Skipiste
Zoom.Tirol
Zoom.Tirol
Chronik

Viele besonders schwere Unfälle auf Pisten

Harter Kunstschnee auf schmalen Pistenbändern und ringsherum schneefreies, steiles Gelände sind derzeit unter anderem Ursachen für besonders schwere Unfälle auf den Tiroler Pisten. Über auffallend viele Schwerstverletzte in den vergangenen Tagen berichtete die Innsbrucker Klinik am Dienstag.

Innerhalb von nur wenigen Tagen habe es fünf Verletzte mit Querschnittslähmungen nach schweren Unfällen auf den Tiroler Pisten gegeben. Das sei in dieser Häufung ungewöhnlich. Das berichtete der Direktor der Traumatologie und Orthopädie der Innsbrucker Klinik, Rohit Arora auf Nachfrage des ORF Tirol.

Schwere Verletzungen mit Folgeschäden

„Es sind meist Urlauber, die bei uns gute Pistenverhältnisse erwarten. Die finden sie derzeit nicht vor, aber sie gehen trotzdem Skifahren. Diesen Verhältnissen sind sie nicht gewachsen. Wenn sie stürzen und von der Piste abkommen, gibt es keine Pufferzone,“ sagte Rohit Arora.

An der Klinik würden derzeit viele sehr schwer verletzte Patientinnen und Patienten behandelt. Von den elf Schockräumen, die zur Verfügung stünden, seien allein am 29. Dezember acht mit Verletzten nach Skiunfällen belegt gewesen. „Das sind alles Verletzungen wie Hirnblutungen, die Spätfolgen haben werden. Da reden wir nicht über Verletzungen, die bald wieder heilen.“

Viel los auf den Pisten

Dank guter Auslastung im Tourismus seien auch die Pisten entsprechend voll. Das sei leider auch an der Zahl der Unfälle und der besonders schwer Verletzten nach Stürzen oder Zusammenstößen in den Tiroler Skigebieten zu sehen.

Auch ins Bezirkskrankenhaus (BKH) St. Johann würden derzeit besonders viele schwer verletzte Wintersportlerinnen und Wintersportler eingeliefert. „Wir haben sehr schwere Kopfverletzungen und Verletzungen an der Wirbelsäule,“ so der Leiter der Unfallchirurgie, Primar Alexander Brunner. Es sei auffallend, dass es derzeit kaum Leichtverletzte, aber dafür so viele sehr schwer verletzte Freizeitsportler auf den Pisten gebe.

Rettungshubschrauber landet am Dach der Innsbrucker Klinik
ORF
Immer wieder bringen Rettungshubschrauber Verletzte in die Klinik Innsbruck

Unfallträchtige Pistenverhältnisse

Dass die technisch beschneiten Pisten an den Vormittagen besonders hart seien, am Nachmittag aber angesichts der frühlingshaften Temperaturen gatschig würden, was viel Kraft in den Beinen koste, könnte ebenfalls zum Unfallgeschehen beitragen. Auch dass Skifahrer und Snowboarder bei Stürzen oder Zusammenstößen außerhalb der beschneiten Pisten auf steilem, oft steinigem Gelände landen, sei gefährlich.

In Tirol wird vorsichtig bereits über teilweise Pistensperrungen nachgedacht, weil das Absichern mit Fangnetzen bei so vielen Pistenkilometern unmöglich sei. Mehr dazu in – Liftbetreiber vor schweren Entscheidungen

Aber nicht nur die Pistenverhältnisse, sondern auch Selbstüberschätzung, schlechter Trainingszustand, oder Übermüdung führten immer wieder zu schweren Stürzen oder Zusammenstößen. Das skifahrerische Können von Personen, die vielleicht fünf oder sechs Tage im Jahr im Urlaub auf Skiern oder Snowboards stehen, sei ebenfalls zu berücksichtigen, wissen Pisten- und Bergretter aus ihrer täglichen Erfahrung. „Ein Großteil der schwerverletzten Personen, die eingeliefert werden, sind Urlauberinnen und Urlauber,“ bestätigte auch Brunner.

Fragebögen zu den Unfallursachen

Am Bezirkskrankenhaus St. Johann hat man in diesem Winter begonnen, Fragebögen an weniger schwer verletzte Patientinnen und Patienten auszugeben. Auf freiwilliger Basis wird abgefragt, wie es zu den Unfällen gekommen ist. Pisten- und Wetterverhältnisse, die persönliche Einschätzung des Könnens und des Trainingszustands, die Pistentage am Stück, ob Alkohol während des Sporttages getrunken wurde und vieles mehr kann beantwortet werden.

„Damit könnten wir im Laufe der Zeit vielleicht mehr Klarheit über die Ursachen der Unfälle auf den Pisten bekommen,“ sagte Alexander Brunner und nannte ein konkretes Beispiel: Wenn sich herausstellen würde, dass der dritte Skitag am Stück besonders unfallträchtig ist, könnten Seilbahnunternehmen und Tourismus vielleicht per SMS eine Warnung schicken und auf die Gefahr der Übermüdung hinweisen. Im BKH St. Johann hofft man jedenfalls, dass möglichst viele die Fragebögen beantworten.