Mechanikerin – Frau in technischem „Männerberuf“
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Bildung

Gesetz verankert höhere Fach-Abschlüsse

Am ersten Mai soll das neue Bundesgesetz über die Höhere Berufsbildung in Kraft treten. Damit können Interessierte nach einem Meistertitel weitere staatlich anerkannte Abschlüsse erwerben, die als gleichwertig zu denen einer Fachhochschule oder Universität gelten. Fachausbildungen könnten dadurch attraktiver werden, hofft man.

Das neue Gesetz ist Mitte Dezember vergangenen Jahres einstimmig im Nationalrat beschlossen worden und soll bald in Kraft treten. Lehrabsolventinnen und -absolventen können damit in Zukunft als Fachkräfte nach ihrer Lehre- und Meisterprüfung zusätzliche stattlich anerkannte berufspraktische Bildungsabschlüsse erwerben, die gleichwertig wie jene aus dem Hochschul-System sind.

Nationaler Qualifikationsrahmen

Der Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) teilt Bildungsabschlüsse in acht Niveaustufen. Dadurch können Qualifikationen leichter miteinander verglichen werden. Auf Level 6 befindet sich zum Beispiel der Bachlelor-Abschluss, gleichwertig mit dem Meisterbrief.

Aufwertung gegen Fachkräftemangel

Bereits bisher gab es in vielen Berufszweigen die Möglichkeit, nach einem Meister (Stufe 6) noch weitere Zusatzausbildungen dran zu hängen – mehr dazu in Friseurlehrlinge am Weg zum „Doktortitel“. Allerdings waren diese nicht im Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) verankert – sprich: Nicht offiziell anerkannt. Mit dem neuen Gesetz wird das anders.

Für den Lehrlingskoordinator der Tiroler Wirtschaftskammer, David Narr, erfüllt sich ein lange verfolgter Plan. Er hofft, dass diese Gleichstellung eine Lehre noch attraktiver macht – gegen den Fachkräftemangel: „Natürlich muss nicht jeder die höchste Qualifikationsstufe erreichen, aber wer das will, sich bereit dafür fühlt und das betrieblich machen kann, der hat jetzt die Möglichkeit dazu. Das ist richtig und wichtig.“

Höhere Berufsbildung
Wirtschaftskammer Tirol
Das geplante berufspraktische Bildungssystem im Vergleich mit dem akademisch-schulischen System

Fokus auf Fachkompetenz und Praxis

Auch bei dieser Höheren Weiterbildung soll, wie auch bei der bisherigen Berufsausbildung, die Praxis im Fokus stehen. Bis das Gesetz in Kraft tritt, werden die Details erarbeitet: „Bis zum ersten Mai müssen wir diese formalen Abschlüsse benennen – etwa ‚Doctor Professional‘ oder das ‚Höhere Fachdiplom‘ auf Stufe acht. Gleichzeitig installieren wir derzeit die Ausbildungen“, so Narr.

Die Kurse sollen von anerkannten beruflichen Bildungseinrichtungen wie dem WIFI Tirol Schritt für Schritt geschaffen werden, erklärte er. Akkreditierte Prüfungsstellen sollen dann die formalen Abschlüsse vergeben. Noch gilt es viele der Rahmenbedingungen zu erarbeiten. Unis imitieren wolle man mit den neuen Bildungsstufen jedenfalls nicht, betonte Narr: „Die Fachkräfte sollen in ihrem System bleiben, aber im Qualifikationsrahmen die gleichen Stufen wie jemand mit universitärer Ausbildung erreichen können. Die Ausbildungsarten sind zukünftig gleichwertig, nicht gleichartig.“

Meisterbrief
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
In Zukunft muss für eine Meisterprüfung keine Prüfungsgebühr mehr bezahlt werden

Keine Prüfungsgebühren mehr

Neben dem in Kraft tretenden Gesetzt gibt es seit 1. Jänner 2024 bereits eine andere Änderung in der Ausbildung: Die Prüfungsgebühren für Erst- und Zweitantritte zu Meisterprüfungen (Handwerke) und Befähigungsprüfungen (andere Gewerbe) sind abgeschafft worden. Bisher waren dafür teilweise mehrere tausend Euro zu bezahlen. Bereits gezahlte Gebühren zwischen 1. Juli und Jahresende 2023 werden zudem rückerstattet.

HTL-Tischler-Schüler in einer Werkstatt
APA/HERBERT PFARRHOFER
Die Betriebe wollen zukünftig verstärkt in den Bezirken selbst um Lehrlinge werben

Lehrberufe: Verstärktes Werben in Bezirken

Was die Werbung für die Lehre angeht, kündigte der Lehrlingskoordinator an, in Zukunft noch mehr in den Bezirken präsent zu sein. Ein Schulterschluss der Sozialpartner sorge hier in Zukunft für noch mehr Sichtbarkeit, erklärte David Narr: „In den Bezirken sind wir sehr gut strukturiert – die Ausbildungsbetriebe kennen die Schulen, die Lehrer kennen die Betriebe… die Wege sind kurz und nachhaltiger und für alle, die Interesse an einer dualen Ausbildung haben, leichter zu erreichen. Man sieht dadurch, dass Ausbildungen in jedem Dorf angeboten werden können“, betonte er.