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Politik

Rechnungshof: Gelder an ÖVP-nahe Gruppen

Der Tiroler Landesrechnungshof (LRH) hat in einer Prüfung Spenden, Inserate und Sponsoring von Landesunternehmen an politische Parteien bzw. parteinahe Gruppen unter die Lupe genommen. Laut „TT“ flossen zwischen 2008 und 2022 insgesamt 1,7 Millionen Euro großteils an ÖVP-nahe Gruppen.

Die Zahlungen – die laut Landesrechnungshof den Unternehmensvorgaben entsprechend erfolgten gingen indes zu 99,8 Prozent an ÖVP-nahe Gruppen, berichtete die „Tiroler Tageszeitung“ am Mittwoch. Dies führte zu heftiger Kritik der Opposition.

„Bauernzeitung“ des ÖVP Bauernbunds als größter Profiteur

Als größter Profiteur soll laut Prüfung, die von der FPÖ und der Liste Fritz beantragt worden war, die „Bauernzeitung“ des ÖVP-Bauernbundes hervorgegangen sein. Der Energieversorger Tiwag soll in dem Blatt etwa für rund 360.000 Euro inseriert haben, die Agrarmarketing soll für Inserate und Sponsoring eine Million Euro ausgegeben haben. Die untersuchten 14 Landesgesellschaften und ein Fonds überwiesen die Gelder laut „TT“ an insgesamt elf Empfängerinnen. Neben den der ÖVP zuordenbaren Gruppen waren 0,2 Prozent der SPÖ zuzurechnen, hieß es.

Tiwag und Hypo sollen Leitlinien ergänzen

Die Prüfbehörde des Landes hielt indes fest, dass Inserate, Sponsoring und Spenden nicht im Widerspruch zu den jeweiligen Unternehmensvorgaben und -strategien durchgeführt worden seien. Außerdem seien den von den Landesgesellschaften angewiesenen Gesamtbeträgen eine „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr marktübliche Leistung der Empfängerinnen“ in Form von Inseraten und Sponsoring gegenübergestanden.

Zudem sollen die beiden Landesunternehmen Tiwag und Hypo Tirol Bank in dem Zeitraum insgesamt 20 verschiedene Personen unterstützt haben, deren Namen sich auf Wahlvorschlägen von sieben Parteien befanden. Der Landesrechnungshof empfahl letztlich, die Corporate-Governance-Leitlinien der Landesgesellschaften um Vorgaben zum grundsätzlichen Umgang bei Geldflüssen mit politischen Parteien oder ihnen nahestehenden Organisationen und Personen zu ergänzen.

Grüner Klubobmann: „Körberlgeld für Bauernbund“

Für Grünen-Klubobmann Gebi Mair war das Prüfergebnis ein „veritabler Skandal“, der die „Selbst-Bedienung des Tiroler Bauernbundes an öffentlichen Geldern“ aufzeige. „Wenn irgendjemand in diesem Land nicht davon überzeugt werden muss, bei Tiroler Bäuerinnen und Bauern zu kaufen, dann sind es wahrscheinlich die Abonnenten der Tiroler Bauernzeitung, das Mediums des Tiroler Bauernbundes“, spielte Mair auf die Zahlungen der Agrarmarketing an. Er verwies darauf, dass Parteien eine öffentliche Parteienfinanzierung erhalten würden und kritisierte, dass es in Österreich „häufig schulterzuckend abgetan“ werde, dass es „über diverse Quellen hier noch zusätzliche Finanzierungen für Parteien gibt.“ Mair forderte Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) auf, „endlich Schluss mit diesem Körberlgeld für den Tiroler Bauernbund“ zu machen.

NEOS verlangen volle Aufklärung

NEOS Tirol-Klubobmann Dominik Oberhofer zeigte sich am Mittwoch „schockiert, welche Dimensionen das tatsächlich angenommen hat und dass dieses Spiel auch Landesunternehmen mit dem Geld der Steuerzahler mitspielen“: "Dass der in den letzten Monaten aufgrund von ungerechtfertigten Preiserhöhungen massiv unter Druck geratene Landesenergieversorger TIWAG einer der größten Sponsoren der ÖVP Teilorganisationen ist, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten“, so Oberhofer. NEOS verlangte „volle Aufklärung und Transparenz, wer diese Zahlungen in Auftrag gegeben und abgesegnet hat“.

Liste Fritz: „Selbstbedienungsladen der ÖVP“

Der Klubobmann der Liste Fritz Markus Sint meinte, er sei von diesem „erschütterten Befund nicht überrascht“. Landesunternehmen würden von der ÖVP zum „Selbstbedienungsladen“, so Sint: „Das ist das System ÖVP, politisch schamlos und moralisch verkommen. Die ÖVP greift regelmäßig und seit Jahren, unverschämt und ungeniert in die Kassen der Landesunternehmen.“ Für die Liste Fritz, die gemeinsam mit der FPÖ diese Sonderprüfung beantragte, sei nun klar, warum die von der ÖVP dominierte Landesregierung die Antworten auf die Liste Fritz-Landtagsanfragen verweigert hat, meinte Klubobmann Markus Sint.

FPÖ: „Verbindungen zwischen Landhaus und ÖVP“

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger zeigte sich „erfreut“ über den Rechnungshofbericht. „Die aufgedeckten Geldflüsse des Landes zu ÖVP-Organisationen sind aber nur die Spitze der Verbindungen zwischen Landhaus und den ÖVP-Büros“, erklärte er in einer Aussendung. Abwerzger forderte eine Stellungnahme von Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteiobmann Anton Mattle und sah die Volkspartei „sich schamlos an Landesunternehmen bedienen.“ Zudem mahnte Tirols oberster Freiheitlicher eine Rückzahlung der Gelder ein: „Wenn die Verantwortlichen im Bauernbund Anstand hätten, würden sie die Gelder zurückzahlen.“

Stellungnahme des Tiroler ÖVP-Bauernbunds

Der Tiroler Bauernbund sah indes eine „Fehlinterpretation“ des LRH-Berichtes durch politische Mitbewerber und hielt fest, dass die BauernzeitungsGmbH zwei unterschiedliche Zeitungsprodukte herausgebe. Die „Tiroler Bauernzeitung“ gehe an alle in Tirol angesiedelten bäuerlichen Betriebe, die Konsumentenzeitung „Land zum Genießen“ werde an alle Tiroler Haushalte versandt.

Die Agrarmarketing inseriere ausschließlich in zweiterem Produkt: „Daher entbehrt es jeglicher Grundlage, wenn politische Mitbewerber meinen, die Bauern würden in der Bauernzeitung über den Wert ihrer eigenen Produkte informiert werden.“ Auch das Inserieren der Tiwag in der „Tiroler Bauernzeitung“ wurde verteidigt, nachdem die Landwirtschaft Partner „auf dem Weg zur Energiewende“ sei. „Wenn man also den heimischen Bauern etwas mitteilen möchte, muss man es über die Bauernzeitung machen“, hieß es. Zudem wurde betont, dass das Vorgehen sowohl gesetzlich als auch wirtschaftlich rechtmäßig und marktüblich sei. Dies stelle auch der Landesrechnungshof fest.