die den ORF Tirol erreichten. So ist unter Bergkundigen etwa die Frage aufgetaucht, ob die Bergführer mit der Urlaubergruppe nicht zu spät – die Lawine ging um 11.00 Uhr ab – unterwegs waren. Da gab es schon hohe Temperaturen und Sonneneinstrahlung. Eine Skitour nach 11.00 Uhr sei in keinem Fall ratsam, hieß es in Emails an die Redaktion.

Polizei führt in den nächsten Tagen Befragungen durch

Derzeit ist die Polizei damit beschäftigt, den genauen Unglückshergang zu erheben. Die Alpinpolizei befragt alle Mitglieder der Skitourengruppe und die vier Bergführer. Die Staatsanwaltschaft wird im Anschluss prüfen, ob ein Fehlverhalten der Skitourenführer vorlag, ob ihnen Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. Geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass kein Fehlverhalten vorliegt, wird das Verfahren eingestellt.

Im anderen Fall, wenn der Verdacht auf Fahrlässigkeit vorliegt, wird ein Strafantrag bei Gericht eingebracht und das Gericht entscheidet über Schuld- oder Freispruch.