Raimund Margreiter
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Wissenschaft

Parkinson: Fortschritte bei Früherkennung

Am 11. April ist Welt-Parkinson-Tag. In Österreich leben Schätzungen zufolge rund 25.000 Menschen mit dieser neurologischen Krankheit. Vor einem Jahr machte der bekannte Tiroler Chirurg Raimund Margreiter seine Erkrankung öffentlich. Parkinsonexperten berichten unterdessen von Fortschritten bei der Forschung zur Früherkennung.

Die auch als Schüttellähmung bekannte Krankheit ist nach dem englischen Arzt James Parkinson benannt. Er beschrieb 1817 in einem medizinischen Aufsatz erstmals die typischen Bewegungsstörungen, die bei Betroffenen auftreten, als Krankheit. In Tirol leben rund 2.500 Menschen mit Parkinson, österreichweit sind es laut der Österreichischen Parkinsongesellschaft etwa 25.000. Mit der steigenden Lebenserwartung wird auch die Zahl der Betroffenen größer. Bis zum Jahr 2040 rechnen Fachleute mit einer Verdoppelung.

Leben mit Parkinson

Vor einem Jahr machte der bekannte Transplantationschirurg Margreiter seine Parkinsonerkrankung öffentlich. Die Diagnose wurde bei dem heute 82-Jährigen im Jahr 2014 gestellt. „Die ersten sechs oder sieben Jahre habe ich eigentlich noch recht viel machen können“, erzählte Margreiter. Er sei mit seinem Elektrofahrrad gefahren und habe viele Touren machen können. Mittlerweile müsse er mit zwei Stöcken gehen oder einem Rollator, aber er könne immer noch gehen und tue das auch jeden Tag.

Größere Schwierigkeiten würden ihm die Muskelsteifheit und die Störung seines Gleichgewichtssinns bereiten, sagte der gebürtige Zillertaler. „Ich kann vieles selber machen, aber bei manchen Sachen brauche ich ewig. Am schwierigsten sind die Socken, muss ich ehrlich sagen.“ Als Parkinsonpatient könne man viel zur Verbesserung der eigenen Lebensqualität beitragen. Er bewege sich regelmäßig, das helfe ihm bei der Gleichgewichtsstörung. „Das merke ich, ich fühle mich besser, freier und sicherer. Diese Störung bessert sich durch regelmäßiges Training“, sagte Margreiter.

Raimund Margreiter
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Raimund Margreiter hat 1983 die erste Herztransplantation in Österreich durchgeführt.

Wichtig sei für ihn auch die psychische Gesundheit. „Die Stimmung bei Parkinsonpatienten ist meistens deutlich eingetrübt, eher traurig. Da muss man aktiv etwas dagegen tun. Mir fällt das relativ leicht, weil ich mit meinen Enkeln und meiner Familie viele schöne Momente erleben darf“, erzählte der Großvater von sieben Enkelkindern. Gegen die Parkinsonsymptome müsse er sehr viele Medikamente einnehmen, eine große Unterstützung seien auch regelmäßige Physiotherapie und Logopädie sowie seine Arbeit. Raimund Margreiter schreibt derzeit an seinem dritten Buch.

Großes Interesse an Tiroler Studie

Vor mehr als einem Jahr fiel der Startschuss zu der großangelegten Studie „Gesund Altern Tirol“ der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck. Sie hat das Ziel, Risikofaktoren für die Entwicklung von Krankheiten des Gehirns, die bevorzugt im Alter auftreten – insbesondere die Parkinson-Krankheit – zu charakterisieren. Nach wie vor kann man sich an dieser Studie beteiligen.

„Wir haben bis jetzt etwas über 3.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die diese Onlinebefragung gemacht haben. Anhand der Angaben berechnen wir einen Risikobereich und laden Menschen, die in der höheren Risikogruppe landen, zu persönlichen, tiefergehenden Untersuchungen ein“, sagte Studienleiter Werner Poewe. Bis jetzt seien das in Innsbruck etwas über 100 gewesen. Im Verbund mit Forschungszentren in anderen europäischen Städten hoffe man auf mindestens 1.000 über die Jahre nachverfolgte Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer.

Ein Mann nimmt einen Riechtest vor.
MUI/D. Bullock
Bei der Untersuchung im Rahmen der „Gesund Altern Tirol“-Studie wird unter anderem ein Riechtest durchgeführt, denn Riechstörungen können ein Symptom für eine Alterserkrankung des Gehirns sein

Hoffen auf Diagnose vor Ausbruch der Krankheit

Mit Nachdruck werde derzeit an der Früherkennung von Parkinson geforscht, sagte der Neurologe Werner Poewe von der Medizinuniversität Innsbruck. „Die Fortschritte betreffen vor allem die Erkennung der Phase der Erkrankung, in der es schon zu Veränderungen im Gehirn kommt, aber die Betroffenen noch keine Beeinträchtigungen haben. Da gibt es neue Erkenntnisse, auch neue Tests, die jetzt wissenschaftlich untersucht werden, ob sie wirklich das Parkinsonrisiko verlässlich vorhersagen können.“

Bei Parkinson sterben langsam Nervenzellen im Gehirn, die Dopamin produzieren. Der Mangel dieses wichtigen Botenstoffes sorgt für die typischen Bewegungsstörungen, wie Zittern oder Muskelsteifheit. Der Grund für das Zellsterben ist ein falsch verstoffwechseltes Eiweiß. Dieses verklumpt und wird dann von Zelle zu Zelle weitergegeben, was letztlich zu deren Verschwinden führt.

Ein Finger in Großaufnahme zeigt auf ein Röntgenbild mit mehreren Gehirnscans
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Parkinson ist keine reine Alterserkrankung, etwa zehn Prozent der Betroffenen sind jünger als 40 Jahre.

Neuen Auftrieb habe diese Forschungsrichtung laut Werner Poewe dadurch bekommen, dass diese parkinsontypische Eiweißveränderung bei Betroffenen durch Bluttests nachgewiesen werden könne. „Die Forschung, die jetzt läuft, versucht herauszufinden, ob diese Bluttests wirklich verlässlich Parkinson anzeigen. Die spannende Frage, die es dann zu beantworten gilt, ist: Können solche Bluttests bei gesunden Menschen mit Risikofaktoren eine Vorhersage über das Parkinsonrisiko treffen?“

Dann könne man vielleicht in Zukunft Zielgruppen definieren, für die eine vorbeugende Behandlung infrage käme, so Poewe. Er räumt aber ein, dass derartige Therapien und Medikamente, die Parkinson stoppen oder zumindest verlangsamen können, erst entwickelt werden müssen.