Vizebürgermeister Johannes Anzengruber im Gemeinderat
ORF
ORF
Politik

ÖVP: Karten keine unmittelbare Spende

Nach der umstrittenen Verteilung von „Erlebnis Cards Tirol“ durch Innsbrucks ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber könne nun laut Landespartei nach rechtlicher Prüfung ausgeschlossen werden, dass es sich um eine unmittelbare Spende an die ÖVP im Sinne des Parteiengesetzes gehandelt hat. Anzengruber gab sich reserviert und will nun selbst prüfen.

Nicht ausgeschlossen werde jedoch, dass es sich bei der Übergabe der Karten durch die digital card solutions GmbH um eine Spende an einen Abgeordneten gemäß des Parteiengesetzes handelt, das habe die Prüfung durch einen renommierten Rechtsexperten ergeben, so ÖVP-Landesgeschäftsführer Sebastian Kolland. "Um etwaigen Schaden von der Tiroler Volkspartei abzuwenden, habe ich mit Vizebürgermeister Johannes Anzengruber vereinbart, dass – sollte der Rechnungshof bzw. der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat aufgrund der Weitergabe der „Erlebnis Cards Tirol" Forderungen gegenüber der Volkspartei erheben – diese vollumfänglich von Johannes Anzengruber übernommen werden“, so Kolland.

Anzengruber gab ebenfalls Überprüfung in Auftrag

Anzengruber reagierte nach der Mitteilung Kollands prompt, aber reserviert und monierte, dass ihm das Gutachten – das laut dem Vizestadtchef von Anwalt Werner Suppan, der die ÖVP häufig vertritt, verfasst worden war – nicht vorgelegt wurde. „Das Gutachten wurde mir seitens Kolland weder ausgehändigt noch zum Durchlesen vorgelegt. Ich habe in der Zwischenzeit den Landesgeschäftsführer aufgefordert, mir das Gutachten zur Verfügung zu stellen“, teilte Anzengruber mit. Besonders optimistisch zeigte er sich hier jedoch nicht: „Nachdem ich aber damit rechnen muss, dieses nicht ausgehändigt zu bekommen, habe ich eine eigene rechtliche Überprüfung in Auftrag geben.“ Auch ging Anzengruber nicht darauf ein, dass er – wie laut Kolland vereinbart – im Falle des Falles die Kosten für die „Erlebnis Cards“ übernehmen werde.

Kolland zeigte sich wiederum daraufhin gegenüber der APA verwundert über die Aussagen Anzengrubers. „So wie mit Johannes Anzengruber vorab vereinbart, habe ich das Ergebnis der juristischen Prüfung gestern ausführlich mit ihm besprochen. Warum er nunmehr das Gegenteil behauptet, ist für mich nicht nachvollziehbar“, erklärte der Landesgeschäftsführer. Anzengruber habe jederzeit die Möglichkeit, das Prüfergebnis erneut einzusehen, so Kolland.

Begleitschreiben zieht Vermittlerrolle in Zweifel

Anzengruber hatte rund 1.100 Stück dieser Karten, mit denen diverse Vergünstigungen für Freizeitaktivitäten in Tirol angeboten werden, an Pflegebedienstete, Feuerwehrmitglieder, und Mitglieder anderer Blaulichtorganisationen verteilt. Er betonte, dass er nur als Vermittler tätig geworden sei und die Karten weder der Stadt noch ihm persönlich geschenkt worden waren. In einem Begleitschreiben an einen Teil der Beschenkten wurde der Vizebürgermeister jedoch folgendermaßen zitiert, was die Vermittlerrolle in Zweifel ziehe: „Gerne schenke ich euch eine Karte, mit der die vielen verschiedenen sportlichen, kulinarischen, touristischen und kulturellen Abenteuer noch bis Ende des Jahres erlebbar sind.“

Der Geschäftsführer der „Erlebnis-Card“ habe ihm die Karten zur Verfügung gestellt, so der ÖVP-Politiker – mehr dazu in Bonus-Karten verteilt: Juristisches Nachspiel

Andere Innsbrucker Gemeinderatsfraktionen übten indes scharfe Kritik am ÖVP-Vizebürgermeister und verlangten Aufklärung. Grünen-Bürgermeister Georg Willi leitete eine Prüfung des Vorganges durch die Rechtsabteilung der Stadt hinsichtlich der Einhaltung von Compliance-Regeln in die Wege.

Auch offener Brief sorgte für Unruhe

Ob die Beziehung Anzengruber-ÖVP die Gemeinderatswahl im kommenden Frühjahr überdauern wird, ist indes mehr als fraglich. Denn das Verhältnis des Stadt-Vizes zur Landes- wie Stadt-ÖVP gilt derzeit auch abseits der Verteilaktion als angespannt. Der Grund: Der Vizebürgermeister hatte zuletzt in einem publik gewordenen „Offenen Brief“ an Landesparteiobmann Landeshauptmann Anton Mattle diesem ausgerichtet, Bürgermeisterkandidat bei der Gemeinderatswahl im kommenden Frühjahr und damit Herausforderer von Willi werden zu wollen. Außerdem drängte er auf eine Mitgliederbefragung, um diese Frage zu klären. Die schwarzen Granden und die Liste „Für Innsbruck“, mit der man an einer „bürgerlichen Plattform“ bastelt, wollen offensichtlich jemand anderen ins Rennen schicken.

Kolportiert, aber bis dato nicht bestätigt, wurde immer wieder Staatssekretär Florian Tursky. Die Landes-ÖVP reagierte jedenfalls sehr verärgert über Anzengrubers Vorgehen, schließlich traf sich dieser Tage zuvor mit Mattle zu einem persönlichen Gespräch. Man sah die Inhalte einer vertraulich geführten Unterredung veröffentlicht.