Sie versuchen, eines der größten Rätsel der Physik zu lösen: eine Theorie zu finden, die die Quantenphysik mit der allgemeinen Relativitätstheorie – also die beiden großen physikalischen Theorien des 20. Jahrhunderts – vereint. Albert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie beschreibt den Aufbau des Universums im Großen, vom Sonnensystem über Galaxien bis zu den Anfängen unseres Universums. Ihre Anwendung auf mikroskopische Bereiche ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht.
Vom Urknall und Schwarzen Löchern
Es sind noch viele Fragen offen, bezüglich dessen, was vor dem Urknall passierte beispielsweise: „Wenn wir in die Zeit zurückblicken, wissen wir sehr genau, was mit unserem Universum passiert ist und wie es mit der Zeit gewachsen ist. Wir verstehen aber noch nicht gut, was ganz am Anfang passiert ist, als das Universum geboren wurde“, erklärt Hanno Sahlmann, Professor für theoretische Physik an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitorganisator der Tagung. „Wir wissen aber, dass es nicht ausreicht, nur die normalen Gesetze der Schwerkraft zu verwenden, wir müssen auch die Quantentheorie verwenden.“
Bei einer ähnlichen Frage, mit der sich die Wissenschafterinnen und Wissenschafter beschäftigen, geht es darum, was im Inneren von Schwarzen Löchern vor sich geht. „Einsteins Theorie der Schwerkraft sagt voraus, dass da die Schwerkraft so stark wird, dass Raum und Zeit zerreißen, dass es ein Ende ist von Raum und Zeit. Wir haben aber starke Hinweise, dass das nicht das volle Bild sein kann. Wenn man die Quantentheorie dazu nimmt, wird dieses Zerreißen vielleicht geheilt“, so Sahlmann.
„Es geht bei dieser Konferenz darum, über die bisherige Physik hinauszugehen, neue Beobachtungsmöglichkeiten zu finden. Unsere Kollegen im Labor oder in Teleskopen sollen dann die Theorien, die wir versuchen zu entwickeln, beobachten, messen oder testen können“, erklärt der Innsbrucker Wolfgang Wieland, der an der Universität Erlangen-Nürnberg tätig ist, das Zusammenspiel zwischen theoretischer und experimenteller Physik.
Gedankenaustausch in über Tausend Metern Höhe
Einmal im Jahr treffen in Tux (Bezirk Schwaz) die klügsten Köpfe der Welt aufeinander, um Ideen, Zugänge und Forschungsergebnisse auszutauschen. Heuer waren es rund 50 Physikerinnen und Physiker aus knapp 15 Ländern. Die Nachmittage verbringen sie im Seminarraum bei Workshops und Vorträgen. Die Vormittage nutzen sie zum Skifahren, Wandern oder für den Gedankenaustausch.
„Es herrscht irgendwie eine sehr produktive und inspirierende Atmosphäre, wenn man auf den Berg geht, es still ist und man wunderschöne Landschaften sieht. Es ist eine gute Zeit, um über verschiedene Probleme nachzudenken“, so Kasia Rejzner, Professorin für mathematische Physik an der Universität York (Großbritannien).
Physikerinnen und Physiker tauschen auch während des Skifahrens wissenschaftliche Theorien aus. „Die besten Diskussionen haben wir eigentlich in der Freizeit. Wir tauschen zwischen einer Ski-Abfahrt und der anderen Ideen aus. Auf diese Weise verstehen wir besser, was wir gegenseitig machen und bekommen oft neue Ideen für unsere eigene Arbeit“, schildert Francesca Vidotto von der Western University (Kanada).
Wissenschaftliche Probleme bereiten Kopfzerbrechen
Es gebe bei dieser Konferenz keine Hierarchien, ergänzt Mitorganisator Jerzy Lewandowski von der Universität Warschau (Polen): „Es ist hier egal, ob man Professor oder Doktorand ist. Wenn ein Doktorand weiß, dass er recht hat, zögert er nicht, es dem Professor mitzuteilen und seinen Standpunkt durchzusetzen.“ In der Tiroler Bergkulisse entstanden schon viele neue Freundschaften und Kooperationen, die dann auch zu weiteren Forschungsprojekten führten, über die eigenen Ländergrenzen hinweg.
„Ich war bereits mehrmals in Tux und sicherlich wurden einige meiner – auch neuesten – Arbeiten und Werke von dem was ich hier gehört habe beeinflusst“, meint der renommierte italienische Physiker Carlo Rovelli, der schon zahlreiche Bücher geschrieben hat. Oft realisiere man aber erst viel später, welche Relevanz die Gedanken hatten, die einem schon Jahre zuvor beim Austausch mit Kolleginnen und Kollegen durch den Kopf gegangen sind.
„Je mehr man weiß, desto neugieriger wird man“
Die Themen, die bei der Tagung besprochen werden, sind für die meisten wahrscheinlich unbegreiflich. Selbst Wissenschafter, die ganz tief in der Materie sind, bereiten die Probleme Kopfzerbrechen: „Je mehr man weiß, je mehr man lernt, desto mehr kommt man drauf, wieviel man eigentlich gar nicht weiß und desto neugieriger wird man, neue Sachen zu lernen. Bei jedem einzelnen Vortrag, den ich mir anhöre, lerne ich etwas dazu“, meint der renommierte italienische Physiker Carlo Rovelli, der schon zahlreiche Bücher geschrieben hat.