Schwarzes Schaf liegt tot am Waldboden
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Landwirtschaft

Hunderte tote Schafe überschatten Almsommer

Über 300 von großen Beutegreifern gerissene Tiere auf Almen haben am Freitag die Almbilanz der Tiroler Landwirtschaftskammer (LWK) überschattet. LWK-Präsident Josef Hechenberger (ÖVP) bezeichnete den ersten Abschussbescheid in Tirol als „wichtig, aber noch zu wenig“.

Den Landwirten geht es in Sachen Herdenschutz auf den Almen nicht schnell genug. Auch die Dauer, bis der Abschussbescheid erlassen wurde, müsse diskutiert werden, mahnte Hechenberger im Rahmen einer Pressekonferenz.

Scharfe Kritik an den Grünen

Der grüne Koalitionspartner auf Landesebene würde „bremsen“. Die Grünen seien Schuld, „dass wir nicht weiterkommen“. Es gehe hier nicht darum „die Brille der NGOs aufzusetzen“, sondern um „die Menschen in Tirol“. „Wenn man Politik nicht für die Leute macht, ist man in einer Position der Verantwortung falsch“, richtete Hechenberger den Tiroler Grünen aus.

Der Tiroler „Problemwolf“ mit der Bezeichnung „118MATK“ war am Mittwoch offiziell zum Abschuss freigegeben worden – mehr dazu in Wolf ist offiziell zum Abschuss freigegeben. Nachdem ein fünfköpfiges Fachkuratorium Mitte Oktober die „Entnahme“ des Tieres empfohlen hatte und die schwarz-grüne Landesregierung daraufhin eine entsprechende Gefährdungsverordnung erließ, wurde der entsprechende Bescheid von Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) unterzeichnet und von der Behörde abgefertigt.

Hechenberger macht Druck

„Wir müssen wesentlich schneller werden“, befand Landwirtschaftspräsident Hechenberger und zog einen Vergleich: „Ich kann auch nicht erst im Sommer vor großer Lawinengefahr warnen“. Zwischen der Empfehlung des Kuratoriums und der Unterzeichnung des Entnahmebescheids dürfe nicht so viel Zeit vergehen, und auch was die „Beprobung und Auswertung angeht, muss künftig schneller ein Ergebnis vorliegen“. Ansonsten müsse die amtstierärztliche Begutachtung bzw. Einschätzung als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.

Mindestens 311 Tiere wurden in diesem Jahr nachweislich durch große Beutegreifer gerissen. 60 entfallen auf Bärenangriffe, der Rest wurde durch Wölfe getötet. Zusätzlich stehe die Auswertung bei fünf weiteren Rissen noch aus und 133 Tiere seien im Zusammenhang mit Angriffen abgängig, berichtete Hechenberger. Nach Angriffen von großen Beutegreifern wurden zudem insgesamt 2.111 Weidetiere von unmittelbar betroffenen Almen vorzeitig abgetrieben.

Wolf und Bär mit Almwirtschaft nicht vereinbar

„Es braucht ganz klar einen Abschuss“, fand Hechenberger klare Worte. Denn der Wolf sei „zwar streng geschützt, aber mit einem Aufkommen von zwischen 25.000 und 30.000 Tieren in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht“, unterstrich der Landwirtschaftspräsident. Auch Josef Lanzinger, der Obmann Tiroler Almwirtschaftsverein fand: „Wolf und Bär sind mit unserer Almwirtschaft nicht zu vereinen. Das hat auch weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen, die gerne außer Acht gelassen werden“.

„Ein positiver Bescheid ist nicht automatisch eine positive Erlegung“, gab Hechenberger zu Bedenken. Auch deshalb sei künftig das Monitoring zu verbessern und der Datenaustausch – auch über Ländergrenzen hinweg – effizienter zu gestalten. Im Zuge dessen solle „im Auftrag des Landes auch geprüft werden, inwieweit jene Ausnahmeregelungen, wie sie in anderen Ländern gelten, auch für Tirol umsetzbar wären“, forderte Hechenberger.

Lösung auf europäischer Ebene

Selbstverständlich müsse man das Problem aber auch auf europäischer Ebene angehen. Hier brauche es einen „Schulterschluss mit den Regionen“, forderte Hechenberger, die Europaregion Tirol sei hier gefordert, „massiv Druck auf europäischer Ebene“ zu machen.

Um ein Erlegen von Problemwölfen zu ermöglichen, hatte der Tiroler Landtag im Juli eine Änderung des Tiroler Almschutz- und Jagdgesetzes beschlossen. Außerdem wurde im Sommer vereinbart, das Almgebiet auf seine Tauglichkeit hinsichtlich Herdenschutz zu beurteilen. Dies begrüßten die Anwesenden als „ersten Schritt“, nun würden sich allerdings bereits erste Schwachpunkte zeigen. Gebiete, in denen kein Herdenschutz möglich sei, seien klar auszuweisen, fand Hechenberger.

Herdenschutz in Tirol großteils nicht machbar

So berichtete Elmar Monz, Bezirksobmann der Landwirtschaftskammer Landeck, von ersten Erkenntnissen aus drei Pilotprojekten zum Herdenschutz in seinem Bezirk. Die Errichtung von Zäunen sei „nicht praktikabel“, es sei vermehrt zu Abstürzen von Tieren gekommen, die Tiergesundheit habe gelitten und auch das Hirtenpersonal habe über die große Herausforderung geklagt. Keiner der Hirten habe sich dazu bereit erklärt, in der nächsten Saison wieder zur Verfügung zu stehen. „Herdenschutz ist zu 90 Prozent so in Tirol nicht machbar“, lautete das Fazit des Bezirkobmanns am Saisonende.