Asyl: Kritische Reaktionen zum Durchgriffsrecht

Kritische Reaktionen gibt es aus Tirol an dem auf Bundesebene präsentierten Durchgriffsrecht bei der Unterbringung von Asylwerbern. LH Günther Platter (ÖVP) erteilte dem Entwurf eine klare Absage.

Das Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden sei ein massiver Eingriff in die Kompetenzen von Ländern und Gemeinden. Mit diesen Worten erteilt LH Günther Platter dem am Montag von ÖVP, SPÖ und Grünen präsentierten Entwurf eine Absage. Durch eine reine Kompetenzänderung werde das Problem nicht gelöst. Es sei für ihn nicht vorstellbar, dass der Bund bei der Ansiedlung von Flüchtlingen auf das Einvernehmen mit den Gemeinden verzichten kann, so Platter in einer schriftlichen Stellungnahme.

Baur erwartet keine großen Änderungen

Die in Tirol für Flüchtlinge zuständige Landesrätin Christine Baur (Grüne) glaubt nicht, dass sich durch das Durchgriffsgesetz viel ändern werde. Tirol erfülle derzeit die mit dem Bund vereinbarte Quote zu fast 100 Prozent. Das Durchgriffsrecht solle nur in Ausnahmefällen greifen. Falls es trotzdem soweit kommen solle, werde man sicher rechtzeitige Informationen an die betroffenen Gemeinden anfordern.

Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf sieht den jüngsten Schritt des Bundes eher gelassen. Tirol sei auf einem guten Weg Unterkünfte im Einvernehmen mit den Gemeinden zu finden. Das werde auch weiterhin der Fall sein. Schöpf warnte aber davor, etwas ohne die Gemeinden durchziehen zu wollen. „Wer die Gemeinden und die dortige Bevölkerung nicht mit im Boot hat, wird von außen kommend nicht gerade allzu viele Stiche machen in Tirol.“

Rotes Kreuz begrüßt Durchgriffsrecht

Fritz Eller, Sprecher des Roten Kreuzes in Tirol, begrüßt das Durchgriffsrecht. Jedes Mittel, um Unterkünfte zu schaffen und menschenunwürdige Bedingungen zu beenden, sei notwendig. Inwieweit das Durchgriffsrecht in Tirol zur Anwendung kommen werde, könne man jetzt noch nicht sagen. Momentan arbeite das Land sehr gut und bringe etwas zustande. Inwieweit Tirol noch Unterstützung vom Bund brauche, zeige dann die Zeit.

Caritas: Guter Weg werde verlassen

Der Chef der Tiroler Caritas, Georg Schärmer, sagte in einer Stellungnahme, man begrüße Maßnahmen, die Menschen auf der Flucht eine menschenwürdige und gute Unterbringung sicherten. Die Ursache für die inakzeptablen Zustände in Traiskirchen seien im Innenministerium zu suchen, „in dem sich Inkompetenz und Präpotenz die Hand geben“.

Die aktuelle Verfassungsänderung sei überschießend und verlasse einen guten, jahrelangen Weg, so Schärmer weiter. Das Land Tirol und die Gemeinden hätten sich sehr bemüht und waren auch sehr erfolgreich dabei Plätze zu schaffen. Der Bund habe seine Hausaufgaben selber zu machen, in guter Abstimmung mit Ländern und Gemeinden. Länder und Gemeinden zu übergehen und Parallelstrukuren zu schaffen, sei der falsche Weg.

Gesetz soll mit 1. Oktober in Kraft treten

Das geplante Verfassungsgesetz soll am 1. Oktober in Kraft treten. Wenn ein Bundesland bei der Erfüllung seiner Quote säumig ist, kann das Innenministerium nach dem Gesetzesentwurf bestehende Bundesbauten oder angemietete Flächen und Gebäude für die Unterbringung von Asylwerbern, Asylberechtigten und sogenannten subsidiär Schutzberechtigten nutzen.

Mit so einer vorläufigen Anordnung wären dann Bewilligungen und Genehmigungen von Gemeinden nicht mehr notwendig. Das Gesetz sieht vor, dass die Zahl der in Gemeinden unterzubringenden Flüchtlingen 1,5 Prozent der Wohnbevölkerung beträgt. Angewendet werden soll das Durchgriffsrecht, wenn überhaupt, vorwiegend bei Gemeinden ab 2.000 Einwohnern. Davon gibt es in Tirol 93.

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