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Politik

Bangen um Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahl

Von 9. bis 11. Mai wählen Österreichs Studierende ihre gesetzliche Interessenvertretung. Dabei scheint die ÖH-Wahl nur wenige zu interessieren, zumindest wenn es nach der Wahlbeteiligung geht. Diese war in den vergangenen Jahren jeweils sehr niedrig. Rund 30.000 Wahlberechtigte gibt es in Tirol.

Ein ungerades Jahr und zahlreiche Wahlplakate an den Universitäten und Fachhochschulen im Land – das sind nur zwei Zeichen dafür, dass wieder eine ÖH-Wahl ansteht. Alle zwei Jahre sind die Studentinnen und Studenten dazu aufgerufen, mit der Österreichischen HochschülerInnenschaft ihre gesetzliche Interessenvertretung zu wählen. Rund 345.000 Studierende sind in ganz Österreich wahlberechtigt, in Tirol sind es Schätzungen zufolge ca. 30.000.

Das große Interesse an der politischen Entscheidung blieb zuletzt jedoch häufig aus. In den vergangenen Wahlgängen machte nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Studierenden vom Wahlrecht Gebrauch. An der Universität Innsbruck zum Beispiel verringerte sich die Wahlbeteiligung seit 2013 sehr stark. Bereits vor zehn Jahren war sie mit rund 31 Prozent bereits sehr gering. Das bedeutet, dass nicht einmal jeder dritte Student bzw. jede dritte Studentin zur Wahl ging. In den Jahren danach nahm die Zahl noch weiter ab.

Pandemie brachte Tiefpunkt der Wahlbeteiligung

2019 betrug die Beteiligung laut Universität Innsbruck nur mehr 25,5 Prozent, das heißt ein Viertel der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Stimme ab. Vor zwei Jahren wurde während der Corona-Pandemie ein Tiefpunkt erreicht. Damals machte die Wahlbeteiligung lediglich 18,5 Prozent aus. Dabei lag dieser Wert noch über dem Bundesschnitt von 15,7 Prozent.

Laut Lore Hayek, Politikwissenschafterin an der Universität Innsbruck, war der 2021 noch eingeschränkte Betrieb an den Hochschulen für die niedrige Beteiligung verantwortlich. „Ich gehe schon davon aus, dass es dieses Mal wieder höher sein wird“, sagte sie gegenüber dem ORF Tirol. Sie rechnet mit einer Wahlbeteiligung, die sich mindestens auf dem Niveau von 2019 bewegt.

ÖH in der Hochschulpolitik

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) ist die gesetzliche Interessenvertretung aller Studierenden. An den Universitäten besitzt die ÖH Mitsprache in Kommissionen, etwa bei der Gestaltung von Curricula. Darüber hinaus ist sie im Senat vertreten. Der Senat ist neben dem Rektorat und dem Universitätsrat eines der drei Leitungsorgane einer Universität.

ÖH-Wahl auf drei Ebenen:

Gewählt wird die ÖH auf drei Ebenen:
1. Die Bundesvertretung in Wien mit 55 Mandaten
2. Die Hochschulvertretung am jeweiligen Standort der Universität bzw. Fachhochschule
3. Die Studienvertretung für das entsprechende Studienfach

Wenig Bezug zur Hochschule ausschlaggebend

Ein wesentlicher Grund für den generell niedrigen Wert sei ein fehlender oder nur geringer Bezug der Studierenden zur Universität. „Während eines Masterstudiums beträgt die Aufenthaltsdauer an der Uni zum Beispiel nur zwei Jahre, da identifiziert man sich vielleicht weniger mit der Hochschule“, meint Hayek.

Zusätzlich fehle es vielen Studierenden an Wissen über die ÖH. Die HochschülerInnenschaft verstehe sich einerseits als Interessenvertretung nach innen. Dabei übe sie vor allem eine Service- und Beratungsfunktion aus. Andererseits sei sie eine Interessenvertretung gegenüber der Politik. „Und da fühlen sich viele Studierende vielleicht nicht vertreten oder wissen nicht genau, was sie mit der ÖH anfangen sollen“, so die Politikwissenschafterin.

Politisch desinteressiert seien die Studentinnen und Studenten laut Hayek aber nicht: „Die Studierenden haben offensichtlich ihre politischen Interessen nicht da, wo die ÖH ihre Schwerpunkte legt.“ Solange Wahlen frei zugänglich sind und alle die Möglichkeit haben, teilzunehmen, seien sie auch legitim. Die geringe Wahlbeteiligung mache dabei nichts aus.

Ausgangslage Universität Innsbruck

An der Universität Innsbruck sind für das Studierendenparlament 19 Mandate zu vergeben. Aktuell sind diese auf die Aktionsgemeinschaft (AG, acht Mandate), die Grünen und Alternativen Student_innen (GRAS, fünf), den Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ, vier) und die Jungen liberalen Studierenden (JUNOS, zwei) aufgeteilt. In der Wahl 2021 hatte die Aktionsgemeinschaft ihre deutliche Stimmenmehrheit verloren – mehr dazu in ÖH-Wahl: ÖVP-nahe AG verliert Absolute. Daraufhin bildete eine Koalition aus AG und JUNOS die Exekutive.

Österreichische Hochschülerschaft Innsbruck ÖH
Hermann Hammer
Die ÖH Innsbruck ist die zentrale Interessenvertretung der Studierenden der Universität Innsbruck

Zusätzlich zu den genannten Listen treten drei weitere an: der Kommunistische Studierendenverband – Linke Liste (KSV-LiLi), der Kommunistische Studierendenverband – Kommunistische Jugend (KSV-KJÖ) sowie der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS). Insgesamt sind an der Universität Innsbruck heuer 24.054 Studierende wahlberechtigt.

ÖH Innsbruck will Bewusstsein schaffen

Um beim anstehenden Wahlgang eine höhere Beteiligung zu erreichen, war es für das bestehende Vorsitzteam der ÖH Innsbruck zentral, mit den Studierenden in den Austausch zu treten. Man wolle mehr Bewusstsein dafür schaffen, was die ÖH ist und warum die ÖH-Wahl wichtig ist, meinte Anna Fill, die aktuelle Vorsitzende. „Zu diesem Zweck haben wir wieder eine ÖH Campus Tour stattfinden lassen, das heißt wir sind präsent an den Standorten und hören uns die Anliegen der Studierenden an“, sagte Fill.

Als Ziel gab sie eine Mindestanforderung aus: Man müsse die 20-Prozent-Marke wieder überspringen. „Für mich wäre ein zufriedenstellendes Ergebnis, wenn wir die 25 Prozent Wahlbeteiligung und noch mehr erreichen“, so die ÖH-Vorsitzende. Auf die Frage, ob Studierende politisch desinteressiert seien, meinte sie: „Zu einem gewissen Teil trägt sicher die Politikverdrossenheit zur niedrigen Beteiligung bei, aber auch wenn man sieht, was in der täglichen Gesellschaftspolitik passiert.“ Es sollte aber im Interesse aller sein, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, appelliert sie an die Studentinnen und Studenten.

FH Kufstein: Erstmals zwei Listen bei Wahl

Von den rund 1.800 Studierenden an der FH Kufstein sind heuer 1.537 wahlberechtigt. Zum ersten Mal treten dabei zwei Listen an. Zusätzlich zur Unabhängigen Fachschaftsliste (FLÖ) steht auch der Ring Freiheitlicher Studenten am Wahlzettel. Fabian Winter, Vorsitzender der ÖH Kufstein von der FLÖ, hofft ebenfalls auf reges Interesse seitens der Studierenden. „Früher bei nur einer Liste war die Wahlbeteiligung sehr niedrig, für uns als relativ kleine Hochschule ist dieses Mal mit zwei Listen ein höherer Erfolg möglich“, sagte er.

ÖH Wahl FH Kufstein
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An der FH Kufstein, wo am Wochenende viele Studierende berufsbegleitend ihre Kurse besuchen, öffnete bereits am 5. Mai das Wahllokal für die ÖH Wahl

Themen gebe es laut Winter genug. Egal ob die Teuerungskrise oder die Nachwehen der Corona-Pandemie: Hier müsse den Studierenden geholfen werden. Darüber hinaus zählen die Vereinbarkeit von Studium und Beruf, der Praxisbezug in den Lehrveranstaltungen, das Angebot digitaler Lehrformate sowie leistbares Wohnen zu den zentralen Themen, wie Studierende gegenüber dem ORF Tirol meinten. Wie groß letztendlich das Interesse der Studentinnen und Studenten in Tirol an der ÖH-Wahl ist und wie gestärkt die Interessenvertretung aus der Pandemie herauskommt, das zeigt sich in den kommenden Tagen.