Finanzamt Innsbruck
ORF
ORF
Wirtschaft

Finanzamt Innsbruck im Visier

Hat es in Tirol für René Benko steuerliche Extrawünsche gegeben? Das war Thema im ersten COFAG-Untersuchungsausschuss. Nun kommt es zur Fortsetzung. Zur Ausschusssitzung am 3. April wird ein hochrangiger Beamter des Finanzamtes Innsbrucks geladen.

Der COFAG-Untersuchungsausschuss soll beleuchten, ob es eine Zwei-Klassen-Verwaltung gegeben hat, in der Milliardäre durch ÖVP-Regierungsmitglieder bevorzugt worden seien. Es steht der Vorwurf der „Steueroase Tirol“ für SIGNA-Gründer René Benko im Raum. Die Sitzung ist am 3. April 2024. Geladen sind auch Tiroler Finanzbeamte. Darunter der Prüfer von Benkos Villa, des ehemaligen Schlosshotels in Igls.

„Wohlfühlprogramm für Benko“

Befragt wird einer der höchsten Beamten des Finanzamtes Innsbruck. NEOS Abgeordneter Yannick Shetty will wissen, wie es 2018 zur plötzlichen Firmensitzverlegung der SIGNA von Wien nach Innsbruck gekommen ist. Das sei während einer Steuerprüfung erfolgt und von höchster Stelle eingefädelt, wie die Grüne Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli sagte. Sie ortete ein „Wohlfühlprogramm für Benko“ durch das damals Türkis geführte Finanzministerium.

In Tirol wurde bekanntlich in einem speziellen Fall eine viel niedrigere Steuerbemessungsgrundlage akzeptiert, so Yannick Shetty: „Also etwas, was Ihnen, mir und jedem normalen Steuerpflichtigen nicht möglich ist, dass ich zur Finanzverwaltung gehe und sage, jetzt verhandeln wir mal unsere Steuerbemessungsgrundlage. Da würde kein normaler Mensch auf die Idee kommen und dieser Verdacht steht im Raum, dass das bei Rene Benko passiert ist, dass man ihm da in einem überbordenden Ausmaß entgegengekommen ist.“ Benko soll sich jedenfalls dadurch Millionen an Körperschaftssteuer erspart haben.

Fragen zum Privatjet Benkos

Ebenso gebe es Fragen zu Benkos Privatjet, eine „Bombardier Global Express“. Der Jet wurde verliehen und war Teil der Einkunftsquelle Benkos. Der Flugbetrieb schrieb allerdings Millionenverluste. Benko soll die Verluste mit seinen Einkünften ausgeglichen haben und ersparte sich offenbar neun Millionen Euro an Abgaben. Für den Flieger war bis 2017 das Finanzamt Kufstein-Schwaz zuständig.

Das Finanzamt für Großbetriebe in Wien hingegen geht jetzt beim Jet von „Liebhaberei“ aus. Das seien Tätigkeiten, die Verluste schreiben und die nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden dürfen.

Schon früher steuerliche Vorteile?

Wie aber auch ein Fall aus der Vergangenheit im Zuge des damaligen Finanzamtsskandals zeigte, fühlte sich Benko steuerlich immer schon in Tirol sehr wohl. Die Unterlagen liegen dem ORF und der Tiroler Tageszeitung vor. Vor über 20 Jahren hießen Benkos Firmen noch Immofina Holding GmbH und Medicalpark Liegenschaftsbetriebs GmbH. Bei beiden vermutete der damalige Finanz-Prüfer hohe verdeckte Gewinnausschüttungen. Er regte eine Sonderprüfung an und hielt das in einem Aktenvermerk fest.

Benko soll sich laut Akten als Alleingesellschafter unter anderem ein Darlehen über zwei Millionen damaligen Schillingen für private Aufwendungen genehmigt haben. Einen Darlehensvertrag blieb er schuldig. Benko bestritt dies und sah diesen Vorgang als korrekt an. Der Beamte wurde übrigens schnell vom Fall abgezogen, die Causa von der Leitung für beendet erklärt. Sonderprüfung gab es keine. Der Fall ist auch bereits verjährt. Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

„System Innsbruck?“

Zurück zur Gegenwart: Grüne und NEOS im U-Ausschuss vermuten jedenfalls, dass Benko in Innsbruck steuerlich besonders wohlwollend behandelt wurde. Aber nicht nur Benko. Mandatar Yannick Shetty geht mittlerweile von einem „System Innsbruck“ aus. Es gebe viele Meldungen und Indizien dazu.

Shetty sagte: „Das heißt, dass vorher schon ganz andere Akteure, die teilweise ja auch nicht so prominent sind wie Rene Benko auch profitiert haben von diesem System, das mehr oder weniger besagt, dass man sich mit dem Finanzamt in Innsbruck etwas aushandeln kann. Dass man sich Rabatte aushandeln kann und dass man sich dort, wenn man die richtigen Steuerberater kennt, Dinge richten kann, die für den normalen Bürger oder die Bürgerin eben nicht gelten.“ Und Shetty weiter: „Wir sehen, dass bei den Fällen, die uns jetzt vorliegen, immer die gleichen drei Steuerberatungs-Kanzleien, jene Klienten, jene Mandanten vertreten haben, die am Ende des Tages dann mutmaßlich Steuerrabatte bekommen haben.“

Auch dazu soll der hochrangige Beamte am 3. April befragt werden.

Finanzministerium gibt keine Stellungnahme

Vom Finanzministerium hieß es zu allen Vorwürfen: „Wir ersuchen um Ihr Verständnis, dass wir aufgrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht gemäß §48a BAO keine Auskunft zu einzelnen Abgabenpflichtigen bzw. konkreten Verfahren erteilen dürfen.“
NEOS hat deshalb eine Parlamentarische Anfrage an den Finanzminister gerichtet. Darin will er wissen: „Wie verhält sich denn statistisch die Sitzverlegung und damit auch die Zuständigkeitsverlegung des Finanzamtes von Wien nach Innsbruck im Vergleich zu anderen Finanzämtern? Da werden wir sehen, ob sich dieser Verdacht bestätigt.“

Übrigens: Erst vor kurzem erging der Bescheid zu Benkos Privatjet mit dem Fazit, dass der Flieger doch als Liebhaberei eingestuft werde, so Shetty. Somit wird eine Steuer-Nachzahlung von vier Millionen Euro fällig.