Wie lehre ich meinem Kind, sich zu wehren? Viele Eltern stellen sich diese Frage nach dem möglichen sexuellen Missbrauchsfall an einer Tiroler Neuen Mittelschule (NMS). Ein Pädagoge soll in den Weihnachtsferien versucht haben, einen 13-jährigen Schüler in seiner Wohnung sexuell zu missbrauchen. Der Schüler konnte sich allerdings wehren. Der Lehrer ist derzeit in Untersuchungshaft – mehr dazu in Lehrer soll Schüler missbraucht haben.
Immer wieder kommt es bei Kindern wie auch bei Erwachsenen zu Sexualdelikten: In Tirol wurden 2018 laut Polizei insgesamt 164 Fälle gemeldet. Die Dunkelziffer ist aber hoch.
Kinder müssen „Nein“ sagen dürfen
Mit Gewalt-Präventionsprogrammen in Schulen lernen Kinder, „Stopp“ zu sagen, Grenzen zu setzen und über ihre Gefühle zu reden. Das Tiroler Kinderschutzzentrum bietet etwa das Projekt „Bärenstark“ für Volksschülerinnen und Volksschüler an. Eine zentrale Botschaft dabei ist: Mein Körper gehört mir! „Jedes Kind muss entscheiden dürfen: Wo möchte ich berührt werden? Von wem möchte ich berührt werden? Und gibt es Berührungen, die mir unangenehm sind“, erklärte Hannah Kummer von Bärenstark.
Kinder sollten daher von klein auf „Nein“ sagen dürfen – wird das von Erwachsenen respektiert, lernt ein Kind, seine persönlichen Grenzen zu verteidigen und sich auch in gefährlichen Situationen zu wehren. Kleine Kinder würden diese Grenze schon sehr früh spüren, riet Astrid Lanza von Kinderschutz: „Es muss in Ordnung sein, wenn das Kind sich vor Küssen oder Berührungen von ihm unbekannten Verwandten wehrt“, so die Expertin.
Tirol heute Studiogespräch
Astrid Lanza (Leiterin Tiroler Kinderschutz) erklärt, wie man Kinder stärken kann, sich gegen potentiellen Missbrauch zu wehren.
Verhaltensauffälligkeiten nach Missbrauch
Werden Kinder Opfer sexueller Übergriffe, wollen sie das Erlebte meist verdrängen. „Manche betroffenen Kinder ziehen sich plötzlich sehr zurück, berichten von diffusen Schmerzen, werden weinerlicher oder vermeiden plötzlich bestimmte Kontakte“, schilderte Lanza. Auffällig sei es auch, wenn besonders ältere Kinder ihre eigenen Grenzen nicht mehr erkennen und besonders risikofreudig werden.
In so einem Fall sollten Eltern das Gespräch mit ihren Kindern suchen. Dabei sei es wichtig, einen ruhigen, vertrauten Rahmen zu schaffen, dem Kind zu signalisieren, dass es alles sagen könne und keinesfalls irgendeine Schuld trage, dass man auf seiner Seite sei und es unterstützen werde. Als nächster Schritt, so die Expertin, sei es dringend ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Betroffene sollen sich melden
Mittlerweile laufen die Ermittlungen im Fall des suspendierten Lehrers aus dem Bezirk Schwaz weiter. Die Polizei bittet weitere mögliche Betroffene darum, sich zu melden.
Professionelle kostenlose Hilfe bieten außerdem die Beratungsstellen des Tiroler Kinderschutzes.