Ortsschild Ischgl
APA/EXPA/Jakob Gruber
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Coronavirus

Causa Ischgl: Vorwürfe um Ministerialerlass

Rund um das Behördenvorgehen in Ischgl erhebt das Nachrichtenmagazin „profil“ neue Vorwürfe, wonach Tirol einen Erlass des Gesundheitsministeriums missachtet haben soll. Das Land Tirol weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer verzerrten Darstellung durch das Nachrichtenmagazin.

Konkret bezieht sich „profil“ auf die Ischgl-Urlauber, die nach ihrer Rückkehr nach Island positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Die isländischen Behörden informierten Tirol am 5. März über diese Fälle. Laut dem Nachrichtenmagazin hätten in Ischgl Kontaktpersonen der infizierten Isländer unter Heimquarantäne gestellt werden müssen, etwa in den Hotels.

Das Land Tirol widerspricht dieser Darstellung vehement und kontert mit einer „Richtigstellung“. Die Definition der Kontaktpersonen sei genau am 5. März in einem Schreiben des Gesundheitsministeriums geändert worden. Die behördliche Absonderung sei ab diesem Zeitpunkt nur mehr für Personen vorgesehen gewesen, die zu CoV-Infizierten oder Verdachtspersonen „15 Minuten oder länger in einer Entfernung von weniger als zwei Metern“ Kontakt hatten.

Ischgl im Winter
ORF
Das Land Tirol weist eine Missachtung von Ministeriumsvorgaben in Ischgl zurück

Keine Symptome während Ischgl-Aufenthalt bekannt

Wie das Land in einer Aussendung betonte, seien in Bezug auf die isländischen Touristen während ihres Ischgl-Urlaubs keine Hinweise auf eine Coronavirus-Erkrankung vorgelegen. Laut den erfolgten Nachforschungen habe sich auch kein einziger isländischer Urlauber in Tirol „mit grippeähnlichen Symptomen oder Coronasymptomen behandeln lassen bzw. beim ortsansässigen Arzt gemeldet“.

Die Definition von Kontaktpersonen durch das Gesundheitsministerium und die Gesundheitsagentur AGES sprach in der Version vom 28. Februar von einer Kontagiosität von 24 Stunden vor Krankheitsbeginn. Demnach fielen nur Kontakte mit einem Erkrankten innerhalb von 24 Stunden darunter. In der geänderten Regelung vom 5. März, auf die sich das Land Tirol bezieht, ist die Übertragbarkeit des Coronavirus mit zwei Tagen vor Erkrankungsbeginn festgelegt. Das Land Tirol betont, dass es erst im Nachhinein, mehrere Tage nach der Abreise der Urlauber, informiert wurde, dass diese in ihrer Heimat positiv auf das Virus getestet wurden.

Magazin sieht Missachtung von Ministeriumserlass

Das Nachrichtenmagazin „profil“ bezog sich in seinen Vorwürfen auf den Erlass, der am 29. Februar vom Gesundheitsministerium an die Büros der Landeshauptleute verschickt wurde, wonach alle engen Kontaktpersonen von Coronavirus-Infizierten per Bescheid für 14 Tage in Heimquarantäne zu schicken sind. Das Land Tirol bzw. die Bezirkshauptmannschaft Landeck hätten in Ischgl mit ihrer Vorgangsweise dagegen verstoßen. Das vom „profil“ zitierte Schreiben sei zum Zeitpunkt der Erhebungen in Ischgl aber nicht mehr die gültige Vorgangsweise gewesen, so das Land Tirol.

Opposition verlangt Aufklärung

Scharfe Kritik kam nach den neuen Vorwürfen in der Causa Ischgl von der Opposition. „Landeshauptmann Platter steht nun massiv unter Druck. Das Behördenversagen wird immer deutlicher“, so der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer. Auch auf Bundesebene seien mögliche Versäumnisse zu prüfen, heißt es von SPÖ-Seite.

Die Bundes-FPÖ prüft laut eigenen Angaben eine Anzeige gegen das Land Tirol. Der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger sah sich bestätigt, dass die Warnungen aus Island ignoriert wurden und ortete einen entstehenden „politischen Kriminalfall“.

NEOS Tirol und Liste Fritz orteten „dringenden Aufklärungsbedarf“. Der Tiroler Weg in der Coronavirus-Krise stehe für Vertuschung, so der Tiroler NEOS-Chef Dominik Oberhofer. Die Hinweise auf Fehler würden sich verdichten, so die Kritik der Liste Fritz. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) müsse klarstellen, ob es Anweisungen zur Missachtung von Erlässen gegeben hat. Platter dürfe sich in der Causa Ischgl „nicht hinter der Rohrer-Kommission verstecken“. In Tirol soll sich ab übernächster Woche auch eine Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes (OGH), Ronald Rohrer, mit dem Behördenvorgehen in der CoV-Krise beschäftigen – mehr dazu in Ischgl-Kommission soll nächste Woche stehen.

ÖVP-Klubobmann kontert

Der Tiroler ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf kritisiert, die Opposition wolle keine objektive Aufarbeitung, sondern setze auf Skandalisierung. Die immer aggressiver werdenden Angriffe der Opposition auf Bundes- und Landesebene in Hinblick auf Ischgl würden zeigen, „dass das vorgespielte Interesse an einer objektiven Aufarbeitung des Krisenmanagements des Landes von Anfang an nichts anderes als Heuchelei war“, so Wolf. Es sei der Opposition nie um eine sachliche Aufarbeitung sondern ausschließlich um Skandalisierung gegangen.

„Dass FPÖ, NEOS und Liste Fritz von Anfang an keine mit unabhängigen Experten besetzte, sondern eine Politkommission wollten, passt da genau ins Bild.“ Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) habe mit der Einsetzung von Ronald Rohrer diesem unwürdigen Politschauspiel ein Ende gesetzt, so Wolf. Eine saubere Aufarbeitung aller Entscheidungen, die in den letzten Wochen getroffen worden seien, werde es brauchen, so Wolf in der Aussendung der ÖVP, „aber diese Skandalisierungssucht, die manche erfasst zu haben scheint, ist nur mehr abstoßend“.