Zwei Frauen im Gespräch
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CORONAVIRUS

Nach Covid: Genesen aber nicht gesund

Viele Covid-Genesene klagen Wochen oder Monate nach der Erkrankung über chronische Müdigkeit, Herzprobleme oder Luftnot. Gezielt für die Nachbetreuung zuständig ist in Tirol niemand, eine ausgewiesene Post-Covid-Ambulanz gibt es nicht.

Zwei Monate nach der Erkrankung habe es angefangen, berichtete die Tirolerin Theresa Kriess gegenüber „ORF Konkret“. Plötzlich sei das Treppensteigen schwieriger geworden. Immer wieder habe sie auch Luftnot verspürt, erzählte die Tirolerin. Bei alltäglichen Besorgungen wie etwa dem Wäscheaufhängen habe sie sich plötzlich hinsetzen müssen, weil ihr die Kraft dafür fehlte.

Auch Eva Pichler kann Ähnliches berichten: Immer wieder spüre sie ein Engegefühl, als würde sich ihr Brustkorb zusammenziehen. Das sei sehr beklemmend, gleichzeitig fühle es sich an, als würde die Atemluft nicht wirklich in den Bauch gelangen, sondern beim Einatmen an einem Punkt stoppen. Dazu komme Herzklopfen, erzählte die Tirolerin von ihren Erfahrungen.

Betroffene berichten von den Langzeitfolgen

Anders als in Deutschland keine eigenen Betreuungsstellen

Eine zuständige Stelle für die Nachbetreuung zu finden habe sich als schwierig erwiesen, berichtete Kriess. Eigene Post-Covid-Ambulanzen wie in Deutschland gibt es in Österreich bisher nicht. Kriess habe deshalb an der Uniklinik Innsbruck angerufen und ihre Probleme geschildert, dort habe Ratlosigkeit geherrscht. Zuständig habe sich niemand gefühlt.

„ORF Konkret“ startete nach zahlreichen Erfahrungsberichten ein Rundschreiben an alle Österreichischen Landeskrankenanstalten. Die Antworten aus den einzelnen Bundesländern waren dabei sehr ähnlich: Ausgewiesene Post-Covid-Ambulanzen gibt es bisher nicht.

Befragung zeigt: Verlauf oft nicht milde

Mit einer Onlinebefragung will ein Team der Universitätsklinik Innsbruck die Langzeitfolgen nach einer Erkrankung mit dem Coronavirus erheben – mehr dazu in Umfrage zu Covid-19-Langzeitfolgen. Daraus sollen sich für Tirol auch Fragen zur Nachversorgung und ein möglicher Bedarf an Betreuungsstellen ableiten lassen. Erste Ergebnisse dieser Umfrage zeigten bereits jetzt, dass viele Erkrankte die Auswirkungen des Coronavirus auf ihren Körper unterschätzt haben, berichtete Studienleiterin und Lungenärztin Judith Löffler-Ragg.

Judith Löffler-Ragg
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Studienleiterin Judith Löffler-Ragg erhofft sich von der Umfrage mehr Wissen zu den Langzeitfolgen des Coronavirus

Die Umfrage habe ergeben, dass viele Menschen zwischen 35 und 55 Jahren den Infekt zwar zuhause ausgestanden hätten, aber keinen milden Verlauf, sondern einen fast krankenhauspflichtigen Infekt durchgemacht hätten. Bei den ersten Auswertungen zeige sich außerdem, dass sich die Symptome über Wochen gezogen hätten, so Löffler-Ragg.

Mehr Angebote für Menschen mit milden Verläufen

Betroffene mit schweren Krankheitsverläufen benötigen schon jetzt eine lange Nachbetreuung und viele klinische Ressourcen. Auch Betroffene mit leichten Verläufen könnten aber in Zukunft Angebote benötigen, um frühzeitig gesundheitliche Auswirkungen zu erkennen und ihnen entgegen wirken zu können.

Denn ob Spätfolgen auftreten, wie zum Beispiel Schäden an der Lunge oder am Hirn, sei derzeit nicht abzuschätzen, so Lungenärztin Löffler-Ragg. Eine Anlaufstelle wäre da eine große Erleichterung, so die Betroffenen im ORF-interview. Derzeit werde man von einem Arzt zum nächsten weitergeleitet, wirklich weiter wisse niemand. Eine zentrale Anlaufstelle wäre ein starkes Zeichen, und würde viel Druck herausnehmen.