Ein Wasserstoff LKW fährt auf der Straße
ORF Tirol
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Verkehr

Wasserstoff im Straßenverkehr nicht ideal

Erste Wasserstoff-Lkws sind bereits auf Tirols Straßen unterwegs. Dass sie sich im Straßenverkehr durchsetzen, ist laut Fachleuten allerdings wenig wahrscheinlich. Denn Wasserstoff wird etwa in der Industrie und im Flugverkehr dringender gebraucht. In Italien setzt man hingegen weiterhin auf diese Technologie.

Allein auf der Inntalautobahn fahren jedes Jahr rund drei Millionen Lkws, die immense Mengen an CO2 ausstoßen. Zwischen 1990 und 2021 erhöhte sich der jährliche CO2-Ausstoß im Straßenverkehr laut Eurostat EU-weit um 21 Prozent. Die CO2-Emissionen von Lkws und Bussen erhöhten sich um 28 Prozent. Der Verkehr nimmt nach wie vor stark zu.

Wasserstoff vor allem für die Industrie

Um den CO2-Ausstoß zu verringern, setzen manche Transportunternehmen auf Wasserstoff als Antriebsform. Aus dem Auspuff kommt in diesem Fall nur Wasserdampf. Dennoch werde sich die Technologie wohl nur eingeschränkt durchsetzen, so Expertinnen und Experten. Denn Wasserstoff werde etwa in der Industrie dringender gebraucht, zum Beispiel als Alternative zu Erdgas.

„Wasserstoff wird ein ganz wichtiger Grundstoff sein für die Stahl- und die Düngemittelindustrie. Da brauchen wir dringend Wasserstoff, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. In der Mobilität gibt es andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel batterieelektrische Antriebe. Und die sind auch viel effizienter als Wasserstoff“, sagt Peter Brandl vom Arbeitsbereich Intelligente Verkehrssysteme an der Universität Innsbruck gegenüber ORF Tirol.

Hoher Energieverlust bei Produktion

Die Produktion von Wasserstoff ist energieintensiv. „Wenn ich so einen Wasserstoff-Lkw mit grünem Wasserstoff betreibe, habe ich eine Effizienz von ein bisschen über 20 Prozent – das ist also extrem gering. Das mache ich nur, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, etwa bei Spezialtransporten oder langen Distanzen“, so Brandl. Batterien hingegen hätten eine Effizienz von 60 bis 70 Prozent, die Eisenbahn mit Oberleitungen sogar 90 Prozent.

Sparsam und effizient mit Energie umzugehen wird in Zukunft noch wichtiger werden, erklärt Wolfgang Streicher, Professor für energieeffizientes Bauen und erneuerbare Energien an der Universität Innsbruck. „Wenn wir bis zum Jahr 2050 fossile Energien um 70 Prozent einsparen, werden wir doppelt so viel Strom brauchen wie heute.“ Das würde sich nur ausgehen, wenn erneuerbare Energien noch viel weiter ausgebaut werden und wenn so viel eingespart wird wie nur möglich, also wenn der vorhandene Strom effizient verwendet wird.

Ein Wasserstoff LKW steht auf einem Parkplatz
ORF Tirol
Wasserstoff gilt nur dann als umweltfreundlich, wenn der Strom aus nachhaltigen Energiequellen stammt

Zwei Tankstellen in der Umgebung

In ganz Tirol gibt es eine Wasserstofftankstelle in Völs (Bezirk Innsbruck-Land). Italiens einzige Wasserstofftankstelle steht in Bozen. Derzeit werden dort vor allem Autos und Busse und nur wenige Lkws betankt. Die Wasserstoffbranche ist in Südtirol dennoch optimistisch. In den kommenden Jahren möchte man weitere Tankstellen in Italien bauen.

Der Geschäftsführer des Wasserstoffzentrums Bozen, Claudio Vitalini, sagt: „Die Zukunft ist wahrscheinlich bunt. Pkws werden sicher mehr mit Strom betrieben. Bei schwereren Fahrzeugen wie Bussen, Schwer-Lkws oder Schiffen – da ist Wasserstoff am meisten gefragt.“ Manche Hersteller, etwa der bayrische Lkw-Bauer MAN, glauben mittlerweile eher an die Zukunft des Elektroantriebs als an die von Wasserstoff.

Oberleitungen auf Autobahnen

Eine Alternative zu Sprit aber auch zu Wasserstoff könnten Oberleitungen für Lkws auf Autobahnen sein. Auf Versuchsstrecken in Deutschland wird diese Technologie bereits getestet. „Alle Techniker, mit denen man spricht, sehen das als eine sehr gute, gangbare, billige Lösung an. Hochgeschwindigkeit und Oberleitung ist im Zugverkehr normal“, so Wolfgang Streicher.

Oberleitungen für Lkw auf einer Autobahn in Deutschland
RTBF
In Deutschland wurden auf ersten Versuchsstrecken auf Autobahnen Oberleitungen errichtet

Transitproblem nicht gelöst

Am Beispiel der Brennerroute sei allerdings eher die Frage, ob man nicht besser den Verkehr auf die Schiene verlagere, anstatt sich mühsam zu überlegen, wie man die Autobahn elektrifizieren kann, gibt Verkehrsplaner Brandl zu bedenken. Oberleitungen gebe es bei der Bahnstrecke bereits. Doch bei der Verlagerung auf die Schiene gibt es noch viel Aufholbedarf – mehr dazu: Brennerkorridor: Zu viele Hindernisse. Der Verkehr auf der Schiene sei etwa noch zu wenig planbar.

Egal auf welche Technologie umgestiegen wird, den Verkehr wird sie nicht reduzieren, aber er kann dadurch nachhaltiger werden. Trotzdem gelte es zuerst den Verkehr zu verringern und zu verlagern, sagen die Fachleute. Das sei am umweltfreundlichsten.