Die voraussichtlich massive Teuerung bei der Fernwärme Lienz sorgte vor allem bei betroffenen Kundinnen und Kunden für Ärger. Aber auch bei der Stadt Lienz zeigte man kein Verständnis für die massive Erhöhung und vor allem dafür, dass diese rückwirkend passieren soll. Eine rechtliche Prüfung soll klären, ob der Energie-Versorger rückwirkend den Preis erhöhen darf – mehr dazu in Auf Lienzer kommt sattes Preisplus zu.
Arbeiterkammer als Fernwärmekunde selbst betroffen
Die Arbeiterkammer Tirol kritisierte bereits wiederholt, dass es für Fernwärmeanlagen „im Prinzip keine gesetzlichen Regelungen gibt“, so AK-Präsident Erwin Zangerl. In Lienz sei die Bezirksstelle der Arbeiterkammer als Fernwärmekunde nun selbst betroffen.
„Wir schauen uns jetzt die AGBs an und prüfen das. Und werden notfalls stellvertretend für alle Betroffenen in Lienz vor Gericht ziehen, wenn das möglich ist“, kündigte Zangerl an. Dort sind über 5.000 Kundinnen und Kunden betroffen.
Preisanpassungen im gesamten Bundesland
Expertinnen und Experten sind sich einig, dass die Preise bei allen Fernwärmeanbietern steigen werden. Für den Großraum Innsbruck ist der Landesenergieversorger Tigas zuständig. Hier wurde der Fernwärmetarif Anfang des Jahres um 13,2 Prozent angehoben. „Die Werte für die Wertsicherung 2023 werden erst im Jänner veröffentlicht, aus heutiger Sicht ist mit einer größeren Steigerung zu letztem Jahr auszugehen“, hieß es von Seiten der Tigas. Seriöse Zahlen könnten aufgrund der „derzeitigen volatilen Preisentwicklung in allen Bereichen“ nicht genannt werden.
Neben der Tigas gibt es über ganz Tirol verteilt viele kleinere Fernwärme-, Nahwärme- und Biowärme-Anbieter. Viele beschreiben die aktuelle Situation als „turbulent“. Die Ortswärme Fügen versorgt beispielsweise 720 Menschen. Dort wurde der Preis im Juli „vorsorglich“ um acht Prozent erhöht, wie es gegenüber dem ORF Tirol hieß.
Man versuche den Preis so gut es geht zu halten. Auf lange Sicht gesehen, sei das aber schwierig. Steigende Brennstoffkosten würden sich in Indexierungen abzeichnen, so Stephan Hilber, Geschäftsführer der Fernwärme Lienz und der Bioenergie Kufstein. Auch in Kufstein werde die Preisanpassung „zwischen 30 und 50 Prozent liegen“, so Hilber.
Niedriger Gas-Anteil spielt Tirol in die Karten
Dem Netzwerk Biowärme Tirol gehören momentan 40 Betreiber von rund 80 Fernwärme-Anlagen in Tirol an. Auch dort spricht man von Preiserhöhungen. Diese seien allerdings individuell unterschiedlich. Dass der Gasanteil in der Fernwärme in Tirol niedrig ist, sei aber ein großer Vorteil. Für die Fernwärmetransportschiene der Tigas zwischen Innsbruck und Wattens betrug der Gasanteil 2021 35 Prozent. Bis 2050 soll dieser Wert reduziert werden und nur noch maximal 20 Prozent betragen.
Viele kleinere Anlagen setzen auf Biomasse oder auch industrielle Abwärme. Im Osten Österreichs, wo die Abhängigkeit von Gas höher sei, würden die Preisanpassungen teilweise deutlich höher ausfallen. Zum Beispiel die Fernwärmepreise der Wien Energie stiegen um 92 Prozent – mehr dazu in Erhöhung der Fernwärmepreise ist fix.
Gesetzlicher Eingriff laut AK notwendig
Tirolweit gibt es aktuell über 23.000 Fernwärmeanschlüsse. Bei vorhandener technischer Möglichkeit werden in Tirol Anbindungen an ein Fernwärmenetz gefördert. Problematisch betrachtet die Arbeiterkammer, dass viele Haushalte aus finanziellen Gründen gezwungen sind, einen Fernwärmeanschluss herzustellen. Somit lasse man sich oft auf ein Unternehmen ein, welches eine regionale Monopolstellung einnehme. Man müsse diese „Fernwärme-Desperados“ rechtlich einfangen, meint Zangerl.
Immerhin gebe es auch in anderen Bereichen Schutzbestimmungen für Konsumentinnen und Konsumenten. Ein Antrag für eine behördliche Regulierung von Fernwärmeunternehmen wurde bereits an das zuständige Bundesministerium übermittelt. Darin wird auch gefordert, dass Ausbaupläne von Fernwärmeanbietern rechtsverbindlich und öffentlich einsehbar werden müssen.
Export von Rohstoffen als Problem
Trotz des hohen Anteils an heimischer Biomasse in der Tiroler Fernwärme steigen die Preise teils massiv. Das liege vor allem am problematischen Markt, meinte Stephan Hilber. „Viele Mengen gehen aktuell nach Italien.“ Vor allem im norditalienischen Raum seien die Energiepreise hoch. „Und dadurch sind die Italiener bereit höhere Preise für Pellets und für den Rohstoff Biomasse zu zahlen“, so der Geschäftsführer der Fernwärme Lienz. Elisabeth Blanik, die Bürgermeisterin von Lienz, will diese Erklärung so aber nicht gelten lassen. Laut ihr gebe es in Lienz Massen an Schadholz für Hackschnitzel. „Also ich muss mich schon fragen, ob dieser Index (COICOP Anm.d.Red.) der richtige ist“, so Blanik
Ein Umstand, den auch die Arbeiterkammer massiv kritisiert. Immerhin seien Millionen an Steuergeldern in das Nasslager Ainet bzw. die Schadholzaufarbeitung in Osttirol gesteckt worden. Dass jetzt viel in das Ausland verkauft wird und sich das in weiterer Folge auf die Rohstoff- und Heizpreise auswirke, habe mit „Gier“ zu tun, so Zangerl.