Angeklagter in Prozess vor Gericht
APA/MARKUS STEGMAYR
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Chronik

Lebenslange Haft nach Mord an Lkw-Fahrer

Ein 36-jähriger Lkw-Fahrer ist am Mittwoch am Landesgericht Innsbruck wegen Mordes nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er soll im Mai 2023 einen Kollegen in Inzing (Bezirk Innsbruck-Land) nach einem Streit mit mehreren Messerstichen getötet haben.

Dem 36-jährigen Polen wurde zur Last gelegt, im Mai 2023 auf einem Autobahnparkplatz in Inzing einen 35-jährigen Landsmann nach einem Streit mit mehreren Messerstichen getötet zu haben.

Der Angeklagte, der zum Tatzeitpunkt stark alkoholisiert gewesen war, konnte sich bei der Befragung durch Richterin Helga Moser an wenig erinnern. Es könne aber „gut sein“, dass er zugestochen und seinen Arbeitskollegen mit einem Messer verletzt habe, gab der polnische Lkw-Fahrer zu Protokoll. Er schließe es nicht aus.

Angeklagter sprach von „Filmriss“

Sein Geständnis vor der Polizei sei aber in dieser Form größtenteils eine erfundene Geschichte gewesen, sagte der Mann. Zu ebendieser habe ihn die Exekutive auch bei der Einvernahme gedrängt. Wahr sei hingegen, dass er einen Filmriss gehabt habe und sich nach dem gemeinsamen Essen an nichts mehr erinnere.

„Meine Erinnerung setzt erst wieder ein, als ich ein Messer vergraben habe“, so der Angeklagte. Zudem tischte der Pole auch eine bisher nicht bekannte, überraschende Version des Tathergangs auf: Es habe neben ihm auch noch einen weiteren „unbekannten Mann“ gegeben, der seinen Kollegen verletzt habe, behauptete er.

Staatsanwältin plädierte auf Mord

Für die Staatsanwältin Andrea Walder stellte sich der Fall in ihrem Eröffnungsplädoyer hingegen eindeutig dar. „Die beiden Arbeitskollegen haben sich zum Feierabend bei der Raststätte verabredet und wollten etwas gemeinsam essen und trinken“, sagte sie. Später sei es unter Einfluss von Bier und Wodka zu einem „Kräftemessen“ gekommen, im Anschluss dann zu einem handfesten Streit.

Der Angeklagte habe seinem Opfer schließlich im Auto einen „ersten Stich“ versetzt und, als dieser floh, im Freien zwischen zwei Fahrzeugen die weiteren elf Stiche. „Er hat es zumindest in Kauf genommen, dass sein Kollege dabei stirbt“, erklärte die öffentliche Anklägerin und plädierte auf Mord.

Verteidiger: Keine Mordabsicht

Der Verteidiger des Angeklagten, Roland Seeger, stellte die Messerstiche nicht in Abrede. „Mein Mandant spricht allerdings nur von drei Stichen.“

Es habe aber zu keinem Zeitpunkt eine Mordabsicht gegeben, man müsse aufgrund des erheblichen Alkoholkonsums von Totschlag ausgehen. Zudem habe sich der Angeklagte in einer heftigen Gemütsbewegung befunden.

Zwölf Stiche mit erheblicher Wucht

Unbestritten sei jedenfalls, dass die Stiche „mit einer erheblichen Wucht ausgeführt worden sind“, führte Gerichtsmediziner Walter Rabl in seinem Gutachten aus. Er ließ auch keinen Zweifel daran, dass es zwölf Stiche gewesen seien. Unter anderem sei ein heftiger Stich in die linke Herzhälfte erfolgt, so Rabl.

Die großen Erinnerungslücken des Angeklagten ließen sich für ihn nicht erklären. „Er war ähnlich berauscht wie das Opfer, bei dem es rund zwei Promille Alkohol im Blut waren.“ Bei einer Alkoholgewöhnung seien dabei noch zielgerichtete Handlungen möglich, eine vollständige Berauschung habe nicht vorgelegen.

Keine mildernden Umstände

Richterin Helga Moser führte in ihrer Urteilsbegründung keine mildernden Umstände ins Treffen. Der Angeklagte sei schließlich nicht wirklich geständig gewesen, meinte sie. Auch seine Alkoholisierung ließ sie nicht gelten, nachdem der 36-Jährige wisse, dass er unter Alkoholeinfluss aggressiv reagiere.

Zudem habe er die Tat mit einer Waffe ausgeführt, begründete sie die Entscheidung für die Höchststrafe. Nach einer kurzen Unterredung mit dem Angeklagten kündigte der Verteidiger eine Nichtigkeitsbeschwerde an.

Toter erst am nächsten Tag in Fahrerkabine entdeckt

Der 36-Jährige hatte in Einvernahmen nach seiner Festnahme angegeben, dass er und sein späteres Opfer stark alkoholisiert in eine Auseinandersetzung geraten waren. Er habe sich mit einem Messer zur Wehr gesetzt, nachdem ihn sein Kontrahent geschlagen habe. Anschließend setzten sich die beiden in ihre Fahrzeuge und der Angeklagte schlief ein.

Der 35-Jährige erlag jedoch in der Fahrerkabine des Klein-Lkw seinen schweren Verletzungen. Er wurde erst am nächsten Tag entdeckt. Dem Polen hatte im Fall eines Schuldspruchs eine Freiheitsstrafe zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslange Haft gedroht – mehr dazu in A12: Leiche mit Stichverletzungen gefunden.