Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen
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Politik

16 Tage gegen Gewalt an Frauen

Prävention und das Aufbrechen von Tabus sind Themen der weltweiten Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. Die Forderungen reichen von Chancengleichheit über den Rücktritt der Familienministerin bis zum Mindesteinkommen für wirtschaftliche Unabhängigkeit. Tiroler Opferschutzeinrichtungen registrieren steigenden Bedarf.

Häusliche Gewalt nimmt zu und wird immer sichtbarer. Das zeigen die Beratungszahlen beim Gewaltschutzzentrum Tirol und die gestiegenen Zahlen der ausgesprochenen Betretungs- und Annäherungsverbote. Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne) sieht viele Ursachen. „Corona war nur mehr der Fokus und hat Dinge herausgearbeitet, die in der Gesellschaft schon verankert sind. Sie sind sichtbar geworden, weil der Handlungsraum allein schon durch Beschränkungen im persönlichen Umfeld sehr verengt war.“

Julia Haberkorn vom Gewaltschutzzentrum Tirol registriert eine erhöhte Sensibilität, mehr Klientinnen würden sich an das Gewaltschutzzentrum wenden, und auch Polizeibeamtinnen und -beamte seien gut geschult.

„Gewaltprävention beginnt bei Gleichberechtigung“

Gewalt- und Opferschutz, z.B. das Angebot an Beratungsstellen und deren Vernetzung, sei in Tirol gut aufgestellt. Anfang 2022 werde im Oberland ein neues Frauenhaus mit fünf barrierefreien Wohnungen eröffnet. Gewaltprävention sei aber vielschichtig, so Expertinnen wie Gabriele Plattner, Geschäftsführerin des Tiroler Frauenhauses. „Wenn wir die Spitze verändern, d.h. Frauenmorde minimieren wollen, müssen wir an der Basis anfangen mit vermehrtem Einsatz für Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit.“ Darauf ziele das mit 10 Millionen Euro dotierte Gleichstellungspaket ab, so Soziallandesrätin Gabriele Fischer.

SPÖ: Gewaltambulanzen und Beweissicherung

In Österreich würden 228 Millionen Euro für Gewaltschutz fehlen sowie 3.000 zusätzliche Vollzeit-Mitarbeiterinnen für Beratung, so Selma Yildirim, Tiroler SPÖ-Frauenvorsitzende und Nationalratsabgeordnete. Elisabeth Fleischanderl, SPÖ-Frauensprecherin im Landtag, fordert nach Wiener Vorbild die Verbreitung der Nummer der Frauenhelpline auf Kassenbons.

Die SPÖ fordert zudem niederschwellige Gewaltambulanzen, unter anderem zur Beweissicherung, Anti-Gewalt-Trainings, Aus- und Fortbildungen von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten.

Die Sozialistische Jugend (SJ) Tirol sieht auch politische Versäumnisse und will den Rücktritt von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP). SJ-Frauensprecherin Ida Handle-Hehn kritisiert, dass die Bundesregierung zu wenig gegen systematische Gewalt an Frauen unternehme. „Trotz dieser fürchterlich hohen Anzahl an Femiziden in Österreich schaut die Regierung weiterhin weg. Wir werden mit Ankündigungen und leeren Versprechen abgespeist, während Frauen in Österreich weiterhin tagtäglich mit unzähligen Formen von Gewalt konfrontiert sind“, so Handle-Hehn.

ÖGB: Mit Mindesteinkommen aus der Abhängigkeit

Der ÖGB Tirol verweist anlässlich der Aktionstage gegen Gewalt an Frauen auf den Zusammenhang zwischen Einkommen und selbstbestimmtem Leben. Frauen befänden sich oft in einer Gewaltspirale, die erst aufgrund von Abhängigkeit vom Partner oder der Familie überhaupt entstehen könne, so Tirols ÖGB-Frauenvorsitzende Karin Brennsteiner. Ein Mindesteinkommen sei hier ein möglicher Ausweg, so Brennsteiner.

ÖVP-Frauen: „Sensibilisieren und helfen“

Elisabeth Pfurtscheller, Landesleiterin der Frauen in der Tiroler Volkspartei, verweist auf die Wichtigkeit der 16-tägigen Bewusstseinskampagne: „Gerade jetzt, wo viele in der Gesellschaft unter Druck stehen und es viel an Wut und Frust gibt, ist es besonders wichtig, die Gewalt-Thematik in den Fokus zu rücken und zu sensibilisieren.“. Häusliche Gewalt sei immer noch ein Tabu, vor allem wenn es Kinder treffe, so die Innsbrucker VP-Gemeinderätin Birgit Winkel und Innsbrucker VP-Frauenchefin Helena Töchterle. „Umso wichtiger ist es, dass sich Opfer von Gewalt nicht alleine gelassen fühlen. Ganz wesentlich ist, dass Mitmenschen hinschauen, helfen und unterstützen statt wegzuschauen“, so die Innsbrucker VP-Politikerinnen.

v.l. Georg Willi, Elisabeth Mayr und Uschi Klee hissen die „Frei leben ohne Gewalt“-Fahne am Balkon des Innsbrucker Rathause
IKM/Darmann
Frauenstadträtin Elisabeth Mayr (SPÖ) hisste gemeinsam mit Bürgermeister Georg Willi (Grüne) und Referatsleiterin Uschi Klee die „Frei leben ohne Gewalt“-Fahne

Um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren, hängt die „Frei leben ohne Gewalt“-Fahne am Balkon des Innsbrucker Rathauses. Frauenstadträtin Elisabeth Mayr (SPÖ) bezeichnete Gewaltschutz und Unterstützung, aus dem Teufelskreis von häuslicher Gewalt auszubrechen, als eine der wichtigsten frauenpolitischen Forderungen. Die hohe Zahl an Frauenmorden sei nur die Spitze des Eisbergs, Gewalt an Frauen und Mädchen werde täglich in allen Schichten und Formen vollzogen. Wichtig sei deshalb, die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren, ihre Wahrnehmung zu schärfen und gemeinsam deutliche Signale gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen, betonte Uschi Klee, Leiterin des Referats Frauen und Generationen .