Markus Lassenberger
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Politik

Innsbruck bekommt FPÖ-Vizebürgermeister

Markus Lassenberger (FPÖ) ist am Donnerstagvormittag zum neuen Innsbrucker Vizebürgermeister gewählt worden. Die Wahl war nötig geworden, nachdem Uschi Schwarzl (Grüne) als Vizebürgermeisterin abgesetzt worden war. Bürgermeister Georg Willi (Grüne) will keine Neuwahlen, die Koalition ist aber weiter strapaziert.

Mit 18 gegen 16 Stimmen gewann Lassenberger die Wahl gegen die SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr. Sechs Stimmzettel waren leer abgegeben worden und damit ungültig. Das Wahlergebnis dürfte die ohnehin gebeutelte Stadtkoalition jetzt weiter erschüttern. Erstmals in der Geschichte der Landeshauptstadt gibt es in Innsbruck einen Vizebürgermeister aus der FPÖ, der nicht der Koalition angehört und kein Ressort hat.

Georg Willi, Markus Lassenberger, Josef Geisler und Johannes Anzengruber
Zeitungsfoto.at
Bürgermeister Georg Willi (Grüne), Markus Lassenberger, Josef Geisler und Johannes Anzengruber (beide ÖVP)

Abstimmung war geheim

Die Abstimmung selbst war geheim. Grüne, SPÖ, NEOS und die Alternative Liste Innsbruck hatten öffentlich Elisabeth Mayr von der SPÖ unterstützt. Sie kam aber trotzdem nur auf 16 der damit eigentlich möglichen 17 Stimmen.

Bürgermeister Georg Willi (Grüne) hatte vor der Wahl erneut betont, die FPÖ nicht in der Stadtregierung haben zu wollen. Er habe vor der Wahl 2018 gesagt, die FPÖ solle kontrollieren, „aber bei mir wird die FPÖ keine politische Verantwortung übertragen bekommen“. Mit dieser Ansage sei er zum Bürgermeister gewählt worden, und man habe eine Koalition gebildet, die eine stabile Mehrheit habe, so Willi.

Grüne: „Stadtkoalition in schwerer Krise“

Diese Stabilität ist am Donnerstag allerdings weiter ins Wanken geraten. Um auf die 18 Stimmen zu kommen, muss die FPÖ nämlich auch Unterstützungsstimmen der grünen Koalitionspartner ÖVP beziehungsweise der Liste Für Innsbruck erhalten haben. Ein Zeichen für die Zerstrittenheit der Stadtregierung.

Für Innsbruck und ÖVP würden die Stadtkoalition damit in eine schwere Krise stürzten, schrieben die Grünen in einer ersten Reaktion und zeigten sich bestürzt: „Unser oberstes Ziel muss es sein, den gesamten Fokus auf eine funktionierende Stadtregierung zu richten, um Innsbruck gut aus der Krise herauszuführen. Stattdessen investieren unsere Koalitionspartner FI und VP ihre Zeit lieber in Streit und Zwist. Das Resultat haben wir nun vor uns: eine bewusst provozierte Instabilität“, so Klubobfrau Renate Krammer-Stark.

Willi will keine Neuwahlen, wie er im APA-Gespräch betonte. Auch ein freies Spiel der Kräfte sei keine Option. Man wolle die Situation in den entsprechenden Gremien jetzt neu bewerten. Laut Willi hat die Wahl Lassenbergers „für große Irritation" gesorgt“. „Wie man das politisch verantworten kann, verstehe ich nicht“, sagte er in Richtung ÖVP und FI. Man müsse nun die „Kraft“ haben, „die Dinge auszureden“. Er zeigte sich optimistisch, dass dies gelingen werde.

SPÖ will über weitere Zusammenarbeit beraten

Stadträtin Elisabeth Mayr (SPÖ) reagierte auf Facebook auf das Wahlergebnis. Es sei zu akzeptieren, man habe sich klar gegen die vorgeschlagene Regierungsbeteiligung der FPÖ ausgesprochen und mit ihrer Kandidatur ein Angebot für sachliche, konstruktive Zusammenarbeit an die Koalition und den Gemeinderat als höchstes Gremium der Stadt Innsbruck gelegt. „Dass Weltanschauung und Haltung entscheidend sind, werde ich nie für Hinterzimmerangebote ablegen. Wir werden weiter Farbe bekennen und ich selber lasse mich sicher nicht unterkriegen“, so Mayr.

Ihr Parteikollege und der Vorsitzende der SPÖ Innsbruck, Benjamin Plach, schrieb von einem „Tiefpunkt der bisherigen Gemeinderatsperiode“. Es gelte nun zu beraten, auf welcher Grundlage mit solchen Parteien weiterhin zusammengearbeitet werden könne.

Stadträtin Elisabeth Mayr, Vizebürgermeister Johannes Anzengruber, Vizebürgermeisterin Uschi Schwarzl, Bürgermeister Georg Willi und Stadträtin Christine Oppitz-Plörer
IKM/M. Freinhofer
Die Innsbrucker Stadtkoalition scheint schwer zerrüttet

Freude bei FPÖ, Kritik von NEOS und ALI

FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger übermittelte seine Glückwünsche an den neuen freiheitlichen Vizebürgermeister. „Die heutige Wahl von Stadtrat Lassenberger zum 1. Vizebürgermeister in Innsbruck beweist, dass es eine bürgerliche Mehrheit trotz grünem Bürgermeister im Gemeinderat gibt“, so Abwerzger. Er forderte, dass die beiden FPÖ-Stadtsenatsmitglieder vom Bürgermeister mit ressortmäßiger Amtsführung ausgestattet werden sollten. Auch FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer gratulierte Lassenberger.

Gemeinderat Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck) sah nunmehr „die Opposition gestärkt und die Stadtregierung geschwächt“. Er gratulierte Lassenberger und meinte, dass man nun gespannt sein könne, wie sich Willi „aus diesem politischen Dilemma herauswurschteln will“.

Die Innsbrucker Stadtregierung habe zu hoch gepokert und sich selbst in diese Situation gebracht, meinte NEOS in einer Reaktion. „Es ist traurige Gewissheit, die Koalition ist gescheitert, die Stadträtin hat nicht einmal die Rückendeckung der Koalition. Das Undenkbare unter einem Grünen Bürgermeister ist Realität geworden“, so NEOS-Gemeinderätin Dagmar Klingler-Newesely. Sie sah die Schuld bei Bürgermeister Willi, der nicht in der Lage gewesen sei, „dieses Chaos zu verhindern“ und zweifelte an einem gemeinsamen Weiterarbeiten der Stadtregierung. Gemeinderat Mesut Onay von der Alternativen Liste Innsbruck (ALI) schrieb auf Facebook von einem „Dammbruch“ und bilanzierte: „Die Koalition ist gescheitert.“

Schwarzl erhält Ressorts teilweise zurück

Innerhalb von 14 Monaten waren in Innsbruck zwei Vizebürgermeisterinnen aus der Koalition abgewählt worden: Im Dezember 2020 war zuletzt der Grünen Uschi Schwarzl das Amt mit den Stimmen der eigenen Koalitionspartner SPÖ, Für Innsbruck und ÖVP entzogen worden – mehr dazu in Schwarzl als Vizebürgermeisterin abgewählt. Bereits im Oktober 2019 hatten die Grünen mit den Stimmen der FPÖ ihre eigene Koalitionspartnerin Christine Oppitz-Plörer (FI) als Vizebürgermeisterin abgewählt – mehr dazu in Innsbrucks Vizebürgermeisterin abgewählt.

Schwarzls Ressorts waren seit dem vergangenen Gemeinderat nach ihrer Abwahl vorübergehend in die Zuständigkeit des Bürgermeisters gefallen. Am Donnerstag erhielt Schwarzl sie mit 30 Prostimmen wieder zurück. Sie zeichnet ab nun für Verkehrsplanung und Umwelt, Tiefbau, Grünanlagen, Straßenbetrieb und Kultur verantwortlich. Die Agenden für Verkehrs- und Straßenrecht verblieben allerdings bei Bürgermeister Willi.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt besteht aktuell aus Bürgermeister Georg Willi (Grüne), dem ersten Vizebürgermeister Markus Lassenberger (FPÖ), dem zweiten Vizebürgermeister Johannes Anzengruber, Stadträtin Uschi Schwarzl (Grüne), Stadträtin Elisabeth Mayr (SPÖ), Stadträtin Christine Oppitz-Plörer (FI), und Stadtrat Rudi Federspiel (FPÖ). Die beiden Vertreter der FPÖ bleiben ohne Ressortzuständigkeit und sind somit nicht amtsführend.