Lkw auf Brennerautobahn
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Verkehr

Widerstand gegen Fahrverbote aus Südtirol

Die Handelskammern von Bozen und Trient haben am Dienstag gegen die Tiroler Lkw-Fahrverbote mobil gemacht. Gemeinsam mit „Uniontrasporti“ legen sie eine Studie vor, welche den wirtschaftlichen Schaden für italienische Unternehmen beziffern soll.

Die Studie soll belegen, dass die Maßnahmen wie das Nachtfahrverbot, das sektorale Fahrverbot und das Wochenendfahrverbot einen wirtschaftlichen Schaden von 251,6 Mio. Euro jährlich für italienische Unternehmen verursachen. Die Tiroler Maßnahmen seien „illegal und schädlich“ und würden Tiroler Transportunternehmen Vorteile verschaffen, da der Ziel- und Quellverkehr von den Maßnahmen ausgenommen ist.

Betont wurde zudem, dass sich die Luftwerte seit 2020 verbessert hätten und damit die Voraussetzungen für die Tiroler Fahrverbote nicht mehr gegeben seien. Das Nachtfahrverbot widerspreche zudem der Logik, den Verkehr besser zu verteilen und damit die Auswirkungen zu verringern. Zudem würden die Verbote das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern. Eine Abfuhr erteilten die bei der Pressekonferenz am Dienstag Anwesenden dem sogenannten Lkw-„Slot-System“ auf der Brennerachse- mehr dazu in Slot-System rein politische Entscheidung.

Europarechtler übt Kritik an Beihilfen für die ROLA

Europarechtler Peter Hilpold von der Universität Innsbruck sah anderweitig einen weiteren Verstoß gegen EU-Recht. Dies betreffe die Beihilfen für die sogenannte Rollende Landstraße (ROLA) auf der Strecke Wörgl-Brennersee. Bezüglich der ROLA sprach man sich zudem für längere Strecken aus. Die lediglich 67 Kilometer lange ROLA von Wörgl bis Brennersee binde unnötig Bahnkapazitäten für Langstreckentransporte.

ROLA Zug
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Die ROLA-Strecke von Wörgl bis zum Brenner ist relativ kurz

Hilpold übte hinsichtlich der gesamten Transitproblematik heftige Kritik an der EU-Kommission. Diese sollte nicht nur Schiedsrichter, sondern Garant für die Einhaltung der Regeln sein, sei stattdessen aber seit Jahren inaktiv und versuche nicht, den Konflikt zwischen zwei Mitgliedsstaaten zu schlichten. Der Weg zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) sollte nur der letzte Ausweg sein.

Zumtobel spricht von destruktiver Argumentation

Der Tiroler Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) sprach in einer ersten Reaktion von einer destruktiven Argumentation der italienischen Frächterlobby. Diese Verfolge offenbar nur ein Ziel: freie Fahrt der Lkws über den Brenner, koste es was es wolle. Man habe mit 2,5 Millionen Lkws über den Brenner drei Mal so viel Schwerverkehr als in der gesamten Schweiz und sei damit längst an der Belastungsgrenze angelangt.

Während dem freien Warenverkehr zahlreiche Alternativen zur Verfügung stünden, sei der Schutz der Gesundheit alternativlos. Deshalb halte man an den Fahrverboten fest. Gleichzeitig arbeite man intensiv an der Ausarbeitung des digitalen Verkehrsmanagements zusammen mit Südtirol und Bayern. „Die Anhebung der Lkw-Maut in Deutschland und Italien auf das österreichische Niveau würde zudem zu einer Verlagerung und damit einer spürbaren Entlastung über den Brenner führen“, so Zumtobel.

ROLA für Gurgiser nicht mehr zeitgemäß

Der Obmann des Transitforums Austria Fritz Gurgiser sagte am Dienstag gegenüber „Südtirol heute“ zu der Forderung des ROLA-Ausbaus, das sei keine Tiroler sondern eine italienische Angelegenheit, die italienischen Eisenbahnen hätten das seit 30 Jahren ausbauen können. Die ROLA sei kein zeitgemäßes System. Man müsse stattdessen auf moderne und zeitgemäße Verlagerungen setzen wie auf Ganzzüge oder Containerzüge, fordert Gurgiser. Ein Lkw werde nicht dazu gebaut um auf einen Zug gestellt zu werden, es fehle das Gesamtkonzept Schiene, so Gurgiser – mehr dazu in Slot-System für Gurgiser „brandgefährlich“.

Fritz Gurgiser bei Studiogespräch
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Gurgiser kritisierte auch die niedrigen Mauttarife im Brennerkorridor

Fahrverbote sind für Gurgiser rechtliche Notwendigkeit

Man habe in der EU vor allem unter dem Druck der Transitländer nur die Straße liberalisiert und nichts bei der Schiene gemacht. „Verlagert wird Steuergeld in die Schiene, zur Ablenkung, und gefahren wird auf der Straße“, so der Chef des Transitforums. Durch die engen Gebirgstäler sei es nicht möglich, rund um die Uhr zu fahren. Die Fahrverbote seien nicht gemacht um der Wirtschaft zu schaden, jedes Fahrverbot in Tirol sei gemacht aufgrund von landes-, bundes- und europarechtlicher Verpflichtungen, um die private und betriebliche Anrainerschaft in den engen Gebirgstälern zu schützen.