20er
ORF Tirol
ORF Tirol
Medien

Straßenzeitung „20er“ kämpft ums Überleben

Der „20er“ steht aktuell vor großen finanziellen Herausforderungen. Die Krisen der vergangenen Jahre haben die Tiroler Straßenzeitung schwer gebeutelt, die Verkaufszahlen gehen zurück. Damit ist nicht nur ein Qualitätsmedium, sondern auch ein großes soziales Projekt in Gefahr.

Dieses Jahr feiert der „20er“ sein 25-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat er bereits viele Krisen durchgestanden. Derzeit sei die Lage besonders kritisch, sagt die Chefredakteurin Rebecca Sandbichler: „Wir erleben eine massive Teuerung, die wir alle spüren. Gleichzeitig haben wir das nicht durch höhere Umsätze ausgleichen können. Es ist eine allgemein schwierige Lage am Markt, die wir als kleine Straßenzeitung ohne Förderung von der öffentlichen Hand massiv spüren.“

Das Problem sei aber vielschichtig. Was dazu kommt, ist, dass viele Menschen kein Bargeld mehr dabei haben. Der „20er“ will aber wie viele andere Straßenzeitungen auch das Thema bargeldloses Bezahlen angehen.

20er Zeitung
ORF Tirol
Der aktuelle „20er“ (Oktober-Ausgabe). In der Ausgabe im November wird anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums hinter die Kulissen geblickt.

Wichtige soziale Funktion

Diese Entwicklung schlägt sich natürlich bei den Verkäuferinnen und Verkäufern nieder. 600 sind insgesamt registriert, 250 würden derzeit aktiv die Zeitung verkaufen. Es gebe durch die Teuerungen auch bei ihnen privat einen großen finanziellen Druck. Das Team des „20er“ verzeichnet einen großen Zustrom. Das Aus der Zeitung hätte fatale Folgen, so Sandbichler: „Weil der ‚20er‘ so eine wichtige Pufferfunktion hat. Wir sind für Menschen da, die am Rand der Gesellschaft sind und die abgesehen von wichtigen Sozialorganisationen nicht viele Stellen haben, an die sie sich wenden können. Wir sind oft die erste Anlaufstelle. Bricht das weg, wird man das auch gesellschaftlich spüren.“

Straßenverkäufer 20er
ORF Tirol
Ivan Horvath verkauft die Straßenzeitung seit 20 Jahren in der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck

Hilfeschrei nach außen

Die Lage sei so ernst, dass sich der „20er“ hilfesuchend an sein Netzwerk und die Politik gewandt hat. „Wir müssen jetzt etwas tun. Ich glaube, wir wollen nicht in zwei oder drei Jahren zurückblicken und sagen ‚schade um dieses Projekt‘. Wenn man 25 wird, will man auch 50 werden“, so Sandbichler.

Rebecca Sandbichler
ORF Tirol
Rebecca Sandbichler ist seit 2019 Chefredakteurin beim „20er“

Der „20er“ habe nur mit der Unterstützung der Leserinnen und Leser eine sichere Zukunft. Die Chefredakteurin appelliert deshalb daran, den Verkäuferinnen und Verkäufern nicht nur eine Spende zu geben, sondern tatsächlich die Zeitung zu kaufen. Nur so werde das Projekt unterstützt und könne sich langfristig über Wasser halten. Sandbichler wünscht sich für die Zukunft wieder „mehr Luft zum Atmen. Wir sind auch journalistisch leidenschaftlich dabei. Es gibt so viele Zukunftsthemen, die wir angehen wollen.“

Auszeichnung als Mutmacher

Hinter dem „20er“ steht ein gemeinnütziger Verein. Die Zeitung steht für tiefgehende Recherchen, Hintergründe und Themen, die in anderen Medien oftmals keinen Platz finden und erfüllt gleichzeitig eine wichtige soziale Funktion. Für seine Leistungen hat die Straßenzeitung den mit 10.000 Euro dotierten Arthur-Haidl-Preis von der Stadt Innsbruck verliehen bekommen. Mehr dazu unter Auszeichnung für Straßenzeitung „20er“. Es sei eine wunderbare Anerkennung, so Sandbichler: „Dieser Preis ist für uns ein Mutmachpreis.“