Polizei und Demonstranten bei der Demonstration Ende Jänner in Innsbruck
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Politik

Neue Vorwürfe nach Demo in Innsbruck

Aktivistinnen und Aktivisten des Protestmarschs „Grenzen töten“ am letzten Samstag haben am Dienstag schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben: Menschen- und Grundrechte seien verletzt worden, es habe auch Übergriffe gegeben. Die Polizei will die Anschuldigungen prüfen.

Nach der Demonstration am vergangenen Samstag, bei der die Polizei Pfefferspray einsetzte, wurden 15 Frauen und Männer in Gewahrsam genommen, nachdem diese sich laut Exekutive geweigert hatten, sich auszuweisen – mehr dazu in Festnahmen bei Demo in Innsbruck. Samstagabend wurde dann die Festnahme ausgesprochen, nachdem die Betroffenen ihre Daten verweigert hätten. 48 Stunden kann so eine Maßnahme dauern, in der die Staatsanwaltschaft den Fall prüft.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sah es dann aber als nicht verhältnismäßig an, die Betroffenen weiter festzuhalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aber offenbar schon: Zwei Menschen wurden so auch nach Ablauf der 48-Stunden-Frist weiter angehalten.

Polizei und Demonstranten bei der Demonstration Ende Jänner in Innsbruck
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Die Polizei habe während und nach der Demonstration falsch reagiert, hieß es

Polizei vermutet geplante Gewalt

Die Polizei bestätigte am Dienstagnachmittag, dass alle 15 Personen, welche wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt festgenommen wurden, inzwischen „trotz fehlender Mitwirkung und erheblicher Verschleierungsversuche“ identifiziert und aus der Haft entlassen worden seien, sowie auf freiem Fuße angezeigt wurden. Ergänzende Erhebungen dazu seien im Laufen.

Es handle sich um acht Männer und sieben Frauen und „hauptsächlich amtsbekannte Personen mit gewaltbereiter Demonstrationserfahrung“ im Alter zwischen 19 und 35 Jahren aus Innsbruck, Salzburg, Linz, Wien und Deutschland. Acht von ihnen hätten die österreichische, sechs die deutsche und eine Person die belgische Staatsbürgerschaft. Sie hätten nichts zur Identitätsfeststellung bei sich getragen, sondern nur eine Nummer für eine Rechtsberatung, sowie Infos über ihre Rechte, Fristen bei Festnahmen und die Pflichten seitens der Exekutive.

Die Polizei vermutete ein Anreisen nach Innsbruck, „um durch gewalttätige Angriffe gegen die Polizei und Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch massive Übertretungen der Covid19-Bestimmungen die Auflösung der Versammlung zu provozieren und die Auseinandersetzung mit der Polizei bewusst zu suchen, um dann die Maßnahmen irreführend als Polizeigewalt darzustellen“, wie es in einer Aussendung hieß.

Schwere Anschuldigungen gegen die Polizei

In einer gemeinsamen Stellungnahme, die der Organisator der Demonstration von der Sozialistischen Jugend Tirol (SJT) verschickt hat, erhoben Aktivistinnen und Aktivisten unterdessen schwere Vorwürfe. So hätten Personen von mutmaßlicher Repression berichtet: „Inhaftierte durften kein Telefonat führen, bei polizeilichen Amtshandlungen wurde keine Rücksicht auf Körperuntersuchung durch das gleiche Geschlecht genommen. Es fanden auch körperliche Übergriffe statt, indem beispielsweise einer Person bei der polizeilichen Körperuntersuchung von hinten in den Schritt gefasst wurde. Darüber hinaus waren Menschen in Haft der Gefahr ausgesetzt sich an Covid-19 anzustecken, da die Polizei vielerorts keinen Mund-Nasen-Schutz trug und Personen in Haft ihre FFP2-Masken entfernt wurden“, lauteten die Vorwürfe.

Sanitäter und Demonstranten bei der Demonstration Ende Jänner in Innsbruck
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Im Internet kursieren Berichte von Verletzten nach der Demo

Polizei prüft Sexismus- und Rassismus-Vorwürfe

In der Aussendung ist auch die Rede von mutmaßlichen sexistischen Sprüchen gegenüber weiblichen Personen und angeblich falschen Angaben zum Ort der Freilassung. Zudem sei es den Anwältinnen und Anwälten „unmöglich gemacht“ worden, die Festgenommenen zu sprechen und so zu unterstützen. Es seien „Grundrechte sowie Menschenrechte massiv verletzt worden“, hieß es weiter.

Auf der Demonstration selbst habe die Polizei das Einhalten der Covid-19 Bestimmungen erschwert, indem Demonstrierende zusammengedrängt worden seien und durch Pfefferspray Panik ausgelöst worden sei. Medizinischen Kräften sei der Zugang zu Verletzten versperrt worden: „Die Polizei vor Ort zeigt Demonstrantinnen und Demonstranten für Verstöße gegen Corona Maßnahmen an, die ihr Einsatz selbst verschuldete. Das Demonstrationsrecht von circa 800 Personen wurde seitens der Polizei gravierend missachtet. Nicht nur Political Profiling, sondern auch Racial Profiling fanden statt“, so die Aktivistinnen und Aktivisten.

Man nehme diese Vorwürfe sehr ernst, erklärte Polizei-Sprecher Stefan Eder. Es gebe dazu jetzt Befragungen und Einvernahmen. Die Ergebnisse würden dann an die Staatsanwaltschaft geleitet. Bezüglich etwaiger während der Demonstration verletzter Personen seien bis jetzt noch keine Anzeigen erstattet worden: „Wir appellieren an diese Personen, sich beim Stadtpolizeikommando Innsbruck zu melden, damit wir diese Verletzungen aufnehmen und auch diese Delikte klären können“, so Eder.

Zahlreiche Anzeigen und Festnahmen

Bei der Demonstration „Grenzen Töten“ am vergangenen Samstag war es zu drei Festnahmen wegen Verwaltungsübertretungen gekommen, 45 Anhaltungen und Identitätsfeststellungen, davon anschließend 15 Festnahmen aufgrund des Verdachts des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, sowie einer Festnahme wegen Verdachts des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung eines Polizisten. Weiters wurden 50 Anzeigen wegen Nichteinhaltung des Mindestabstandes, sieben Anzeigen wegen fehlenden Mund-Nasenschutzes und 15 sonstige Verwaltungsanzeigen, etwa wegen pyrotechnischer Gegenstände, erstattet.