E-Zigarette Wasserdampf Rauchen
APA/HERBERT NEUBAUER
APA/HERBERT NEUBAUER
Gesundheit

Auch E-Zigaretten verändern Zellen negativ

Eine Studie von Innsbrucker Forschenden liefert Hinweise, dass E-Zigaretten möglicherweise schädlicher sind als ihr Ruf. Die Forschenden konnten zeigen, dass E-Zigaretten ähnliche mit Krebs in Verbindung gebrachte Veränderungen in den Zellen verursachen wie echte Zigaretten.

In Zusammenarbeit mit einem internationalen Team haben Chiara Herzog und Martin Widschwendter, beide vom Forschungsinstitut EUTOPS (European Translational Oncology Prevention and Screening Institute) der Universität Innsbruck, die molekularen Auswirkungen von Tabak und E-Zigaretten auf das Epigenom, das Zellprogramm verschiedener Zellen, analysiert. Dabei können durch Umweltfaktoren ausgelöste chemische Markierungen und Modifikationen an der DNA beeinflussen, wie Gene ausgelesen werden – mit Auswirkungen auf die Zellentwicklung bis hin zur Entstehung von Krebs.

Lebensstil beeinflusst das Epigenom

Das Epigenom, vorstellbar als „eine Schicht aus Informationen“, die die DNA überlagert, könne sich im Laufe des Lebens durch eine Vielzahl genetischer und nicht genetischer Faktoren, z. B. Alterung und Lebensweise, verändern, hieß es in einer Aussendung. So kann sich etwa das Rauchen bzw. der Tabakkonsum auf die DNA-Methylierung – als zentraler Anzeiger für epigenetische Veränderungen – auswirken.

DNA-Strang
EUTOPS Institut
Eine häufig untersuchte Art von epigenetischen Veränderungen ist die DNA-Methylierung. Dabei wird die Erbsubstanz durch die enzymatische Übertragung von Methylgruppen auf ausgewählte DNA-Basen modifiziert.

Das Team um Herzog und Widschwendter suchte in mehr als 5.300 Proben von rund 4.000 Personen – u. a. in Blutproben, Mundabstrichen sowie Proben aus dem Gebärmutterhalsbereich von Frauen – nach Hinweisen, wie sich das Rauchen von Zigaretten und E-Zigaretten, bei denen der Tabak nicht verbrennt, sondern verdampft, auf verschiedene Zellen auswirkte. Nämlich auf Zellen, die dem Tabak direkt ausgesetzt sind (z. B. aus der Mundhöhle) und auf Zellen, die dem Tabak indirekt ausgesetzt sind (z. B. Gebärmutterhalszellen oder Zellen im Blut).

Zellveränderungen auch bei Snus

„Im Rauch enthalten sind eine Vielzahl von Toxinen. Allerdings sagt uns die Liste der Inhaltsstoffe alleine nicht, welche biologischen Effekte diese Toxine auf verschiedene Zellen haben“, erläuterte Widschwendter gegenüber der APA: „Die Messung des biologischen Effektes ist uns über das Epigenom gelungen. Unsere Auswertung deutet darauf hin, dass Rauchen das Zellprogramm in verschiedenen Zellen verändert – allerdings beobachten wir ähnliche Veränderungen auch durch den Konsum von E-Zigaretten oder rauchfreiem oralem Tabak wie Snus“, erklärte Erstautorin Herzog.

Veränderungen bilden sich nicht schnell zurück

Außerdem blieben die epigenetischen Veränderungen „in vielen Zellen jahrelang stabil“. Aus ihnen konnten die Forschenden damit die „Rauchgeschichte“ der Personen ableiten: Bei Proben der Mundschleimhaut gelang es, mit einer Genauigkeit von über 90 Prozent abzulesen, ob eine Person raucht, früher geraucht hat oder eben niemals geraucht hat.

Snus Nikotinbeutel
ORF
Auch Snus bewirkt Veränderungen in den Zellen

Anhand der Epithelzellen im Mund konnte auch ähnlich genau festgestellt werden, ob eine Person E-Zigaretten oder Oraltabak konsumiert. Tabakprodukte verursachen in dieser Art von Zellen, die Ursprungszellen für Krebs in der Lunge oder anderen Organen ähnlich sind, ein „prokarzinogenes Epigenom“ – sie weisen also ähnliche Veränderungen auf wie Krebszellen, hieß es. Und dieses Phänomen trat auch bei den Epithelzellen im Mund jener auf, die E-Zigarette oder Oraltabak konsumierten. „Selbst wenn Konsumenten und Konsumentinnen von E-Zigaretten vorher kaum Zigaretten geraucht haben, beobachten wir in ihnen sehr ähnliche Veränderungen“, sagte Widschwendter, der Leiter von EUTOPS.

Mahnung zur Vorsicht

Mit der Studie, die laut den Forschenden erstmals die epigenetischen Auswirkungen des Rauchens und des Konsums von E-Zigaretten auf verschiedene Körperzellen untersucht habe, ergeben sich „genügend Hinweise, dass man zumindest zur Vorsicht mahnen muss, wenn man E-Zigaretten konsumiert bzw. diese zur Rauchentwöhnung nutzt“, so Widschwendter: „Zumindest auf epigenetischer Ebene lösen E-Zigaretten in Zellen der Mundschleimhaut ähnliche Veränderungen wie normale Zigaretten aus, und diese Veränderungen sind ähnlich wie jene, die wir in verschiedenen Organen während der Krebsentwicklung beobachten.“

Weitere Studien notwendig

Um es genau zu wissen, seien allerdings Langzeitstudien notwendig: „Es braucht mehrere Jahrzehnte, bis ein tabakassoziiertes Karzinom entsteht. E-Zigaretten sind erst seit ihrer Zulassung in den USA im Jahr 2007 mit einer gewissen Breite in Anwendung. Bis wir also ein vergleichbares onkologisches Krankheitsbild wie beim Rauchen von Zigaretten beobachten könnten, vergehen 20 bis 30 Jahre“, meinte der Arzt und Forscher.