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Politik

GemNova und Schöpf weiter im Kreuzfeuer

Bei der mit einem Sanierungsverfahren konfrontierten GemNova, einem Dienstleistungsunternehmen des Gemeindeverbandes, sollen sich weitere Finanzlöcher auftun. Die Opposition nimmt daher den Gemeindeverbandspräsidenten Ernst Schöpf und die ÖVP ins Visier.

Das in einem gerichtlichen Sanierungsverfahren befindliche Dienstleistungsunternehmen des Tiroler Gemeindeverbandes, GemNova, steht weiter in der Schusslinie – und mit ihr Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf (ÖVP). Zuletzt beschloss der 40-köpfige Vorstand des Gemeindeverbandes wegen einer im Verfahren geforderten höheren Sanierungsquote eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrages der Gemeinden – mehr dazu in Gemeindeverband hält an GemNova fest. Nun sollen sich weitere Finanzlöcher auftun. Zudem steht eine Finanzspritze des Landes aus dem Jahr 2012 in Diskussion.

Laut einem Bericht der „Tiroler Tageszeitung“ (Montagsausgabe) sollen damals 320.000 Euro vom Land zunächst nicht direkt an die mittlerweile mit rund 6,7 Millionen Euro an Verbindlichkeiten schwer verschuldete GemNova geflossen sein, sondern über die Gemeinde Sölden, in der Ernst Schöpf Bürgermeister ist. Erst danach sei der Betrag an die GemNova gegangen. Schöpf war für die APA vorerst nicht erreichbar.

GemNova Gemeinde
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Die GemNova wurde 2010 als Dienstleistungsunternehmen des Gemeindeverbandes gegründet

„Alles legal vollkommen abgelaufen“

Schöpf verteidigte sich im APA-Gespräch am Abend vehement. Eine „Direkt-Bezuschussung“ an den Gemeindeverband sei gemäß dem Regulativ des Gemeindeausgleichsfonds (GAF) nicht möglich bzw. vorgesehen. Auch nicht an ein Unternehmen des Gemeindeverbandes wie die GemNova. Sehr wohl hingegen an eine oder mehrere Gemeinden. Deshalb habe man einen „Umweg“ gewählt und das Geld damals – weil quasi naheliegend – über die Gemeinde Sölden an die GemNova fließen lassen. Des gesamte Geld habe natürlich die GemNova bekommen, dies sei alles klarerweise vollkommen legal abgelaufen.

Schöpf kritisiert Härting scharf

Indes fuhr Schöpf schwere Geschütze auf, vor allem gegen den Gemeindeverbands-Vizepräsidenten und Telfer Bürgermeister Christian Härting (ÖVP), der ihn in der Causa mehrmals öffentlich kritisierte. Dieser betreibe ein „mieses und lausiges Spiel“, agiere „boshaft“ und „mathematisch kalkulierend aus karrieretechnischen Überlegungen“ – und das mit „bestimmter medialer Unterstützung“.

Das Thema, eigentlich „wirtschaftlich relativ undramatisch“, werde seit Monaten „medial hochgespielt“ und somit ein Unternehmen unnotwendigerweise und unverhältnismäßig nachhaltig beschädigt. Aber er werde sich zu wehren wissen, so Schöpf, ein Rücktritt als GV-Präsident komme überhaupt nicht infrage. Nun sei zunächst mal seine ganze Konzentration darauf ausgerichtet, die Causa gut über die Bühne zu bringen und abzuwickeln.

Ernst Schöpf beim ORF-Interview
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Der Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes, Ernst Schöpf, steht wegen der GemNova einmal mehr unter massiver Kritik

Land bestätigte Zahlungen

Das Land bestätigte indes auf APA-Anfrage Zahlungen aus dem Jahr 2012 an die Gemeinde Sölden in der genannten Höhe, und zwar „im Rahmen des Gemeindeausgleichsfonds“. „Die Auszahlung erfolgte unter dem Titel ‚Gemeindekooperation/ Beschaffungsplattform für Gemeinden‘ und wurde als Bedarfszuweisung abgewickelt“, hieß es.

Tochterfirma ebenfalls betroffen

Auch fördere das Finanzgeflecht des Gemeindeverbandsunternehmens laut „TT“ weitere Finanzlöcher zu Tage und werfe Fragen auf. Die Konzernmutter habe derzeit fünf Beteiligungen über 100 Prozent. Die gemeinnützige Bildungspool-Gesellschaft (Freizeitbetreuung und Schulassistenz) habe der GemNova 2,7 Mio. Euro überwiesen, um die Liquidität aufrechtzuerhalten. Deshalb weise die Bildungspool-Gesellschaft ebenfalls ein negatives Eigenkapital von 1,3 Mio. Euro auf. Die GemNova selbst habe gegenüber der Bildungspool hohe Verbindlichkeiten, hieß es.

GemNova Gemeindeverband
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Das Firmenkonstrukt der GemNova ist mit mehreren, teils offenbar ebenfalls finanziell angeschlagenen Subfirmen, in Schieflage

Die Tochtergesellschaften bilanzierten indes laut dem Bericht überwiegend negativ. In den Berichten zur Insolvenz sei zudem von fehlenden Gesellschafterbeschlüssen über Informationen, die Feststellung der Jahresabschlüsse oder die Entlastung des GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb die Rede. Der Gemeindeverband hatte angekündigt, Klage gegen Rathgeb auf Geschäftsführer-Haftung einbringen zu wollen. Nur Schöpf soll im Vorstand dagegen gestimmt haben.

FPÖ fordert einmal mehr Transparenz

Die Opposition nahm den Bericht zum Anlass, um Schöpf und die ÖVP ins Visier zu nehmen. FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger zeigte sich „erbost“. Er forderte Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) auf, am Dienstag bei einer außerordentlichen Besprechung im Landhaus „alle Fakten auf den Tisch zu legen, umgehend.“ Kein Euro vom Land dürfe mehr fließen, bis die „dubiosen Geldflüsse“ aufgeklärt seien. Die „Skandalfirma“ GemNova sei ein Produkt der ÖVP, Schöpf müsse gehen.

Liste Fritz spricht von „jahrelanger Misswirtschaft“

Auch die Liste Fritz forderte „ernsthafte Konsequenzen für Geschäftsführung und Gemeindeverband“. Für Klubobmann Markus Sint wurden „Misswirtschaft und die Missstände in der GemNova jahrelang durch die politischen Verstrickungen und Verfilzungen zwischen ÖVP-Landeshauptmann, ÖVP-dominierter Landesregierung sowie ÖVP-Bürgermeister und Gemeindeverbandspräsident Schöpf ermöglicht, gedeckt und verheimlicht.“

Im Juli-Landtag soll der entsprechende Beschluss zur Freigabe der Gelder erfolgen. Im Gegenzug soll es eine Beteiligung in noch unbekannter Höhe durch das Land geben. Auch der Gemeindeverband soll 500.000 Euro zuschießen. Sint kündigte an, dass seine Partei der Finanzspritze des Landes im Juli-Landtag nicht zustimmen werde.

Grüne sehen möglichen Straftatbestand

Für Grünen-Klubchef Gebi Mair wird das Finanzdebakel zum „rechtlich relevanten Krimi“. „Zahlungen der Gemeinde an ein privates Unternehmen ohne Gegenleistung könnten sogar zum strafrechtlichen Tatbestand der Untreue führen“, mutmaßte Mair zu jenen 320.000 Euro, die Fragen aufwerfen würden. Schöpf müsse „dringend aufklären, wie die Zahlungen an die GemNova in seiner Gemeinde verbucht wurden.“

NEOS verlangen Rücktritt Schöpfs

NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer forderte den Rücktritt Schöpfs. Rathgeb und Schöpf hätten „über die Jahre mit den Tochterunternehmen der GemNova ein internes, intransparentes Finanzierungssystem aufgebaut, das jetzt in sich zusammenbricht“, griff Oberhofer zu scharfen Worten.