Tirolerinnen und TIroler: Menschen bzw. Fußgänger in der Innsbrucker Innenstadt
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Wissenschaft

Große Fortschritte bei Migräne-Therapie

Forschende der Medizinuniversität Innsbruck berichten über verbesserte Medikamente für Migräne-Patientinnen und -Patienten. Österreichweit leidet rund eine Million Menschen an dieser neurologischen Krankheit. Mittels moderner medizinischer Bildgebung könne man laut Experten voraussagen, wann eine Migräne-Attacke eintreten wird.

Fachleute unterscheiden zwischen 200 verschiedenen Arten von Kopfschmerz. Migräne ist dabei die zweithäufigste Form, die den Alltag stark einschränken kann. „Für viele Betroffene fühlt sich die Migräne wie halbseitige, stechend pochende Kopfschmerzen an“, sagte Gregor Brössner, Leiter der Ambulanz für Kopf- und Gesichtsschmerzen der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie. Begleitet werde der Schmerz meist von Übelkeit und wenn man sich bewegt, werde die Migräneattacke stärker, so der Experte.

„Gewitter im Kopf“ wird vererbt

Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Krankheiten weltweit. Oft wird sie als „Gewitter im Kopf“ beschrieben. „Über viele Jahrzehnte hat man den Irrglauben gehabt, dass Migräne – und ich sage es jetzt bewusst – nur hysterische Frauen betrifft. Das ist einerseits falsch und andererseits sexistisch. Man weiß heute durch viele Forschungsergebnisse, dass Migräne einen neurobiologischen Hintergrund hat. Sie ist nichts Eingebildetes, sondern eine Fehlfunktion im Gehirn löst Migräneattacken aus“, sagte Neurologe Gregor Brössner.

Im Durchschnitt leiden 13 Prozent der Bevölkerung an Migräne. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Laut Experte Gregor Brössner ist der Grund, warum manche Menschen zu Migräne neigen, genetisch bedingt. Andererseits gebe es gewisse Auslöser, die den Ausbruch dieser Krankheit begünstigen. „Bei Frauen spielt Zyklusabhängigkeit während der Regelblutung eine wichtige Rolle. Wir wissen auch, dass Alkohol ein ganz potenter Auslöser von Migräne ist, aber auch Schlafentzug und Stress.“

Spritzentherapie gegen Migräne

Bei der Behandlung von Migräne seien Schmerzmedikamente ebenso wichtig, wie das Vermeiden der Auslöser sagte Gregor Brössner. „Regelmäßiger Ausdauersport und ein gleichbleibender Biorhythmus – also immer zur gleichen Zeit Schlafen gehen und Stress vermeiden – können vorbeugend wirken“. Dann sei es wichtig, die individuell passenden Schmerzmittel bei Migräneattacken zu finden.

Laut dem Experten gebe es eine Reihe an neuen Wirkstoffen, die bei Migräneattacken wirken. Darüber hinaus würden aber auch laufend Medikamente entwickelt, die vorbeugend wirken. „Neu ist die sogenannte Migränespritze. Das sind monoklonale Antikörper, die sich der Patient einmal im Monat selbst unter die Haut injiziert und die, wie ganz neue Studiendaten zeigen, die Häufigkeit der Migräneattacken um mindestens 60 Prozent reduzieren können.“

Migräneattacken sichtbar machen

Große Fortschritte gebe es auch bei der Erforschung des Entstehungsmechanismus der neurologischen Krankheit, berichtete der Leiter der Kopfschmerzambulanz. „Es gibt einige bildgebende Untersuchungen, auch hier an der Universitätsklinik in Innsbruck, mit denen wir die Migräne im Gehirn sichtbar machen können. Wir können sogar voraussagen bei einem Patienten, der im MRT liegt, wann die nächste Migräneattacke wieder auftreten wird“.

Zu dieser Methode erklärte Gregor Brössner, dass die Forschenden dazu die Aktivität im Trigeminuskern im Hirnstamm messen würden. Je nachdem wie stark diese Aktivität sei, könne man mit statistischen Modellen vorhersagen, ob die nächste Migräneattacken in zwei, drei, vier oder fünf Tagen beginnen werde. Der Experte betonte, dass diese Forschungsergebnisse mit der klinischen Praxis noch nichts zu tun hätten und vielleicht irgendwann in der Zukunft Anwendung finden werden.

20. Tiroler Gesundheitsgespräche – „Schmerz lass nach“

Informationen zum Thema Migräne sowie anderen Schmerzen gibt es bei den 20. Tiroler Gesundheitsgesprächen am Mittwoch, dem 3. April 2024, im Studio 3 des ORF Landesstudios am Rennweg in Innsbruck. Beginn ist um 19.00 Uhr, der Eintritt ist frei.