Rene Benko
APA/dpa/Marcel Kusch
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Wirtschaft

Milliardenloch bei Benko-Familienstiftung

Die Familie Benko Privatstiftung mit Sitz in Innsbruck ist zahlungsunfähig. Am Donnerstag wurde das Insolvenzverfahren über die Stiftung rund um den Gründer der Immobiliengruppe Signa, Rene Benko, eröffnet. Sie soll mit mehr als einer Milliarde Euro überschuldet sein.

Gemeinsam mit dem zu bestellenden Insolvenzverwalter sei es das Ziel der Stiftungsvorstände, die weiteren Maßnahmen bzw. erforderlichen Schritte umzusetzen, hieß es in der Aussendung der Privatstiftung. Zum Stiftungsvermögen der Privatstiftung gehören den Angaben zufolge im Wesentlichen diverse Beteiligungen, etwa an der insolventen Signa Holding GmbH. Wobei diese Beteiligung bei den angegeben Aktiva mit Null bewertet wurde.

Die Stiftung mit Sitz in Innsbruck wurde laut Kreditschutzverband Creditreform im Jahr 2001 errichtet. Ursprünglich firmierte sie unter den Namen „René Benko Privatstiftung“, später wurde sie "Familie Benko Privatstiftung umbenannt. Sie dient laut Stiftungszweck der Förderung der begünstigten Personen. Um wen es sich dabei handelt, sei aus dem Firmenbuch nicht ersichtlich. Nach Eigenangaben der Stiftung sind von der Insolvenz keine Beschäftigten, aber 25 Gläubiger betroffen.

Aus dem Eröffnungsantrag für die Insolvenz ergeben sich Aktiva in der Höhe von 21,54 Mio. Euro, wobei laut Alpenländischem Kreditorenverband (AKV) sich erst herausstellen muss, wie werthaltig sie wirklich seien. Als Passiva stehen demnach Gläubigerforderungen in Höhe 854,19 Mio. Euro im Raum plus zusätzlich nachrangige und Intercompany-Forderungen in Höhe von 284,63 Mio. – in Summe also knapp 1,14 Mrd. Euro. Bei den angeführten Verbindlichkeiten ist allerdings noch nicht berücksichtigt, dass die Privatstiftung Mitbeklagte in zwei Schiedsverfahren ist, bei dem es laut Insolvenzeröffnungsantrag um einen Streitwert von rund einer Milliarde Euro geht.

Gläubiger erhoffen sich mehr Informationen

Durch die nunmehrige Insolvenzeröffnung über die Familie Benko Privatstiftung erwarten sich die Gläubiger Aufklärung über die Finanzverflechtungen. Rene Benko selbst ist als Einzelunternehmer in einem Konkursverfahren. Dem Insolvenzverwalter in diesem Konkursverfahren, dem Rechtsanwalt Andreas Grabenweger, und damit den betroffenen Gläubigern sei ein Einblick in die Vermögenssituation der Familie Benko Privatstiftung bisher verwehrt geblieben. „Durch die nunmehrige Insolvenzeröffnung über die Familie Benko Privatstiftung erwarten sich die Gläubiger, dass zusätzliche Informationen generiert werden können“, so Klaus Schaller vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV).

Vorerst herrsche nach wie vor hohe Intransparenz, was das zerbröckelnde Immobilienimperium rund um Rene Benko betrifft. „Es gibt mehrere Stiftungen, im Inland und im Ausland“, sagte Schaller. „Jetzt kann man zumindest mal in die Familien-Privatstiftung reinschauen.“ Er gehe davon aus, dass es aus der Beteiligung an der Signa-Holding dieser Zuwendungen an die Familien-Privatstiftung gegeben habe, die zuletzt aber versiegt seien. „Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten dürften auch daraus folgen, dass aus der Beteiligung seit Insolvenzeröffnung keine Zuflüsse mehr erfolgen, dass aus der Signa keine Geldflüsse mehr kommen“, so der Leiter der Innsbrucker KSV-Niederlassung. Im Zuge der Insolvenzverfahren sollte es jetzt möglich sein, Vorgänge der Vergangenheit nachvollziehbar darzustellen und auf ihre rechtlichen Konsequenzen hin zu überprüfen.

Zum Insolvenzverwalter bei der Stiftung bestellte das Landesgericht Innsbruck den Rechtsanwalt Herbert Matzunski. Er gilt als erfahrener Insolvenzverwalter, welcher in der Vergangenheit bereits mehrere Großverfahren – etwa das Konkursverfahren des FC Tirol – am Landesgericht Innsbruck abwickelte. Darauf machte der KSV in einer Aussendung aufmerksam.

Neue Details über mögliche Geldverschiebungen

Laut einer gemeinsamen Recherche von „News“ und „Kronen Zeitung“ soll Benko im vergangenen Sommer innerhalb des Signa-Konglomerats Millionengelder verschoben und als frisches Kapital der Holding ausgewiesen haben, um die Eigentümer zu einer damals dringend benötigten Kapitalspritze zu bewegen.

Demnach ging es um Ereignisse vor einer 350 Mio. Euro schweren Kapitalerhöhung, die die Signa damals brauchte. Wie die Zeitungen schreiben, soll Benko einen Teil davon – 35 Mio. Euro – aus einer der vielen Signa-Töchter abgezogen und über mehrere Stationen der Holding zugeführt haben. Der Grund, so die Interpretation der beiden Medien: Benko wollte nach außen hin mit gutem Beispiel vorangehen und unter Anteilseignern Vertrauen in die damals schon strauchelnde Gesellschaft herstellen.

Anwalt: „Niemand ist in irre geführt worden“

„Der Sachverhalt ist einseitig, verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen, zusammengetragen“, reagierte Benko-Anwalt Norbert Wess auf die Berichte. Zum damaligen Zeitpunkt habe sich die gesamte Unternehmensgruppe in einer durchaus komplexen und umfassenden Restrukturierungsphase befunden, die mit zahlreichen Gesprächen und Verhandlungen mit bestehenden Gesellschaftern und potenziell zukünftigen Investoren verbunden gewesen sei, so Wess.

In die Irre sei dabei niemand geführt worden: „Eine Täuschung im Zusammenhang mit der Restrukturierung im Sommer 2023 – gegenüber wem auch immer – wird jedenfalls deutlich und entschieden zurückgewiesen. Aufgrund der Komplexität der einzelnen Sachverhalte wird aber auch weiterhin keine Erörterung von diesen über die Medien erfolgen.“

Vorwürfe gegen Benko aus Deutschland

Vorwürfe gegen Benko waren am Wochenende auch von Karl Gernandt, Vermögensverwalter des Hamburger Logistikmilliardärs Klaus-Michael Kühne, erhoben worden. Er sah laut einem Bericht von „Der Spiegel“ Geldgeber der Signa-Gruppe von Benko „hinters Licht geführt“. Benko habe dafür sein Firmenkonstrukt mit mehr als 1.000 Firmen genutzt und unter anderem „in all den Luxemburger Zwischenholdings“ Schulden versteckt. Er habe letztlich betrügerisch gehandelt. Wess wies dies gegenüber der APA zurück.