Die Häuser, die auf der „Hohen Birga“ gefunden wurden, seien für die Archäologinnen und Archäologen besonders spannend. Der Haustyp sei nämlich sehr charakteristisch und die Häuser in den Hang eingetieft. „Ein Charakteristikum dieser Gebäude sind die monumentalen gewinkelten Gänge, die aus großen Steinen in Trockenbauweise errichtet und mit massiven Steinplatten abgedeckt wurden“, sagte Grabungsleiter Florian Müller vom Institut für Archäologie der Universität Innsbruck.
Über diese Korridore gelangten die damaligen Bewohnerinnen und Bewohner in die eigentlichen Innenräume. Diese waren ursprünglich aus Holz gebaut, das ist aber nach über 2.000 Jahren nicht mehr erhalten.

Selbstversorgersiedlung mit Kunsthandwerk
Die „Hohe Birga“ ist eine archäologische Ausgrabungsstätte aus der jüngeren Eisenzeit. Vor 2.000 bis 2.300 Jahren haben auf dem Hügel Menschen gewohnt: Es ist eine ehemalige rätische Siedlung. Die Räter bewohnten seit dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. den Alpenraum vom Unterengadin im Westen bis in das Virgental im Osten und bis an den Gardasee im Süden.
Die Archäologinnen und Archäologen der Universität Innsbruck schätzen, dass etwa 80 bis 100 Personen gleichzeitig auf dem Hügel gewohnt haben. Es soll eine Art Selbstversorgersiedlung gewesen sein, in der vieles vor Ort hergestellt und auch Kunsthandwerk betrieben wurde. „Aufgrund des Fundmaterials gehen wir davon aus, dass in einer Töpferei lokale Keramik hergestellt wurde und auch Schmiedehandwerk ist nachgewiesen. Wir haben diverse Schmuckobjekte gefunden, etwa Armreifen und Perlen aus Glas und Schmuck aus Bronze wie Bronzeanhänger und Bronzeketten“, sagte Müller.

Erste Ausgrabungen vor über 80 Jahren
Die Überreste der Rätersiedlung wurden bereits 1937 vom Südtiroler Oswald Menghin (1888-1973) entdeckt. Er fand mehrere oberflächlich noch gut erkennbare rechteckige Vertiefungen, die er als Mauern von Häusern deutete und unternahm eine erste archäologische Ausgrabung. Diese musste allerdings wegen des Zweiten Weltkriegs und dessen Folgen unterbrochen werden.
Erst über ein Jahrzehnt später hat sein Sohn, Osmund Menghin (1920–1989), weitere Ausgrabungen getätigt. Diese wurden allerdings auch nie abgeschlossen und wissenschaftlich ausgewertet. Das Gelände verwilderte zusehends.
Seit einigen Jahren führt das Institut für Archäologie der Universität Innsbruck neue archäologische Ausgrabungen durch. Einige Gebäude wurden bereits freigelegt – mehr dazu in Über 2.000 Jahre altes Haus freigelegt und Neue Funde auf der Hohen Birga.
Dieses Jahr konnten auch die alten Bereiche der ersten Untersuchungen wiederentdeckt werden. „Dadurch hoffen wir, die Pläne der alten Ausgrabungen mit den modern erstellten der jüngsten Forschungen zu verbinden und so einen Überblick über einen großen Bereich der Hohen Birga zu erhalten“, sagte Ausgrabungsleiter Müller.

Gelände kann besichtigt werden
Die Ausgrabungen möchten die Archäologinnen und Archäologen danach nicht einfach wieder zuschütten. Die „Hohe Birga“ soll vielmehr als archäologisches Freigelände für Besucherinnen und Besucher erlebbar gemacht werden. Manche Häuser wurden dafür schon rekonstruiert, damit man sich besser vorstellen kann, wie die Räter vor 2.000 Jahren gelebt haben. Interessierte können das Gelände jederzeit besuchen und sich dafür auch einen Audioguide auf ihr Smartphone laden.