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Chronik

Benko: Finanzamt Innsbruck im Fokus

Kritiker bezeichnen Tirol als „Steuer-Oase“, in der es sich Immobilienunternehmer René Benko „gemütlich machen konnte“. Beim COFAG-Untersuchungsausschuss war Benkos Firmensitzverlegung nach Tirol Thema und das Finanzamt Innsbruck rückte dabei in einen unerfreulichen Fokus.

Der Vorwurf lautete, das Finanzamt habe im Sinne Benkos entschieden. Der U-Ausschuss habe diese Vermutung erhärtet, sagen Grüne und NEOS. Der Tiroler NEOS-Nationalratsabgeordnete Yannick Shetty behauptet, was sich beim Finanzamt Innsbruck abgespielt habe, lasse wohlwollende Finanzprüfung gegenüber René Benko vermuten.

Politiker zitiert Wiener Finanz-Chef

Der Chef des Wiener Finanzamts beispielsweise habe gesagt, dass er so wie dann in Innsbruck bei Benko die Steuer bemessen wurde, den Fall nicht entschieden hätte, sagt Shetty. Das habe er das erste Mal in seiner 30-jährigen Karriere in einem elektronischen Aktenvermerk ausführlich festgehalten, also gesagt. „So wie das dann entschieden wurde, kann er das nicht entscheiden“, zitiert Shetty den Finanzamtschef.

Übersiedelung 2018 währende einer Steuerprüfung

Das ist eine Aussage aus dem COFAG-Untersuchungsausschuss, der letzten Mittwoch erstmals tagte. Dabei wurde Benkos Steuerersparnis durch die Firmensitzverlegung thematisiert. Die SIGNA Holding GmbH übersiedelte 2018 während einer seit Jahren laufenden Steuerprüfung über Nacht quasi mit Sack und Pack von Wien nach Innsbruck.

Übersiedelung wurde „eingefädelt“

Das sei von höchster Stelle eingefädelt worden, sagt Nationalrätin Nina Tomaselli (Grüne). „In Innsbruck hat man offenbar Menschen gefunden, die dieses Verfahren gerne übernommen haben, weil ansonsten kann ich mir nicht erklären, wieso am 2. September der Sektionschef aus Wien anruft. Am 10. September wechselt nach Jahren plötzlich das Steuerverfahren nach Innsbruck und in neun Tagen kommt es dann zu dem Ergebnis, dass sich Benko von Anfang an gewünscht hat“, so Tomaselli.

Die Begründung lautete damals, dass sich in Innsbruck der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung des international tägigen Milliarden-Konzerns befinde. Anfangs zeigte sich sogar das Finanzamt Innsbruck skeptisch. Die Verlegung wurde dann aber doch akzeptiert.

Finanzbeamter: Keine andere Wahl gehabt

Man habe keine Wahl gehabt, sagt ein Beamter im Innsbrucker Finanzamt, der aber anonym bleiben will. Die geltende Bundesabgabenordnung habe es zugelassen. Es gelte der kaufmännische Sitz und nicht der technische. Man habe Benko nehmen müssen, ob man wollte oder nicht.

Das Verfahren wurde innerhalb von neun Tagen erledigt. Weil auch Verjährung drohte, so die Argumentation der Finanzbehörden. Das Verfahren lief jedenfalls im Sinne Benkos. Es wurde in einem konkreten Immobilen-Fall eine viel niedrige Steuerbemessungsgrundlage akzeptiert. Diese sei bereits vor der Übersiedelung in Wien festgesetzt worden, entgegnet der anonyme Innsbrucker Beamte.

WKStA ermittelt derzeit nicht

Benko ersparte sich dadurch rund 3,5 Millionen Euro an Körperschaftssteuer. Aus Sicht der NEOS sollte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft klären, ob wohlwollend geprüft wurde. Dort heißt es, derzeit werde nicht ermittelt. Außerdem gilt die Unschuldsvermutung.

Auf Nachfrage des ORF beim Finanzministerium lässt man schriftlich ausrichten:
Zu konkreten Steuerpflichtigen bzw. einzelnen Fällen dürfen wir aufgrund der strengen abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Auskünfte erteilen. (…) Unabhängig von dem angesprochenen Fall dürfen wir Ihnen folgende, generelle Informationen übermitteln: Grundsätzlich ist eine Verlegung eines Firmensitzes nichts Verwerfliches, sondern etwas völlig Alltägliches. (…)

Viele Verfahren von Wien nach Innsbruck abgewandert

Innsbruck scheint ein gutes Pflaster zu sein: Denn schon im Dezember 2017 gab es einen Exodus und es wanderten noch vor der offiziellen Umsiedlung der SIGNA-Holding 25 Finanzverfahren von Wien nach Innsbruck. Mittlerweile sind es 36. Übrigens sind von der SIGNA alles in allem 1.300 Steuernummern betroffen.