Anton Mattle
APA/Roland Schlager
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Politik

LH Mattle für Koalition mit SPÖ im Bund

LH Anton Mattle (ÖVP) befürwortet eine Koalition der Volkspartei mit der SPÖ nach der kommenden Nationalratswahl. Auf Bundesländerebene – etwa in Tirol – zeige sich, dass das gut funktioniere, erklärte Mattle im APA-Interview. Noch sei SPÖ-Chef Andreas Babler aber ein Stück weit entfernt von dem Weg, den die ÖVP gehen könne, so Mattle.

Aus Sicht von Mattle wäre eine Koalition mit der SPÖ ein brauchbares, gutes Modell. SPÖ-Chef Andreas Babler sei zwar „noch ein Stück weit entfernt von jenem Weg, den die ÖVP gehen kann“, aber es gelte, einen Weg und ein Andocken zu finden, so Mattle.

Der SPÖ-Bundesparteivorsitzende werde schließlich auch in die Aufgabe hineinwachsen. „Er wird wissen, dass man Partner braucht“, meinte der Tiroler Landeshauptmann in Richtung des SPÖ-Chefs. Dass sich die schwarz-rote Tiroler Landesregierung zuletzt mit der rot-schwarzen Kärntner Landesregierung in Lienz traf, wollte Mattle – neben Fragen der engeren Zusammenarbeit – erneut als Signal Richtung Bundesebene verstanden wissen: „Das war ein Signal, das es wahrzunehmen gilt. Es wurde auch wahrgenommen.“ Mehr dazu in Regierungskonferenz von Tirol und Kärnten.

Babler beim Bundesparteitag
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Andreas Babler wurde heuer zum neuen Parteivorsitzenden der SPÖ gewählt

Zusammenarbeit mit FPÖ für Mattle bisher ausgeschlossen

Von der FPÖ hatte sich Mattle in der Vergangenheit scharf abgegrenzt. Im Land schloss er eine Koalition nach der Landtagswahl 2022 aus. Im Bund ging er einen Schritt weiter als viele ÖVP-Granden. Er schloss nicht nur eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl aus, sondern auch mit der FPÖ an sich im Falle der Beibehaltung des blauen Parteiprogrammes und schob den Freiheitlichen damit einen gänzlichen Riegel vor.

Bleibt es dabei? Er habe nie eine mögliche Koalition mit den Freiheitlichen generell ausgeschlossen, erklärte der Tiroler Landeschef. Sondern eben mit der Person Kickl und dem blauen Programm. Hier gehe es um ein paar Kernbereiche, bei denen er nicht mitkönne – etwa in Fragen der europäischen Integration sowie der Migrationspolitik.

Herbert Kickl
ORF
Bei der Migrationspolitik sind Herbert Kickl und Anton Mattle verschiedener Meinung

ÖVP in Umfragen deutlich abgeschlagen hinter FPÖ

Allzu viel Hoffnung, dass die ÖVP bei der kommenden Wahl auf Platz eins landen wird, scheint der Tiroler Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteiobmann derzeit nicht zu haben: „Die aktuellen Umfragen machen es uns sehr schwierig, in diese Position zu kommen. Der Abstand ist sehr groß. Es ist durchaus eine sehr große Herausforderung, aber ein Optimismus bleibt.“

Es gehe nun darum, die Politik der Mitte in den Mittelpunkt zu stellen, ohne zu polarisieren. Den Parteien in der Mitte gelinge es derzeit nicht, die Menschen mit kurzen Botschaften abzuholen, diagnostizierte Mattle. Die in den Umfragen mit großem Abstand auf dem ersten Platz liegende FPÖ hingegen verstehe es, auf komplexe gesellschaftliche Fragen einfache Antworten zu geben, die aber nicht die gesamte Wahrheit enthalten würden. Die Freiheitlichen seien weit mehr als der rechte Rand, eine klassische rechtspopulistische Partei, so Mattle.

Unterstützung für Parteiobmann Nehammer

Nicht ausschließen wollte Mattle auf Nachfrage jedenfalls, dass auch eine Koalition jenseits der erstplatzierten Partei gebildet werden könnte. „Solche Modelle hat es in Österreich schließlich schon gegeben“, sagte er. Einmal mehr stellte sich der Landeshauptmann deutlich hinter Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer. Dieser werde der Spitzenkandidat der Volkspartei sein.

Der derzeit vor Gericht stehende Ex-Bundeskanzler und frühere ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz sei zwar ein großes politisches Talent gewesen, in seiner Zeit. Aber nun sei Nehammers Zeit, sprach sich Mattle erneut gegen mitunter kursierende Gerüchte aus, Kurz könnte im Falle eines Freispruchs doch noch das ÖVP-Ruder übernehmen.

Sebastian Kurz und Karl Nehammer
APA/Erwin Scheriau
Aus Sicht von Mattle ist die Zeit von Sebastian Kurz bei der ÖVP vorbei. Er stellte sich voll hinter Karl Nehmammer.

Schützenhilfe von Wolfgang Sobotka

In der Causa des nach Bekanntwerden eines Tonbands, auf dem der verstorbene Justizsektionschef Christian Pilnacek Vorwürfe gegen die ÖVP erhoben hatte, unter Druck geratenen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) verteidigte Mattle seinen Parteifreund indirekt. Erst einmal müssten Fakten recherchiert und Dokumente dargelegt werden.

Man dürfe nicht von vornherein Menschen an den Pranger stellen. „Es gibt einen völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Tonbandmitschnitt. Und Aussagen aus dem U-Ausschuss, die sich durchaus widersprechen. Wo liegt die Wahrheit?“, fragte der Tiroler Landeshauptmann.

Mattle für verstärkten Deutschunterricht bei Asylwerbern

In der Diskussion über die Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbern für gemeinnützige Arbeit ortete Mattle unterdessen in seinem Bundesland derzeit keinen akuten Handlungsbedarf: „Alle Plätze, die in Tirol zu besetzen waren, sind besetzt.“ Man werde sich die Dinge erst einmal anschauen, wollte der Landeschef dem „Vorarlberg-Kodex“ nicht gleich einen „Tirol-Kodex“ folgen lassen.

Sehr wohl müssten aber Deutschunterrichtseinheiten stärker besucht werden, in Tirol versuche man zudem über eine Onboarding-Stelle, Asylwerber und Asylberechtigte mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit in den Regelarbeitsmarkt zu integrieren – mehr dazu in Zugewanderte sollen früher arbeiten dürfen.

Für bundeseinheitliche Lösung bei Asylkodex

Vor allem aber brauche es in Sachen Asylkodex eine bundeseinheitliche Lösung, drängte Mattle. Es habe keinen Sinn, hier unterschiedliche Länderregelungen aufzusetzen, der Landeschef befürchtet einen Austausch von Asylwerbern und Migranten innerhalb des Bundesgebietes.

Die Landesräte Mario Gerber, Rene Zumtobel, Cornelia Hagele, Anton Mattle, Georg Dornauer, Eva Pawlata, Astrid Mair und Josef Geisler
APA/EXPA/Johann Groder
Seit vergangenem Jahr regiert in Tirol eine Koalition von ÖVP und SPÖ

Mit Arbeit der Landesregierung zufrieden und selbstkritisch

Mit der Arbeit seiner seit Oktober 2022 amtierenden Landesregierung aus ÖVP und SPÖ zeigte sich Mattle zufrieden, aber auch selbstkritisch. Keineswegs habe man alle Energie nur auf Baustellen wie das pleitegegangene Dienstleistungsunternehmen des Gemeindeverbandes, GemNova, das verschuldete Matrei in Osttirol, die Strompreisdiskussion rund um die TIWAG und die Zillertaler „Wasserstoffbahn“ verwenden müssen.

„Wir sind bisher technologieoffen an die Energiewende herangegangen“, erinnerte der Landeshauptmann etwa an die „Photovoltaik-Offensive“. Auch arbeite man konsequent an dem Vorhaben des Rechts auf Kinderbildung und Kinderbetreuung ab dem zweiten Lebensjahr. 2026 soll das Ganze umgesetzt sein, im kommenden Jahr wolle man vor allem in den Ausbau der Infrastruktur investieren, mit Pilotregionen starten sowie vor allem ein „Mitarbeiter-Recruiting-Programm“ aufsetzen.

Budgetrede wird sich Verwaltungsreform widmen

Die „Neujahrsklausur“ der Landesregierung Mitte Jänner werde sich vor allem der von ihm bereits in der Budgetrede im Landtag im Dezember ventilierten Verwaltungsreform widmen. Im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprozesses wolle man sich anschauen, wie gut und bürgernah die Tiroler Landesverwaltung funktioniere.

Auch gehe es um die Digitalisierung von Prozessen. „Die Menschen sollen das Amt der Tiroler Landesregierung als große Servicestelle erkennen“, gab Mattle die Zielrichtung vor.

Mattles Äußerungen für Abwerzger ein „Unding“

Scharf reagierte Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger auf die Aussagen Mattles. Es sei bezeichnend, dass Mattle offenbar mit dem Marxisten Babler weniger Probleme habe als mit der konservativen FPÖ, meinte Abwerzger gegenüber der APA. Das überrasche ihn aber auch nicht, denn: „Mattle ist gesellschaftspolitisch eindeutig links und gehört generell dem eher vernachlässigbaren linken Flügel der ÖVP an.“

Angesichts des geringen Stellenwertes und der wenig gewichtigen Stimme des Tiroler Landeshauptmannes in der Bundespartei glaube er aber, dass diesen in Sachen Koalitionsbildung ohnehin „niemand fragen“ werde. Mattles Äußerungen seien ein „Unding“, er lege ihm „mehr Respekt vor den Wählern bzw. dem Wählervotum“ an Herz. Letzteres sei abzuwarten.

Markus Abwerzger
ORF
Markus Abwerzger bezeichnete die Äußerungen Mattles als „Unding“

Für die FPÖ sei die Devise klar: „Wir wollen klar Erster werden. Mit so viel Abstand, wie nur irgendwie geht. Dann kehrt vielleicht auch in der Hofburg Vernunft ein“, richtete Abwerzger zudem Bundespräsident Alexander Van der Bellen aus. Die stärkste Kraft habe den Regierungsbildungsauftrag zu erhalten.