Mehrere Schreiben liegen auf einem Tisch
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Wirtschaft

Tourismusabgabe: Kritik an zu viel Bürokratie

Die Tourismusabgabe, die das Land verpflichtend einhebt, wird zunehmend in Frage gestellt. Sie muss von allen mit selbstständigen Einkünften in Tirol bezahlt werden, um den Tourismus zu unterstützen. Nicht nur der Zweck wird kritisiert, auch der bürokratische Ablauf.

Erna Oberhofer-Kleewein war jahrzehntelang die Wirtin vom Gasthaus Anich in Innsbruck. Mit Ende März ging sie in den Ruhestand.

Die Tourismusabgabe musste sie dennoch für das gesamte Jahr 2024 vorstrecken. Auch wenn sie das Geld später wieder retour bekommen wird, ist dieser Vorgang für die 69-Jährige unverständlich: „Das dauert wieder über ein Jahr, bis ich das Geld zurückbekomme. Das ist als würde ich Geld herleihen. Ich bin ja keine Bank, ich hatte einen Gastbetrieb.“ Vom Land hieß es gegenüber der ehemaligen Wirtin, dass sie bis Jänner Zeit gehabt hätte darüber zu informieren, ab wann sie nicht mehr abgabenpflichtig sei, um eine unnötige Zahlung zu verhindern. Damals wusste Oberhofer-Kleewein aber nicht, wann bzw. ob überhaupt die Nachfolge geregelt werden kann. Eine kulantere Lösung, wie es sich Oberhofer-Kleewein gewünscht hätte, sei seitens des Landes anschließend nicht möglich gewesen.

Der Umsatz wird geschätzt

Probleme mit der Tourismusabgabe hat auch der 20-jährige Jungunternehmer Maximilian Guschelbauer. Er gründete erst letzten November sein Unternehmen. Trotzdem musste er für das gesamte Jahr 2023 die Tourismusabgabe nachzahlen: „Sie haben schon damals angenommen, dass wir einen Umsatz machen, den ein Unternehmen im ersten Monat normalerweise nicht macht“, so Guschelbauer.

Das von ihm eingeschickte Erhebungsformular für seinen geschätzten Umsatz 2024 wurde laut Guschelbauer fälschlicherweise nicht berücksichtigt. Sein Umsatz wurde in der Folge vom Land geschätzt – um das Zehnfache zu viel: „Über das Schätzverfahren wollte man mir keine genaue Auskunft geben. Der Standort sei ein Parameter und der Vergleich mit anderen Unternehmen im Umkreis und deren Umsätzen. In unserem Fall ist unser Nachbar eine der zehn Top-Firmen in unserer Branche. Das ist für uns natürlich schlecht.“

Sobald der tatsächliche Umsatz vorliegt, werde die Tourismusabgabe korrigiert, hieß es seitens des Landes. Das tröstet den Jungunternehmer allerdings nicht: „Wenn man das in Jahre rechnet sind wir bei Ende 2026 oder 2027. Und dass 10.000 Euro heute nicht gleich viel wert sind wie 10.000 Euro in drei Jahren ist auch klar. Ich bin mir sicher, dass ich das Geld nicht verzinst von der Tourismusabteilung zurückbekomme.“

Gerber: „Werde mir das anschauen“

Der zuständige Tourismuslandesrat Mario Gerber (ÖVP) kann die Kritik und den Wunsch nach flexiblerer Handhabung verstehen. Allerdings sei der Aufwand extrem: „Wir haben über 70.000 Bescheide, die wir jedes Jahr aussenden. Und wir haben eine große Abteilung, die diese Bescheide abarbeiten muss. Aber im Zuge der Tourismusfinanzierungsreform werde ich mir das anschauen. Es ist mir wichtig, dass die Abgabe für den Unternehmer richtig abgerechnet wird.“ Einen Zeitrahmen für eine mögliche Verbesserung und eine flexiblere Handhabung nannte Gerber nicht. Grundsätzlich sei die Tourismusabgabe aber wichtig, weil über sie hauptsächlich die heimischen Tourismusverbände und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finanziert werden.

Rufe nach Abschaffung der Tourismusabgabe

Daneben gibt es nach wie vor generelle Kritik an der Tourismusabgabe. Seit 1927 wird sie in Tirol eingehoben. Sie ist ein Pflichtbeitrag, den alle Tiroler Unternehmen zahlen müssen, unabhängig davon, ob sie vom Tourismus profitieren. Und das sind fast alle rund 80.000 Unternehmen und Selbstständigen. Zuletzt wurde sie im August 2022 heftig diskutiert, als Felix Mitterer, als Künstler ebenfalls verpflichtet, die Abgabe zu zahlen, ankündigte, Tirol deshalb zu verlassen. Die NEOS und Liste Fritz fordern eine Abschaffung bzw. Reform der Abgabe. So kritisiert beispielsweise die Liste Fritz, dass als Grundlage für die Abgabe der Umsatz, nicht der Gewinn herangezogen werde.