Flatternde EU-Fahnen
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Politik

EU-Wahl: Wenige Kandidaten aus Tirol

Für die Wahl zum Europäischen Parlament im Juni sind die Spitzenkandidaten und die Spitzenkandidatin der Parlamentsparteien und die Plätze dahinter bereits fixiert. Auf den vorderen Listenplätzen finden sich allerdings wenig Tirolerinnen oder Tiroler.

Die Parteien haben ihre Listen für die EU-Wahl bereits vorgestellt. Mit Reinhold Lopatka (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ) und Harald Vilismky (FPÖ) sind lang gediente Politiker als Spitzenkandidaten ihrer Parteien vorgesehen. Die Grünen führt die Klimaaktivistin Lena Schilling an, Neos der frühere Journalist Helmut Brandstätter.

EU-Wahl:
Die Wahl zum Europäischen Parlament findet in den 27 Mitgliedsländern zwischen 6. und 9. Juni 2024 statt. In Österreich wird am 9. Juni gewählt. Nach der Wahl wird es 720 EU-Abgeordnete geben, 20 aus Österreich.

Wenig Tirolerinnen, Tiroler an wählbarer Stelle

Aus Tiroler Sicht hat die jetzige Landtagsvizepräsidentin Sophia Kircher (ÖVP), die auf dem vierten Platz ihrer Partei ist, eine gute Chance gleich auf Anhieb ins EU-Parlament zu kommen, ebenso Gerald Hauser (FPÖ), der frühere Tiroler FPÖ-Obmann und jetzige der Nationalratsabgeordnete ist auf dem fünften Platz seiner Partei. Für die SPÖ kandidiert Eva Steibl-Ebenbauer auf dem achten Listenplatz. Sie ist die Büroleiterin der jetzigen SPÖ-EU-Abgeordneten Theresa Bielowski, die aus gesundheitliche Gründen nicht mehr antritt. Der Einzug der Tiroler SPÖ-Abgeordneten in EU-Parlamente dürfte schwer werden, sie könnte aber – wie zuletzt – zum Zug kommen, wenn andere aus dem EU-Parlament ausscheiden. Wenige Chancen haben Shari Kuen (Neos) mit Listenplatz sieben, ebenso Viktoria Gruber (Grüne) mit Platz 13.

EU-Parlament
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Das EU-Parlament trifft in vielen Bereichen wichtige Entscheidungen, die dann in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.

Regionen werden wenig berücksichtigt

Dass viele Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Großraum Wien kommen, findet der Politikwissenschafter und EU-Experte von der Universität Innsbruck, Andreas Maurer, „nicht toll“, wie er sagt. Wenn man lautstark Interessen aus einer bestimmten Region – wie beim Transit -vertreten will, dann sei es sinnvoll auch Personen aus der Region zu haben. „Es ist nicht hilfreich, wenn die Parteien darauf nicht schauen“, so der Professor für Politikwissenschaft. Man habe den Eindruck, dass die meisten Parteien ihre Parteisoldaten unterbringen wollten.

Andreas Maurer
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Politikwissenschafter Andreas Maurer, Uni Innsbruck

EU-Parlament trifft viele Entscheidungen

Der Bedeutung der EU-Wahl seien sich viele Menschen nicht bewusst. Das gelte für alle EU-Länder, so Maurer. „Den Menschen ist nicht ganz klar, dass wesentliche Entscheidungen im Warenverkehr oder dem Binnenmarkt nicht mehr in Innsbruck oder Wien entschieden werden, sondern in Brüssel.“ Der frühere Kommissionpräsident Jaques Delors hat angenommen, dass ganze 80 Prozent der Entscheidungen in Brüssel getroffen würden. „In der Landwirtschaft, beim Klima, Fischerei oder Umweltschutz sind es fast 100 Prozent der Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden. Da entscheidet der Staat überhaupt nichts mehr. Der Staat setzt da im Prinzip nur Entscheidungen um, die der Staat mit anderen Staaten und dem Europäischen Parlament in Brüssel und Straßburg getroffen hat“, führt Maurer aus.

Auch kleines Land kann viel beeinflussen

Dass Österreich und seine Abgeordneten wegen der Größe des Landes wenig Einfluss im EU-Parlament hätten, findet der Politikwissenschafter nicht. Der Einfluss hänge von anderen Faktoren ab. „Was die Österreicher in den Fraktionen erreichen, hängt nicht von der Größe des Staates ab, sondern vom Engagement, politischem Drive, Kenntnissen in der Ausschussarbeit und ihrem Auftreten“, führt der Experte für Europäische Integration aus. Als Beispiel nennt er den scheidenden Vizepräsidenten des EU-Parlaments, Othmar Karas. Aus einem kleinen Land kommend sei er eines der Schwergewichte im EU-Parlament.